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Blutengel: Thriller

Blutengel: Thriller

Titel: Blutengel: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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überhaupt ein Geräusch im All? Oder war das nur eine Erfindung von Filmleuten? Angeblich rollte immer noch der Nachhall des Urknalls durch das Universum.
    Er dachte an die alte Frau. Ihre Familie versorgt!
    Warum galten alte Frauen eigentlich als Inbegriff der Harmlosigkeit? Hatten sie nicht ein ganzes Leben hinter sich gebracht? Den Schmutz angehäuft über die Jahre? Warum entließ man sie so einfach aus ihrer Schuld? Nein, das durfte nicht sein.
    Die alte Frau auf ihrem Bett, die gespreizten Beine, der Tierkopf dazwischen. Der Raum zeigte ihm die Bilder, denn was war schon eine Abfolge von Bildern, wenn sich dazwischen nicht ein kurzes weißes Bild verbarg, das die Leinwand für das neue Bild befreite?
    Im leeren Raum des Weltalls war nirgends Farbe zu entdecken, und doch war sein Raum voll davon. Nur für Augenblicke, in denen die Bilder zu ihm zurückgeworfen wurden und sich in sein Hirn brannten. Er schuf neue Bilder.
    Die weiß lackierten Dielen knackten. Der Raum beugte sich vor seinen Bildern. Und lud ihn ein. Viele hatten hier noch Platz, und alle würden sie auf ihn warten. Darauf, dass er kam, um sie sich anzusehen.
    Vorsichtig erhob er sich und strich über die Wand. Spürte die kleinen Unebenheiten, und einen flüchtigen Augenblick legte er die Stirn gegen die Mauer. Es war Zeit, dass die Bilder ihn verließen. Und dann spürte er das Summen in seinen Ohren, auf das er so lange gewartet hatte. Es schaffte Platz, überzog alles mit einem cremefarbenen Weiß, das Konturen und Farben in sich aufnahm.

12.
    Mangold sah Hensen durch die Drehtür des Flughafengebäudes kommen. Leicht hinkend zog er einen arg ramponierten Rollkoffer hinter sich her und hob kurz grüßend die linke Hand.
    Eine Stimme aus den Lautsprechern bat darum, das Gepäck auf keinen Fall aus den Augen zu lassen und die allgemeinen Sicherheitsvorkehrungen zu beachten.
    Mangold war überrascht, dass der Journalist gekommen war. Gut, sie hatten sich verabredet, aber ihn hätte es nicht gewundert, wenn er im letzten Augenblick abgesagt hätte.
    In den letzten Wochen hatte Hensen sich verändert. Er deutete auf einen Zeitungsshop und trat durch die Tür.
    Mangold dachte daran, wie er den mit zermürbtem Gesicht im Polizeiarchiv grabenden Journalisten kennengelernt und sich mit ihm angefreundet hatte.
    Der Flug nach München war ihnen ohne bürokratische Hürden genehmigt worden. Zwar hatten die Münchner Kollegen die Tatortsituation minutiös dokumentiert und forensisch untersucht, doch er musste den Überblick behalten.
    Sie mussten die Arbeit des Serientäters aus der Nähe betrachten, mit den anderen Tatorten vergleichen und im besten Fall Besonderheiten finden.
    Nur Details konnten das Bild vom Täter vervollständigen. Und das hieß vor allem: die Suche nach dem Motiv.
    Hensen kam mit einer Zeitung und einem Plastikbeutel aus dem Shop und schlurfte auf Mangold zu.
    Eine halbe Stunde später saßen sie in der auf ihre Startposition zurollenden Lufthansamaschine.
    »Bevor du in deiner Zeitung verschwindest, erklär mir noch mal ausführlicher deine Kunsttheorie«, sagte Mangold.
    »Was gibt es da zu erklären? Der Täter stellt am Tatort berühmte Gemälde nach. Oder er kopiert die Maltechniken von Künstlern.«
    »Und signiert sie mit den Initialen der Urheber?«
    »Bei dem Niendorfer Opfer auf der Schaukel war es Jackson Pollock. Der hat seine Farben direkt aus der Tube auf die Leinwand tropfen lassen. Im Fall Tanja Binkel war es Georg Baselitz. Der hat seine Motive verkehrt herum gemalt und genauso aufgehängt. Mit dem Augenzeugen hat er das Bild von Munchs ›Der Schrei‹ nachgestellt.«
    »Und jetzt in München ist es Pablo Picasso?«, vergewisserte sich Mangold.
    »›Das Bildnis der Dora Maar.‹ Nur dass im Original ein Stierkopf benutzt wurde. Den hat unser Täter wohl nicht beschaffen können. Also nimmt er einen Kalbskopf, den er der Rentnerin zwischen die Beine schiebt. Er stellt mit seinen Opfern Bilder nach.«
    »Du meinst, er hält sich für einen Künstler?«
    »Keine Ahnung«, sagte Hensen. »Normalerweise schaffen Künstler etwas Neues. Dieser hier kopiert berühmte Kunstwerke.«
    »Und die Lateinsprüche?«
    »Keine Ahnung.«
    Mangold spürte, wie er durch die Beschleunigung des Flugzeugs in den Sitz gedrückt wurde. Die Flughafengebäude zogen vorbei, ein kleiner Rumpler, dann schob der Jet seine Nase steil in den Himmel.
    Über seinem Sitz klapperte etwas in der Ablagebox, draußen beschlugen die Scheiben, als sie

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