Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)
habe die Lederreste ins Labor gegeben. Manchmal können die dort fast zaubern. Der Gürtel gehörte sicher zu einem Militärmantel. Die Mäntel kenne selbst ich noch; viele hatten sie nach dem Krieg noch in Benutzung.«
Das passt zu den Knöpfen, dachte Judith.
»Wissen Sie, was mich wundert?«, fragte Dr. Renz.
Judith und Walter sahen ihn gespannt an.
»Der Mantel, die Stiefel und der robuste Gürtel – da hätte es sicher Interessenten gegeben. Das war viel wert nach dem Krieg. Warum hatte er das noch an? Die andere Kleidung, na ja, aber Mäntel und Stiefel waren sehr begehrt.«
Walter Dreyer nickte. »Das bestätigt unsere Vermutung, dass ihn jemand begraben hat, der ihn kannte und mochte. So jemand würde seinen toten Freund nicht berauben, ihn aber so fürsorglich bestatten, wie es die Umstände eben zuließen.«
Judith Brunner ergänzte: »Und wir haben einige Habseligkeiten von Winter bei Heitmann gefunden. Die Frage könnte also lauten: Hat Heitmann seinen Freund begraben?«
Betrübt brachte Walter Dreyer seine Überlegung vor: »Die Frage könnte aber auch lauten, hat Laurenz Heitmann Emil Winter umgebracht?«
~ 51 ~
Genau diese Frage ließ Judith Brunner und Walter Dreyer auch im Büro von Dr. Grede nicht mehr los. »Warum sollte er ihn umgebracht haben? Sie waren schon als Kinder Freunde. Beim letzten Treffen der drei Männer gab es doch keinen Streit, oder?« Gredes Frage bewies den beiden, dass auch er die Protokolle kannte.
Ein guter Mann dachte Dreyer, der mit dem Laborchef bisher kaum etwas zu tun hatte. Und Meiring erwähnte tatsächlich nichts Derartiges, wie er sich jetzt erinnerte.
Dr. Grede fragte weiter: »Was sollte da passiert sein, das einen Mord rechtfertigen würde?«
Walter Dreyer versuchte, eine Situation zu konstruieren: »Sind die drei Freunde nach ihrem letzten Treffen nicht wieder zur Truppe gegangen? Dort sind sie dann vielleicht aufeinandergetroffen! Im Krieg kann vieles geschehen, das alles ändert, was bis dahin galt! Das müssten die, die uns die Blechmarke identifizieren sollen, doch sagen können?«
Judith Brunner nickte. »Ja, diese Möglichkeit besteht durchaus. Ich werde Lisa Lenz gleich nachher bitten, deswegen auch noch nachzufragen.«
»Das Labor ist nicht ganz fertig geworden, aber sie haben den Tascheninhalt von Ahlsens schon untersucht. Dabei ist leider nichts Besonderes zum Vorschein gekommen«, Dr. Grede las aus dem Bericht vor, »ein benutztes Taschentuch, etwas Kleingeld, eine Brieftasche, darin Ausweise, einige Geldscheine, ein Nothilfepass und zwei Fotos. Das ist alles. Keine Notizen oder Hinweise auf sein Vorhaben.«
»Was für Fotos?«, fragte Walter Dreyer interessiert.
Erwartungsvoll sahen alle auf die Gegenstände, die Dr. Grede vorsichtig aus einem großen Umschlag gleiten ließ.
Und Walter Dreyer hatte recht mit seiner Ahnung. Sobald sie die beiden Fotografien sahen, war klar, dass es sich um sehr alte Aufnahmen handelte.
Ein Foto erkannte Dreyer sofort wieder. »Ein ähnliches Motiv hatte der Heitmann in seiner Fotoschachtel.«
Es war eine Aufnahme von etwa zehnjährigen Jungen, die im Sommer auf einer Wiese standen. Zierliche Jungen in kurzen Hosen, barfuß, fast zu mager, aber glücklich in die Kamera lächelnd. Das andere Foto zeigte ebenfalls Personen, mit denen sie aber überhaupt nichts anfangen konnten.
»Wir fragen am besten Irmgard Rehse, und wenn die uns nicht helfen kann, weiß vielleicht Meiring mehr«, lautete Walter Dreyers Vorschlag.
Die beiden anderen nickten nur.
Dr. Grede informierte weiter: »Die Erd- und Faserspuren aus Heitmanns Wagen sind inzwischen analysiert. Es ist aber überhaupt nichts Untypisches an ihnen, kein Blut, kein spezifischer Dünger, nichts«, er lächelte wissend, „nur der hier übliche Boden und ebenso übliches Sackleinen.
»Was ist mit dem Messer?«, wollte Judith Brunner wissen.
»Es ist die Tatwaffe. Das Blut stimmt mit dem von Ahlsens überein. Dr. Renz hat die Wunde vermessen, was die Übereinstimmung ebenfalls bestätigt.« Jetzt machte Dr. Grede eine kleine Pause, um die Spannung zu erhöhen. »Und wir haben wieder die typischen Silberspuren, die wir auch im Fall Heitmann fanden. Leider keine Fingerabdrücke.«
»Dieselbe Waffe, derselbe Mörder – können wir das trotzdem schließen?«, fragte Judith Brunner nach.
»Um es nicht unnötig kompliziert zu machen, sollten wir erst einmal davon ausgehen«, schlug Dr. Grede vor.
»Also nehmen wir einmal an, Heitmann hat
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