Blutengel: Thriller
Pflegeeinrichtungen, Opfer, die mit Pflegediensten zu tun hatten, vielleicht gibt es einen durchgedrehten Angehörigen als Täter?«
»Es passt nicht«, widersprach Hensen. »Sollte unser Killer der einsame Rächer sein und die Tatorte nur zum Spaß künstlerisch gestalten, dann haben wir ein Problem. Warum sollte er Tanja Binkel umbringen, sie hat schließlich für die Betroffenen gearbeitet?«
»Dann muss es ein anderes Motiv geben«, sagte Mangold. »Fest steht, es gibt ein Bindeglied unter den Opfern, und das ist der Pflegedienst, oder es sind die Heime.«
In diesem Augenblick bemerkte Mangold, dass sich Sienhaupt neben Weitz aufgebaut hatte und ein Gesicht machte, als wäre er das Christkind höchstpersönlich.
»Ihr Partner«, sagte Mangold und deutete auf Sienhaupt.
Weitz blickte den Autisten verächtlich an und sagte: »Und, was willst du?«
Sienhaupts Gesicht zerfloss förmlich vor Lachen. Seine Haare lagen auf der einen Hälfte eng am Kopf, so als wären sie mit Gel bearbeitet worden.
»Wir verstehen uns, was?«, sagte Weitz.
Sienhaupt hob vor Begeisterung die Arme, und dabei rutschte zu Boden, was er die ganze Zeit unter dem Jackett verborgen hatte.
Rasch hob er ein Bündel auf und legte es weihevoll vor Weitz auf den Tisch. Es war mit einem Geschirrhandtuch umwickelt, obendrauf war die Berliner Phantomzeichnung befestigt.
»Pralinen?«, sagte Weitz und wickelte das Tuch ab.
Zum Vorschein kam eine Aktenmappe, die zentimeterdick mit Ausdrucken gefüllt war. Die erste Seite zeigte wieder ein Foto des Kölner Kunstprofessors Joseph Beuys. Weitz blätterte die Papiere durch.
»Was ist das?«, fragte Mangold.
»Bilder, Installationen, Ausstellungen von Beuys, und hier eine Liste seiner Schüler. Was hat er nur mit diesem verrückten Professor?«
Weitz wandte sich an Sienhaupt und schüttelte tadelnd den Kopf.
»Professor tot. Verstehst du? Professor gestorben vor vielen Jahren …«
Sienhaupt hüpfte, als wäre es genau das, was er gerade herausgefunden hatte.
Mangold wandte sich an Weitz. »Sehen Sie sich die Unterlagen genau an, die unser Freund aus dem Netz gefischt hat.«
»Aber …«
»Tun Sie es einfach.«
Mangold dachte plötzlich an die Erkenntnisse von Riehm. Dass der Savant so ganz nebenbei auf der Suche nach außerirdischem Leben, nach unerkannt unter den Menschen lebenden Aliens war, das verschwieg er lieber.
»Ich muss mich doch …«, versuchte Weitz einen weiteren Protest.
»Weitz!«, sagte Mangold. »Dies ist eine dienstliche Anordnung. Außerdem …«
»Ja?«, sagte Weitz.
»Schließlich ist er Ihr Partner. Und er hat es wirklich schön verpackt.«
»Ich hab’ in der Badewannenverkleidung noch etwas gefunden«, sagte Tannen.
»Raus damit.«
Tannen ging zu seinem Schreibtisch, griff in die Schublade und zog ein Notizbuch heraus.
»Was soll das werden?«, stöhnte Mangold. »Julklapp?«
»Das«, sagte Tannen, »das ist so eine Art Therapietagebuch von Tanja Binkel.«
»Und steht der Mörder drin?«, fragte Hensen amüsiert.
»Zumindest eine Beinahe-Mörderin und ein Verdächtiger. Ist übrigens ein alter Bekannter.«
17.
»Ich denke nicht, dass Kommissar Mangold meine Hinweise ernst genommen hat«, sagte Clemens Carolus und nippte an seinem Glas Whisky. Dann sah er sich im Raum um und meinte: »Ein wirklich schickes Büro, Wirch. Nicht mein Stil, aber alles, was recht ist.«
Wirch nahm die Brille ab, sah auf sein Gegenüber und legte die Hände auf den Tisch.
»Er ist sich der Situation bewusst. Er weiß, dass wir unter Zeitdruck stehen.«
»Ja, die Öffentlichkeit«, sagte Carolus. »Morgens lesen die Leute die Serienkiller-Schlagzeilen in der Zeitung, machen ihre Witzchen und genießen wohlige Schauer, und am Abend beschimpfen sie die Polizei, weil sie nicht weiterkommt.«
»Aufgeschreckte Hühner«, sagte Wirch. »Aber, Carolus, es gibt ernst zu nehmende Ansätze. Spuren, die wir verfolgen. Mangold …“
»… ist nicht mal in der Lage, einen Bericht zu schreiben«, unterbrach ihn Carolus. »Ich weiß nicht, ob er der Richtige ist, um solch ein neues Modell wie diese Sonderkommission zu führen.«
»Denken Sie an seinen Erfolg im Travenhorst-Fall!«
»Hat er die richtigen Leute?«, fragte Carolus.
»Er hat alles im Griff«, antwortete Wirch und wischte sich mit einem Papiertaschentuch über die Stirn.
»Wirch, Sie wissen, dass wir mit unserer Zukunft spielen. Ich kann das verkraften, aber Sie sind ein Kriminaldirektor.«
»Ich habe volles Vertrauen
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