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Blutengel: Thriller

Blutengel: Thriller

Titel: Blutengel: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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Sie sich außerhalb der Anstalt aufgehalten?«
    »Wenn Sie mir noch sagen, was die fragliche Zeit ist?«, sagte Binkel, der unvermittelt die Augen schloss und den Pinsel durch die Luft hob wie ein Dirigent seinen Stab. Es sah tatsächlich so aus, als hörte er Musik, die seine Gesichtszüge mit einem milden Ausdruck überzog. Dann begann er mit sanfter Stimme zu singen: »In der Kindheit frühen Tagen hört’ ich oft von Engeln sagen …«
    »Herr Binkel?«
    Der Mann ließ ruckartig seinen Pinsel sinken und sagte: »Fragen Sie die Stationsschwester oder wen immer Sie wollen. Mir glauben Sie ja doch nicht. Wie heißen Sie?«
    »Das ändert auch nichts an meiner Frage.«
    Auch der Pfleger sah Weitz mit einem Stirnrunzeln an.
    »Weitz«, sagte er.
    »Weitz«, wiederholte Jens Binkel und starrte ihn mit eiskalten grauen Augen an.
    »Wissen Sie was … Weitz?«
    »Sie werden es mir verraten.«
    »Ja, Ihnen werde ich es verraten. Weitz, wir sind Brüder. Haben Sie das verstanden?«
    »Was soll das?«
    »Haben Sie das nicht gemerkt, Weitz? Wenn wir uns ansehen …«
    »Und?«
    »Es passt nichts mehr zwischen uns. Nichts. Verstehen Sie? Weitz?«

9.
    Wirch würde mitspielen.
    Clemens Carolus sah nachdenklich auf das Telefon. Bei jedem ließ sich eine Schwäche finden. Bei dem Kriminaldirektor war es das Alter. Wollte er noch eine entscheidende Stufe auf der Karriereleiter hinaufklettern, dann war dies seine letzte Chance.
    Wirch hatte in seiner »Großartigkeit« sogar geglaubt, dass er die »Sonderkommission Serienmord« aus dem Hut gezaubert hatte.
    Umso besser. Sollte Wirch sie nur als eigenes Kind verstehen. Er würde sie hüten und anfeuern. Schließlich hing für Wirch alles davon ab. Und auch er brauchte Erfolge dieser Sonderkommission. Hauptkommissar Peer Mangold musste Fortschritte machen. Rasche Fortschritte.
    Das Einzige, was jetzt fehlte, war mehr Druck. Umso schneller würden sie diese Drecksau finden, die zu feige war, sich aufzuhängen. Die herumschlich und Menschen umbrachte. Nein, womöglich reichte der Hinweis auf den in Billwerder einsitzenden Claus Schurmann nicht, um die Leute auf Trab zu bringen.
    Er hatte jedenfalls von Wirch noch nichts darüber gehört, dass sie sich die Vergangenheit von Tanja Binkel genauer ansahen. Dabei war doch alles offensichtlich. In Akten festgehalten.
    Wie auch immer, sie würden ihn aus seinem Versteck locken. Und genau dann würde es zu seiner Sache werden. Würde er ihn wiedererkennen? Kaum anzunehmen. Dafür war es zu lange her.
    Er sah hinauf zur Decke. Nein, er machte es wahrlich nicht gern. Aber es musste sein. Er hatte sein Leben in den Dienst der Gesellschaft gestellt. Mit all seiner Leidenschaft. Das durfte nicht einfach so zerstört werden, weil jemand nicht begreifen wollte, dass auch Leiden zu diesem Leben gehörte. Leiden, das man mutig durchzustehen hatte.
    Er stellte sich vor das Bücherregal und berührte einen in Leder eingebundenen Band. Es gab etwas, das mehr zählte als sein Leben oder das dieses Schwächlings. Etwas, das ewig währte und rein war. Und das mit seinem Licht die Menschen in die richtige Richtung lotste.
    Unterordnen unter ein höheres Prinzip! Genau darum ging es.
    Seine Augen fuhren über die Regalreihen, dann fand er, was er suchte. »Il Principe – Der Fürst« von Niccolò Machiavelli.
    So viele Generationen arbeiteten am Wohl der Menschheit. Unermüdlich. Und auch er würde nicht kneifen, wenn es darauf ankam, harte Entscheidungen zu treffen. Unter dem Strich wurde zusammengezählt. Er löschte das Licht, das die Buchreihen anstrahlte, und verließ den Raum.
    Im Badezimmer putzte er sich die Zähne. Als er den Mund ausgespült hatte, musterte er sein Gesicht im Spiegel und sagte laut: »Es bleibt immer etwas hängen.«
    Carolus musste schmunzeln. O ja, das war die Wahrheit. Er musste an die alten Zeiten denken, und er sah sie wieder vor sich. Und es erregte ihn. Selbst jetzt noch, nach all den Jahren.

10.
    Wie war er in ihre Wohnung gekommen? Sie war eine alte Frau. Was wollte er von einer alten Frau?
    Der Mann, der die Kapuze seines Sweatshirts über den Kopf gezogen hatte, zog eine Rolle Klebeband aus seinem Rucksack. Nur das nicht! Nein! Sie drehte sich zum Fenster und versuchte, durch die Vorhänge hindurch etwas zu erkennen.
    Da unten waren Menschen, aber wer von denen ahnte, was hinter ihrer Gardine passierte? Man hörte Kinderlachen. Um diese Zeit kamen sie aus der Schule.
    Der Mann breitete auf dem Tisch eine Folie aus und

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