Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)
sprach zügig und konnte ohne Überlegung berichten. Sie hörte weiter zu.
»Einen Moment später kamen Sie ja dann dazu und wissen also, was dann passierte.«
Das war ja die Höhe, dachte Judith Brunner. Er hatte sie also sofort erkannt, ohne etwas anzudeuten. War das nun Frechheit oder Vorsicht? Oder wollte er sie einfach ärgern? Das war ihm durchaus gelungen! Aber sie hatte sich schnell wieder im Griff und fuhr fort: »Ja, allerdings interessiert uns mehr die Zeit vor diesen Geschehnissen. Wartete jemand auf den Mittagszug? Wer kaufte Fahrkarten bis dahin?«
Busch hob entschuldigend die Schulter. »Aber das habe ich doch Ihren Kollegen am Donnerstag bereits gesagt. Mir ist nichts weiter aufgefallen. Wir haben sogar gemeinsam nachgesehen, ich habe genau drei Fahrkarten für den nächsten Zug verkauft.«
»Und waren Sie mal draußen, vor dem Bahnhof?«, fragte Judith Brunner weiter.
»Nein, was sollte ich da?« Es klang, als wäre die Frage eine Zumutung für ihn.
»Gestern zum Beispiel haben Sie die Blumen gegossen.«
Busch sah durch sie hindurch. »Ach, so was meinen Sie! Kann schon sein, doch das weiß ich leider nicht mehr genau«, antwortete Busch, jetzt wieder ganz gelassen.
»Würden Sie bitte versuchen, sich zu erinnern? Vielleicht haben Sie irgendetwas beobachtet, das uns helfen könnte.«
Busch tat, als suche er konzentriert nach Erinnerungen.
Walter signalisierte Judith, dass er etwas fragen wollte und unmerklich stimmte sie zu.
So war Busch einigermaßen überrascht, als Walter Dreyer fragte: »Schließen Sie die Bürotür eigentlich immer ab?«
Diese Wendung im Gespräch brachte Busch etwas aus dem Konzept. Er wusste einen Moment lang nicht, was auf ihn zukam und spielte kurzerhand auf Zeit. »Ich verstehe die Frage nicht.«
»Als wir eben zu Ihnen ins Büro kamen, haben Sie die Tür von innen aufgeschlossen, richtig?«
»Ja?« Busch witterte das Problem.
»Ist hier immer abgeschlossen?«
»Ja.«
»Und wenn Sie aus dem Büro gehen, schließen Sie auch ab, oder?«
»Klar, was soll die Fragerei?«
»Nun, Sie haben eben selbst geschildert, dass die junge Frau am letzten Donnerstag in Ihr Büro stürmte. Da konnte die Tür doch nicht verschlossen gewesen sein.«
Judith spürte augenblicklich, dass sich die Verhältnisse in diesem Moment des Gesprächs zu ihren Gunsten wendeten. Walter hatte Busch ertappt, nur mit einer Kleinigkeit, doch immerhin. Karl Busch geriet endlich in Erklärungsnöte. »Würden Sie meinem Kollegen bitte antworten!«, übernahm sie wieder das Gespräch.
»Wird dann wohl so gewesen sein«, brummte Busch, hörbar verärgert.
»Waren Sie vielleicht vorher doch noch draußen und haben nur vergessen, wieder zuzuschließen? Hatten Sie es eilig?«, fragte Judith Brunner mit arglosem Tonfall.
»Was soll das? Spielt das eine Rolle?«
»Wenn Sie vor dem Gebäude waren, könnten Ihnen etwas aufgefallen sein. Denken Sie also bitte nach«, wiederholte Judith Brunner geduldig.
»Ich habe aber nichts gesehen!«
»Aber dass Sie draußen waren, stimmt schon?«, mischte Walter Dreyer sich jetzt wieder in die Befragung.
»Ja, meinetwegen. Es war nichts los hier und da habe ich einfach mal frische Luft geschnappt. War ja herrliches Wetter. Und soll ich den ganzen Tag hier am Schalter hocken?«
Judith Brunner überlegte: Der Busfahrer hatte ihn aber nicht gesehen, also musste Busch schon einige Minuten früher auf dem Platz gewesen sein. Und das würde genau mit der ermittelten Tatzeit übereinstimmen! »Und Sie bleiben dabei, nichts bemerkt zu haben«, fragte sie noch einmal deutlich nach.
»Ja«, kam es nun schon erheblich unwilliger von Busch zurück. Er blickte Hilfe suchend zum Verkaufsschalter, aber kein Fahrgast bot ihm Gelegenheit, dem Gespräch auszuweichen.
Judith Brunner wechselte das Thema. »Herr Busch, Sie haben vorhin gesagt, dass Sie niemanden aus Waldau kennen.«
»Ja?« Er wurde misstrauischer.
»Sehen Sie, wir haben etwas recherchiert und dabei festgestellt, dass Sie mit einem Waldauer gemeinsam bei der Wehrmacht waren.«
Busch erschrak. »Was?«
Er hat uns unterschätzt, dachte Walter hoch erfreut. Mal abwarten, wie er seinen Kopf wieder aus der Schlinge ziehen will.
Judith Brunner ließ ihm keine Zeit. »Sie waren doch ein Brandenburger, stimmt’s?«
»Was?«, ächzte Busch erneut.
»Sie haben mich gut verstanden, Herr Busch. Sie waren ein Brandenburger!«
Busch entschloss sich erstaunlich rasch, das offenbar Bekannte zuzugeben: »Ja, war in
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