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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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zur anderen. Um ein Haar hätte ich aufgeschluchzt.
Sackgasse. Bis Joaquín an mir vorbeigriff und die flache Hand gegen einen Stein legte, dagegendrückte. Ein Klacken, das Gitter bewegte sich, rutschte zur Seite, gerade weit genug, dass ich mich daran vorbeischieben konnte. Joaquín folgte mir. Beton löste Steinmauern ab. Ich zögerte. Wieder wies Joaquín nach rechts, weiter abwärts. Das Wasser strudelte schneller um meine Beine. Etwas huschte am Rand des Lichtscheins davon. Mit einem Schrei wich ich zurück. Um ein Haar wäre ich gegen Joaquín gestoßen. Eine Ratte.
    »Wo … sind wir hier?« Ich ahnte die Antwort.
    »In der Kanalisation von L.A.« Er hob den Kopf, lauschte hinter uns, fluchte, bleckte die Fänge. »Sie kommen. Weiter! Schnell!« Ohne sich um mein erschrockenes Keuchen zu kümmern, packte er meine Hand, zog mich vorwärts. Atemlos stolperte ich halb neben, halb hinter ihm her. Bis das Wasser sich um meine Beine zusammenzuziehen schien, sich um meine Knöchel legte, Schwärze über die Dunkelheit der Wände kroch. Und Joaquín mich losließ, zischend herumfuhr und die Hand mit gespreizten Fingern auf die Wasseroberfläche schlug. Das Wasser schrie. Oder das, was darin war. Ohne Vorwarnung leckten Flammen über die Wände der Röhre, griffen nach uns. Joaquín riss mit einer abrupten Bewegung die Hände auseinander und grelles Weiß legte sich über die Flammen, drängte sie zurück. Das Wasser zog sich zurück. Ich keuchte. Das Licht flackerte.
    Joaquín drehte mich um, gab mir einen Schubs. »Wenn der Tunnel sich teilt, geh nach rechts. Halt dich an der rechten Wand. Dahinter zweigen Tunnel ab. Du nimmst den vierten auf der rechten Seite. An seinem Ausgang wartet Rafael. Dreh dich nicht um! Warte nicht auf mich! Lauf einfach!« Noch ein Schubs. »Geh! Schnell!« Ich rührte mich nicht, starrte ihn an.
Abermals bleckte er die Fänge. »Geh endlich!« Diesmal hätte mich sein Stoß um ein Haar das Gleichgewicht gekostet. Ich wankte ein paar Schritte vorwärts. Stolperte, fing mich, taumelte weiter, drehte mich immer wieder um. Joaquín war fort. Zurück in den Tunnel. Schatten bewegten sich hinter mir.
    Ein Brüllen.
    Fauchen.
    Gelächter.
    Das Licht erlosch schlagartig. Ich schrie. Unvermittelt war das Wasser wieder da. Und mit ihm das, was darin gewesen war. Legte sich wie zuvor um meine Beine. Ich rutschte aus, konnte mich gerade noch an der Wand halten, hastete weiter. Und kam nicht voran. Wie in einem Albtraum, in dem man rannte und rannte, ohne einen Schritt vorwärtszukommen. Mein Atem flog, wurde immer mehr zu einem Schluchzen. Eine Bewegung vor mir. Ein Schatten. Hörner. Klauen. Fänge. Ich schrie wieder. Warf mich herum, floh zurück. Konnte nicht atmen. Von irgendwoher drang Helligkeit. Er war plötzlich da. Ein Mann. Nicht Joaquín. Nosferatu! Diesmal hatte ich keine Luft zum Schreien. Seine Hand in meinem Haar riss meinen Kopf in den Nacken. Blindlings zog ich ihm die Fingernägel durchs Gesicht. Sein Hieb schmetterte mich gegen die Wand, beförderte mich ins Wasser. Der Schatten war hinter ihm. In der nächsten Sekunde war er über mir. Und wieder verschwunden.
    »Lauf!« Joaquín. An seinem Mund hing Blut. Ich sah die Männer hinter ihm. Nosferatu! Der Schatten war wieder da. Mehr als einer. Kam auf uns zu. Er fuhr herum, legte die Hände zu beiden Seiten gegen die Röhre, spreizte die Finger, stemmte sich dagegen, fletschte die Fänge. Der Beton stöhnte. Plötzlich
waren da Risse, wurden größer, fraßen sich den Nosferatu entgegen. Krachen. Splittern.
    Ein Fluch über mir. Ich wurde gepackt, auf die Füße gezerrt, vorwärtsgestoßen.
    »Lauf!« Wieder Joaquín. Kaum zu hören unter dem Schreien und Bersten.
    Ich lief, rannte um mein Leben; glitschte aus, wieder und wieder; landete der Länge nach in der schmierigen Brühe, tauchte manchmal nur bis zu den Handgelenken ein, konnte ein anderes Mal gerade noch den Kopf darüberhalten; manchmal schaffte ich es allein wieder auf die Füße, beim nächsten Mal war es dann Joaquíns Arm um meine Mitte, der mich wieder in die Höhe zog, weiterdirigierte, ohne dass ich wusste, wohin. Risse fraßen sich über und neben uns durch die Röhre, Betonstücke lösten sich, prasselten auf uns herab, Wasser spritzte. Ich schrie, hetzte immer weiter, während hinter uns alles zusammenstürzte, Staub um mich herumstob, mir die Luft nahm, die Arme über dem Kopf, mit nur einem Gedanken: raus!
    Ich merkte kaum, dass es hinter der nächsten Biegung

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