hatte eigentlich wenig Lust, über die bevorstehende Reise zu sprechen.
»Es geht in den Kongo. Zum Gorilla-Trekking.«
Die Augen des Verkäufers wurden groß, seine buschigen Augenbrauen schossen nach oben. Sein Mienenspiel sollte wohl Anerkennung ausdrücken, bei ihr rief es nur ein nervöses Gefühl in der Magengegend und juckende Hände hervor. Sie ignorierte ihre aufkeimende Angst, atmete tief durch und konzentrierte sich auf die bunte Wand. Eine Stunde später verließ sie den Laden mit einem vollgepackten Rucksack. Zumindest technisch war sie jetzt für die Herausforderung Kongo gewappnet.
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5. KAPITEL
Gorilla Talk 20
Eine Reise ins »dunkle Herz Afrikas«
… haben uns die Vorkommnisse in den letzten Wochen dazu veranlasst, unser Team im Kongo zu besuchen. Ich will mir selbst vor Ort ein Bild machen, wie wir von der Wildlife Protection Society Deutschland unsere Kollegen noch besser unterstützen können. Eine Reihe von Impfungen (unangenehm!) liegt hinter mir, das Visum ist beantragt (teuer!) und der Rucksack steht gepackt in der Ecke (schwer!). Wenn alles nach Plan läuft, werde ich am kommenden Dienstag in den Flieger steigen und über Kigali (Ruanda) nach Bukavu fliegen. Es wird bestimmt ein spannender Trip! Ich hoffe, dass ich trotz der Unruhen die Möglichkeit haben werde, einige unserer Gorillagruppen im Kahuzi-Biega-Nationalpark zu besuchen …
»Danke, dass du mich morgen zum Flughafen bringst!«
Lea warf ihre Taschen und den Rucksack neben das frisch bezogene Bett in Jasmins Gästezimmer.
»Kein Thema. Sind ja nur zehn Minuten von hier. Ich muss morgen sowieso früh im Labor sein.«
Lea wusste, dass es eine Ausrede war. Jasmin hasste es, früh aufzustehen. Trotzdem war sie der Freundin für die Gesellschaft an ihrem letzten Tag in der Zivilisation dankbar. Sie hatten in ihrem Lieblingsrestaurant, dem Schwarzen Raben, zu Abend gegessen. Ihre Reise in den Kongo war Gesprächsthema Nummer eins. Wohlweislich hatte Lea ihrer Freundin einige Details verschwiegen, denn was sie jetzt nicht brauchen konnte, waren besorgte Blicke und gutgemeinte Ratschläge. Sie hatte auch so schon genug Angst. Seit sie entschieden hatte, die Reise anzutreten, war die warnende Stimme ihrer Mutter wieder zu ihrem ständigen Begleiter geworden. Ratschläge zu Hygiene, Krankheitsquellen, der Vermeidung von Infektionen und anderen potenziell tödlichen Gefahren tönten ungefragt in ihrem Kopf. Und sie hatte noch nicht einmal afrikanischen Boden betreten …
Jasmin kam aus der Küche zurück und schwenkte eine Flasche Rotwein.
»Absacker? Wer weiß, wann du das nächste Mal ordentlichen Rotwein bekommst.«
Sie kicherte leicht beschwipst. Lea winkte ab.
»Ich bin total müde und wir müssen morgen früh raus.«
»Sei nicht immer so vernünftig!«, stöhnte Jasmin.
»Aber wahrscheinlich hast du recht. Schlaf gut!«
Leicht schwankend drehte sie sich um und verließ das Zimmer.
Lea sah sich um. Das Bett sah aus wie ein frisches Sahne-Baiser und nahm einen Großteil des Raumes ein. Sie hatte in der Nacht zuvor kaum geschlafen und fühlte sich magisch von den weichen Kissen angezogen. Doch dann nahm sie ihren Laptop aus der Tasche und machte es sich auf dem Teppich bequem. Abwesend blickte sie auf den Rechner. Sie lehnte sich gegen das Bett, und als Milla endlich auf dem Bildschirm auftauchte, konnte sie ihre Augen kaum mehr offen halten. Sie rief ihr Postfach auf. Was sie dort erwartete, ließ sie ihre Müdigkeit im Bruchteil einer Sekunde vergessen.
An:
[email protected] Von: Aletheia
Hallo Lea,
ist das wirklich Ihr Ernst? Ziemlich gefährlich, was Sie da vorhaben. Erwähnte ich eigentlich schon Avomex?
A.
Nicht schon wieder … Langsam ging Lea die anonyme Schreiberin auf die Nerven. Was sollte sie mit Avomex anfangen? War das eine Firma? Eine Organisation? Eigentlich klang es wie ein Medikament.
Zum Teufel damit! Lea klickte auf »weiterleiten« und gab Ian McAllisters eMail-Adresse ein. Vielleicht konnte er etwas mit Aletheia und ihren kryptischen Aussagen anfangen. Peter Messner kam ihr in den Sinn. Wenn jemand Hinz und Kunz kannte, dann der Marketingvorstand von Movia. Was soll’s, dachte sie, vielleicht sagt ihm der Name was. Wäre nicht das erste Mal, dass er Rat weiß. Kurz entschlossen schickte sie ihm einen Zweizeiler, ohne auf die genauen Hintergründe ihrer Anfrage einzugehen.
Der Taxifahrer kurvte in halsbrecherischem Tempo durch Abidjan und hielt abrupt in der Avenue Dr. Crozet.