Blutengel: Thriller
in den Mann.«
»Wo steckt er denn jetzt, Ihr Hauptkommissar Mangold?«
Wirch griff zum Telefonhörer und wählte die Nummer von Mangolds Handy.
»Mangold, wo stecken Sie?«
»Wir sind mitten in einer wichtigen Besprechung.«
»15 Minuten. Ihre Leute sollen sich solange die Beine vertreten, verstanden?«
Wirch trennte die Verbindung.
»Er wird gleich da sein«, sagte er.
Carolus nickte und nahm einen weiteren Schluck.
»Könnten Sie sich eigentlich vorstellen, zum Bundeskriminalamt zu wechseln?«, fragte Carolus. »Einen raschen Erfolg mal vorausgesetzt, so könnte ich mir das gut vorstellen. Man muss Talente entwickeln.«
»Sicher«, sagte Wirch. »Haben Sie etwas Bestimmtes im Auge?«
»Nun, ich werde Sie informieren, wenn es so weit ist. Aber ich habe gerne einen guten Mann im Ärmel, wenn ich gefragt werde, und seltsamerweise werde ich sehr oft gefragt. Ich weiß nicht, wieso, aber man sagt mir einen Riecher für die richtigen Leute nach. In Wirklichkeit …«
Carolus machte eine Pause und musterte seine Schuhspitzen.
»In Wirklichkeit?«
»Glück. Ich hab’ Glück gehabt. Aber, Wirch, das Glück ist ein launischer Genosse. Glück darf man nicht überstrapazieren. Sie verstehen, was ich damit sagen will?«
In diesem Moment betrat eine Sekretärin das Büro.
»Herr Mangold …«
»Immer rein mit ihm«, sagte Carolus.
Verblüfft stellte Mangold fest, dass ausgerechnet Carolus, der Mann, der sich bedroht fühlte, auf dem Besucherstuhl saß und ihn jovial anlächelte.
In knappen Worten informierte Mangold die beiden Männer über den Stand der Ermittlungen.
»Das heißt, wir haben einen Tatverdächtigen?«
»Das Tagebuch des ersten Opfers hat ein paar entscheidende Hinweise enthalten.«
»Und die Berliner Kollegen haben das Tagebuch und die Papiere tatsächlich nicht in der Wohnung gefunden?«, fragte Carolus ungläubig.
Mangold bestätigte knapp.
»Sehr gut«, sagte Carolus und fing Wirchs Blick auf.
»Was ist mit Schurmann, dem Pfleger, der jetzt in Billwerder die Unterhosen seiner Mitgefangenen waschen darf?«
»Er wurde von Tanja Binkel wegen der Zustände in Pflegeheimen befragt. Sie erhoffte sich davon harte Informationen, die sie bei mindestens zwei Klagen verwenden wollte.«
»Schlau«, sagte Wirch. »Sie hat sich gedacht, der Mann hat nichts mehr zu verlieren und plaudert ein paar Interna aus.«
»Nehmen Sie diesen Bruder und seinen Freund unter die Lupe. Wir dürfen da nichts auslassen.«
»Es gibt Alibis, aber die müssen wir noch überprüfen.«
»Und Sie sehen unter Umständen einen Zusammenhang mit Pflegediensten?«
»So weit sind wir noch nicht. Wir haben die Feinheiten der Inszenierung am Tatort noch nicht vollkommen geknackt. Klar ist, dass berühmte Gemälde nachgestellt werden.«
»Ein Mörder, der sich zum Künstler berufen fühlt. Ist es möglich, dass jemand sich wehrt?«, fragte Carolus.
»Sich wehren?«, fragte Wirch, und auch Mangold verstand nicht.
»Also alle Opfer hatten mit Pflegeberufen oder Heimen zu tun. Nehmen wir mal an, es gibt eine Liste, die unser Täter abarbeitet.«
»Und?«, fragte Mangold.
»Es könnte doch jemand sein, der glaubt, er selbst könnte zum Ziel werden, also so jemand könnte sich doch … sagen wir: wehren.«
»Dazu müsste er aber den Täter kennen.«
»Stimmt«, sagte Carolus und lächelte verstohlen.
Er setzte sein Glas auf dem Schreibtisch ab.
»Mangold, vor Ihnen sitzen zwei alte Männer, doch täuschen Sie sich nicht. Wir erwarten, dass Sie das in Sie gesetzte Vertrauen …«
»Wollen Sie mir den Fall entziehen?«
»Wir wollen schnelle Ergebnisse. Die Zeit läuft. Ich bin selbst aktiv geworden und habe Ihnen den Weg freigeschaufelt.«
Mangold verstand nicht.
»Nun, ich habe die Berliner Kollegen einen nach dem anderen zur Sau gemacht, weil es keine vernünftige Zeugenbefragung gab«, sagte Carolus. »Ich habe sie alle antreten lassen. Sie verstehen, Mangold? Wenn man sich so aus dem Fenster lehnt, darf man sich keine Blöße leisten. Sonst wird man aufgefressen.«
Eine halbe Stunde später war Mangold wieder auf dem Weg ins Büro der Sonderkommission.
Seltsam, dass niemand nach den Externen, nach Kaja, Hensen und Sienhaupt, gefragt hatte. Man wollte Ergebnisse, egal wie. Nach der Mittagspause musste er klare Aufträge vergeben.
Mit Kaja wollte er sich diesen Nicolai anschauen. Binkel kam später.
Aus ihren Personalunterlagen wusste er, dass Kaja einige Trainingseinheiten im so genannten Facescanning
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