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Bluterde

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Titel: Bluterde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Praxmayer
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sie eine Interpol-Kontaktadresse – für den Notfall. Aber er schien erst beruhigt, als sie seinem Drängen nachgab und versprach, sich regelmäßig per eMail bei ihm zu melden. Auch wenn sie sein gluckenhaftes Verhalten etwas irritierend fand, wusste sie, was sie ihrem Sponsor schuldig war. Wenn Messner auf laufende eMail-Berichterstattung bestand, dann sollte er sie haben. Während Lea über das Gespräch mit Messner sinnierte, kam ihr wieder Dagmars Kommentar in den Sinn. Hatte ihre Chefin recht und Messner sah in ihr mehr als nur die Projektleiterin? Hoffentlich nicht, dachte sie, das könnte Dinge unnötig verkomplizieren.
    Wie überhaupt die Sache mit den Männern in Leas Leben kompliziert war. Desillusioniert von der Ehe ihrer Eltern, wollte sie alles anders, besser machen. Prompt erlitt sie Schiffbruch mit ihren ersten großen und kleinen Lieben. Die Trennungen hatten sie zunehmend verunsichert, sie begann, den Schmerz danach zu fürchten. Die starren Gesichter der Männer, die viel Kraft darauf verwandten, Empfindungen nicht nach außen dringen zu lassen. Die Sprachlosigkeit. Die Unverbindlichkeit. Bis sie im Laufe der Zeit verstanden hatte, dass sie ohne Erwartungen besser fuhr. Je weniger sie einen Mann wollte, umso mehr konnte sie ihn haben. Wie beispielsweise Jens. Er war attraktiv, amüsant, ein guter Liebhaber. Er erfüllte ihre Bedürfnisse, aber nicht ihr Herz. Während sie darüber nachdachte, ihre Affäre auslaufen zu lassen, und sich rar machte, sprach er plötzlich von einer gemeinsamen Wohnung.
    Mittlerweile war das heftige Wackeln wieder in ein gleichmäßiges Vibrieren übergegangen. Die Monotonie machte sie schläfrig. Sie trank ihr Wasser aus, stellte den Sitz nach hinten und drehte sich zum Fenster. Im Halbschlaf nahm sie wahr, dass die Stewardessen mit dem Servieren begannen. Ein intensiver Geruch nach Brokkoli stieg ihr in die Nase. Vielleicht sollte sie doch noch etwas essen? Sie richtete sich auf und schielte in die vorderen Reihen. Besonders verführerisch sah das Angebot auf den Tabletts nicht aus, aber es waren neben überbackenem Brokkoli auch Obst, Käse und ein Stück Vollkornbrot dabei. Wer weiß, dachte sie, wann ich das nächste Mal vernünftiges Brot bekomme. Nach dem Essen bestellte sie ein zweites Glas Rotwein, um ihre Nervosität zu dämpfen. Ihr lag nicht nur der Imbiss, sondern auch der Anschlussflug nach Bukavu schwer im Magen. Femi hatte ihn vor Ort organisiert – Linienmaschinen flogen diese Destination schon längst nicht mehr an. Lea sollte sich am Flughafen in Kigali mit seinem Freund Wolodja im Bourbon Café treffen. Er würde sie mit seiner Let 410 über die Grenze fliegen. Mit einem russischen Buschpiloten über die Grenze? Sie konnte sich Angenehmeres vorstellen. Aber es gab keine Alternative, und Femi hatte ihr versichert, dass Wolodja einer der Besten war. Um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, flog der Pilot Trekking-Touristen durch Zentralafrika und übernahm gelegentlich Transportflüge für Firmen. Lea versuchte, positiv zu denken. Immerhin würde dieser Wolodja dafür sorgen, dass ihr die kongolesischen Beamten bei der Einreise keine Schwierigkeiten machen würden. Zumindest hatte ihr Femi das versprochen. Der schwere Rotwein zeigte seine Wirkung und Lea entspannte sich. Sie glitt in den Schlaf und wachte erst wieder auf, als die Maschine holpernd auf der Landebahn aufsetzte. Als sie aus dem Flugzeug stieg, war sie von der angenehmen Temperatur in Kigali überrascht. Lea stopfte die Goretex-Jacke in ihre Umhängetasche und marschierte gemeinsam mit den anderen Passagieren über das Rollfeld zur Empfangshalle. Das Gepäck kam schnell und auch die Abfertigung verlief ohne Probleme. Sie war in Ruanda! Um sie herum herrschte hektische Betriebsamkeit. Touristen, Einheimische, Geschäftsleute, die ameisengleich an ihr vorbeiliefen. Jeder schien zu wissen, wohin ihn sein Weg führte. Nur sie nicht. Ihr Blick schweifte auf der Suche nach Hinweisschildern durch die Halle. Es gab weder solche noch andere Anzeigetafeln. Wie fanden die Leute hier den richtigen Flugsteig? Oder die Information? Sie suchte nach einer Treppe, denn von Femi wusste sie, dass das Bourbon Café im zweiten Stock lag. Sie marschierte entlang der schwarzen Sitzreihen aus Kunstleder, bis sie am Ende des Wartebereichs einen Treppenaufgang erspähte. Der große Rucksack lastete mittlerweile wie ein Sack Zement auf ihren Schultern. Sie stieg langsam die Treppe hoch, Stufe für Stufe. Um die

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