Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)
wissen Sie!«
»Und haben Sie damals erreicht, was Sie sollten?«
»Ja, haben wir. Ein Attentat brachte die Rumänen dazu, massenhaft die Leute der Alliierten auszuweisen, und wir hatten es geschafft. Dann, Ende 1940 kamen reguläre deutsche Truppen und übernahmen unseren Job.«
»Und, was haben Sie danach gemacht?« Von den Ereignissen im Nachkriegsfrühling bei Lindenbreite waren sie noch Jahre entfernt.
»Woanders solche Einsätze gemacht.«
»Woanders?«, fragte Judith Brunner nach.
»Ja, was denken Sie? Für uns gab es immer was zu tun, der Krieg ging noch ein paar Jahre. Und am Anfang lief es auch gut.«
»Ach, und was dann?«, fragte Walter ohne Ironie.
»Wir haben den Krieg verloren, das wissen Sie doch auch.«
Walter Dreyer brachte all seine Geduld auf und fragte ruhig weiter: »Und nach dem Krieg?«
Busch antwortete unwillig: »Habe ich doch vorhin schon mal gesagt, kam ich hierher.«
Walter Dreyer schaute ungläubig. »Und haben sich nie wieder mit Paul Ahlsens getroffen? Zwei Brandenburger, zwei Kameraden in dieser Gegend? Und laufen sich nicht über den Weg? Das kann ich nicht ganz glauben!«
»Glauben Sie, was Sie wollen«, Busch wurde unzugänglich.
Bald würde er gar nichts mehr sagen, vermutete Judith. Sie kam auf Buschs Lapsus zurück: »Sie kannten also das zweite Mordopfer.«
»Ich kannte ihn nicht. Er wollte mich gekannt haben!«
»Woher?«
»Wie soll ich das denn wissen! Vielleicht hat’s ihm jemand gesteckt.«
»Wie meinen Sie das?«
»Na, wie wohl! Jemand hat ihm gesagt, dass ich hier arbeite. Vielleicht ein anderer Kamerad, der es nur gut meinte und uns wieder zusammenbringen wollte.«
Oder Laurenz Heitmann. Wie hatte der wohl davon erfahren? Hier tat sich eine Möglichkeit auf. Judith fragte: »Paul Ahlsens wusste also, dass Sie hier arbeiten. Und er kam her und sprach Sie an. Was wollte er?«
»Das geht Sie überhaupt nichts an.«
»Herr Busch, Sie machen sich lächerlich! Paul Ahlsens wurde einen Tag nach Laurenz Heitmann ebenfalls hier am Bahnhof ermordet. Und uns geht es nichts an, was Sie mit ihm zu besprechen hatten?«
»Ich sage nichts mehr!« Das klang so, als wäre es auch so gemeint.
Walter sah Judith nur kurz an und stand auf, um die Tür zu versperren.
Judith Brunner ging um den Tisch und sagte fest: »Karl Busch, ich muss Sie bitten, uns zu begleiten. Sie waren zu den Tatzeiten beider Morde hier am Bahnhof. Sie gaben an, mit einem der Opfer gesprochen zu haben. Und Sie erzählen uns nicht alles, das wissen wir.«
~ 61 ~
»Wie können wir beweisen, dass Karl Busch der Mörder der drei Männer ist? Damit sind wir am Bahnhof nicht weit gekommen. Er hat lediglich einen Kontakt mit Paul Ahlsens zugegeben.« Judith Brunner informierte Dr. Grede in seinem Büro kurz über den neuesten Stand.
Walter Dreyer, der neben ihr saß, bemerkte noch: »Vergessen Sie nicht die offene Bürotür, durch die Laura Perch, gestürmt ist. Und er hat eingeräumt, seinen Schalter am Donnerstagvormittag zur fraglichen Zeit verlassen zu haben. Ebenso, dass er auf dem Bahnhofsplatz gewesen war.«
»Stimmt. Ich weiß nur nicht, ob wir ihn damit schon festnageln können. Naja, wir wollten sowieso noch mal zu den Winter-Schwestern, also befragen wir die etwas intensiver nach ihm. Vielleicht bekommen wir sie noch zum Reden.«
»Was mache ich inzwischen mit Busch?«, fragte Dr. Grede.
»Nichts. Er soll warten und kann ruhig etwas schmoren. Wir sind ja nicht so lange weg.«
Als Walter Dreyer an die wuchtige Tür klopften, wurde diesmal gleich geöffnet. Ohne eine Begrüßung bat Anne Winter sie hinein: »Gehen Sie bitte durch, Frau Brunner. Ich habe Ihnen etwas mitzuteilen!« Ihre Stimme klang, als hätte sie es sich reiflich überlegt.
Sie setzten sich wieder an den Tisch. Anne Winter begann auch ohne Umschweife: »Meine Schwester Emily ist nicht da. Und wir haben gestern, als Sie hier waren, nicht die ganze Wahrheit gesagt. Und ich ...« Sie atmete tief durch. »Ich war gestern Abend spät noch bei Irmgard Rehse und habe ihr alles erzählt, was ich über Emil Winter wusste.«
Walter musste nachfragen, so verblüffte ihn diese Erklärung. »Sie haben Irmgard Rehse von Emil Winter erzählt? Und vom Überfall?« Wie mochte sie das wohl verkraftet haben? Walter Dreyer machte sich große Sorgen um seine Nachbarin.
Anne redete weiter, als wäre sie nicht unterbrochen worden: »Es tat mir plötzlich leid, nach all den Jahren, dass sie nicht ahnte, was aus ihm geworden
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