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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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spähte in den kaum erhellten Gang hinaus, lauschte, sah mit einem Nicken seinerseits zu mir und seinem Bruder zurück.
    Mein Herz klopfte wie verrückt. Plötzlich konnte ich mich nicht mehr rühren. Schon draußen im Gang hatte Cris bemerkt, dass ich ihm nicht folgte. »Komm schon, Lucinda!«, drängte er angespannt und schaute dabei immer wieder in die Richtung, in der die Treppe nach oben liegen musste.
    »Geh, mi luz«, sagte Joaquín hinter mir. Ich zuckte beim Klang seiner Stimme zusammen. Und schaffte es mit einem Mal wieder, mich zu bewegen.
    Joaquín folgte mir langsam, zögerte vor der Tür erneut, als
würde er erwarten, dass die Bannkreise, die ihn die ganze Zeit zusätzlich zu der Kette in diesem Raum festgehalten hatten, es doch weiter taten. Nichts geschah.
    Im Gang draußen war es fast vollkommen dunkel. Trotzdem zog ich die Arme dicht an mich, als Cris mich bei der Hand nehmen wollte. Er sagte nichts dazu. Aber ich glaubte, seinen Blick immer wieder zu spüren, während er vor mir herging. Schnell, gerade noch, ohne zu rennen. Sich immer wieder nach mir umschaute. Ein kleines Stück den Gang zurück, Richtung Treppe und dann nach links. Joaquín war hinter mir. Und stieß ein Knurren aus, kaum dass wir die Abzweigung hinter uns gelassen hatten.
    »Jemand kommt.« Die Worte waren nur ein scharfes Flüstern.
    Um ein Haar hätte ich aufgeschrien, als Cris mich jetzt doch bei der Hand packte, mich vorwärtszerrte. Hastiger als zuvor. Zu einem Mauerstück, das auf den ersten Blick ganz normal aussah. Bis ich die Kreidelinien in der oberen Ecke eines Steines entdeckte. Kaum zu erkennen. Die Cris jetzt eilig wegwischte.
    Lautlos schwang eine Tür auf. In die Dunkelheit dahinter.
    »Zieh dein Shirt aus, mi luz.«
    Erschrocken drehte ich mich zu Joaquín um. »W…?«
    »Sie werden dem Geruch deines Blutes folgen.« Nur kurz sah er zu mir her, dann galt seine Aufmerksamkeit wieder dem Gang hinter uns. »An dem Shirt hängt genug davon, dass ich Cris vielleicht ein bisschen mehr Zeit verschaffen kann, um dich in Sicherheit zu bringen. Und wenn die Tür wieder mit einem Siegel verschlossen ist, hilft euch das möglicherweise auch.« Er sprach so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte.
    Ich starrte ihn an. Etwas in mir schrie › Nein‹. Dennoch ließ
ich es geschehen, dass Cris mir das Shirt behutsam von den Schultern zog. Und mich in die Dunkelheit hinter der Tür schob. Allerdings reichte er es nicht an Joaquín weiter.
    »Das übernehme ich. Du bringst sie hier weg.« Cris’ Stimme war nicht lauter als die seines Bruders. Ein Zischen, wenn überhaupt. Ich konnte das Luftholen hören, mit dem Joaquín zum Widerspruch ansetzte, das Knurren tief in seiner Kehle, doch Cris schüttelte den Kopf. »Über kurz oder lang werden sie ihre Witterung hier aufnehmen. Und du hast ihnen deutlich mehr entgegenzusetzen als ich, wenn sie euch tatsächlich einholen.« Er sprach ebenso hastig wie zuvor; hob die Schultern. Ich glaubte, ihn lächeln zu sehen. »Und abgesehen davon: Ich kann vielleicht sogar noch zur Vordertür hier rausspazieren. Du auf gar keinen Fall.« Mit einer knappen Kopfbewegung wies er zu mir in die Dunkelheit. »Geh schon!«
    Stille. Dann: »Du verschwindest hier, so schnell du kannst. Spiel nicht den Helden. Nach oben und raus!« Sichtlich widerwillig trat Joaquín an seinem Bruder vorbei, zu mir in den Gang.
    »Du vergeudest Zeit.« Etwas in Cris’ Ton war plötzlich … ärgerlich.
    Joaquín packte ihn am Arm, fletschte die Fänge. »Versprich es!«
    Cris zögerte, nickte, machte sich aus dem Griff seines Bruders los. »Versprochen.« Das Wort klang beinah … erstickt. Er trat zurück und schloss die Tür. Ein Riegel rastete von der anderen Seite ein.
    Sekundenlang starrte Joaquín sie an, reglos. Dann drehte er sich plötzlich abrupt um und wies in die Dunkelheit vor uns. »Geh, Lucinda!« Grollend. Heiser. Unwillkürlich machte
ich einen Schritt zurück. Nosferatu. Ich keuchte auf, als er mich am Arm packte, vorwärtszerrte. Grob. Beinah schon … brutal – um im nächsten Moment aufzustöhnen und mir einen Stoß zu versetzen, der mich gegen die Wand des Tunnels stolpern ließ. »Geh, Luz!«, hörte ich ihn wie gequält flüstern. »Geh einfach!«
    Die Hand an der Wand gehorchte ich, tastete mich voran. So schnell ich in der Finsternis konnte. Und war mir nicht sicher, vor wem ich in diesem Moment davonlief.
    Es ging abwärts. Nicht wirklich sacht. Ich wusste nicht, ob der Boden unter mir

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