Bluterde
eine ausladende Handbewegung.
»Diese Häuser werden für treue Regime-Anhänger, Politiker und Militärs, gebaut. Nicht wenige von denen verdienen ordentlich am Coltan-Handel mit.«
Lea kramte ihre Kamera aus der Umhängetasche.
»Das würde ich besser sein lassen! Mit so etwas handelst du dir hier schnell Ärger ein.«
»Aber ich will doch nur die Gegend fotografieren.«
»Und ehe du dichs versiehst, will jemand von dir eine offizielle Erlaubnis dafür sehen.«
»Fürs Fotografieren von Häusern?«
»Du könntest eine Spionin sein.«
»Das ist doch ein Scherz!«, gab Lea lachend zurück.
»Halte dich einfach an das, was ich sage! Dieses Land hat seine eigenen Gesetze. Und ich hab keine Lust, deinen Babysitter zu spielen.«
Ihr lag eine spitze Erwiderung auf der Zunge, aber sie wollte die angespannte Stimmung nicht noch weiter anheizen. Femi war ganz offensichtlich nicht begeistert von ihrem Besuch. Aber er würde sich in den nächsten Wochen mit ihr arrangieren müssen. Sie hatten die Kuppe des Hügels erreicht und fuhren auf einen Kreisverkehr zu, dessen Zentrum ein karger, mit gelbem Sand aufgeschütteter Platz bildete. Lea drehte sich um. Unter ihr lag zwischen grünen Hügeln der Kivu-See in der Sonne. Femi bog vom Kreisverkehr scharf rechts in eine Seitenstraße ab und parkte den Landrover vor einer Snack-Bar.
»Das Rendezvous hat anständigen Kaffee. Sicher kein Vergleich mit einem italienischen Cappuccino, aber immer noch besser als die Plörre, die du im Hotel bekommst.«
Das Innere des kleinen Cafés war hell und freundlich. Eine Frau in kurzem Jeansrock und Stilettos begrüßte sie mit charmantem Lächeln. Zwei kongolesische Mädchen, jung und schlaksig, lümmelten in der Ecke und unterhielten sich, während sie an ihrer Fanta schlürften. An den Wänden hingen Bilder und traditionelle Batik-Arbeiten, ein Glastresen, vollgestopft mit Croissants, Kuchen und Keksen, trennte den Arbeitsbereich ab. Femi ließ sich auf ein Sofa vor dem großen Fenster fallen.
»Das ist meine Zuflucht – wenn ich mal Pause vom Kongo brauche.«
Lea musste ihm recht geben, das kleine Lokal hätte auch irgendwo in Berlin sein können.
»Wann treffen wir die anderen im Büro?«
»So gegen elf.«
»Gut. Dann haben wir ja noch etwas Zeit. Ich möchte nämlich etwas mit dir besprechen.«
Femi richtete sich im Sofa auf und sah sie amüsiert an.
»Ich dachte, du wolltest uns deine großen Pläne erst im Meeting offenbaren?«
»Es geht nicht um das Projekt, sondern um uns beide.«
Femis Mund nahm wieder diesen spöttischen Ausdruck an.
»Jetzt wird es spannend!«
»Hör bitte auf, mich zu provozieren! Kapierst du nicht, dass ich hier bin, um zu helfen?«
»Was ist dein Plan? In den Dschungel gehen und Crocodile um ein Meeting bitten?«
»Sehr witzig! Natürlich nicht! Aber vielleicht können wir etwas erreichen, wenn wir unsere Kräfte bündeln.«
»Du meinst, so etwas wie eine Kooperation zwischen deinem Interpol-Kontakt und den korrupten Polizisten und Soldaten hier?«
Femi lehnte sich wieder zurück und musterte sie aus halb geschlossenen Lidern. Sein Blick glitt über ihre Schuhe, ihre Trekkinghose und blieb irgendwo hinter ihr an der Wand hängen. Lea konnte nicht mit Bestimmtheit sagen, ob er die süffisante Miene bewusst zur Schau trug, um sie zu provozieren, oder ob sein Gesicht nur widerspiegelte, was er empfand. Beide Optionen waren wenig verlockend.
»Femi?«
»Hm?«
»Hast du mir zugehört?«
»Was hast du gesagt?«
»Ich habe dich gefragt, was dein Problem ist?«
»Womit?«
»Mit mir!?«
Femi stöhnte auf.
»Drei Gorillas und einer meiner Männer sind tot, mir kleben die Rebellen am Arsch und unser Projekt steht auf der Kippe. Lass mal überlegen, hab ich noch etwas vergessen?«
Er machte eine kurze Pause und sah theatralisch zur Zimmerdecke.
»Ach ja: Ich lebe unglücklicherweise in einem Land, in dem nur sehr wenige daran interessiert sind, die Unruhen zu beenden. Weil Frieden oder Demokratie für viele einflussreiche Kongolesen und Ausländer nur das Ende der guten Geschäfte bedeuten. Also, was erwartest du?«
Lea gab auf. Sie spürte, dass es im Moment sinnlos war, mit ihm zu debattieren.
»Du hast recht, es sind schwierige Zeiten. Ich werde versuchen, deinen Zynismus nicht persönlich zu nehmen.«
Nachdem sie ihren Kaffee ausgetrunken hatten, ging Femi hinüber zum Glastresen, um zu bezahlen. Die junge Frau auf den schwindelerregenden Absätzen stöckelte auf ihn zu. Sie legte
Weitere Kostenlose Bücher