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Bluterde

Bluterde

Titel: Bluterde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Praxmayer
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wieder zurück, okay?«
    Er legte den Kopf schief und musterte sie wie ein seltsames Insekt.
    »Ehrenwort!«, legte Lea nach und war erleichtert, als sie ein zögerliches Lächeln auf seinen Lippen sah. Zufrieden schulterte sie ihren Rucksack und stapfte auf das dichte Grün zu. Adolphe überholte sie mit langen Schritten.
    »Ich gehe vor. Ist sicherer.«
    Der Regenwald umfing sie mit gespenstischer Stille. Nur das Schmatzen und Knirschen ihrer eigenen Schritte war zu hören.
    Es war dämmerig. Vereinzelt malte die Sonne helle Kringel auf den feuchten Boden. Adolphe ging zügig und Lea hatte Mühe, Schritt zu halten. Der Wald kam ihr fremd vor. War sie wirklich erst gestern hier gewesen? Ein Bienenfresser flatterte aufgeregt aus dem Gebüsch. Seine rote Kehle leuchtete hell im Schatten der Urwaldriesen. Er stieg höher und höher, bis ihn die dunklen Baumkronen verschluckt hatten. Der Pfad wurde unwegsamer und Adolphe hatte alle Mühe, die überschießenden Kletternesseln und Baumschösslinge mit der Machete in Schach zu halten.
    »Adolphe! Können wir eine kurze Pause machen?«, rief Lea außer Atem von hinten. Sie waren noch keine Stunde unterwegs, aber das verschärfte Marschtempo hatte sie müde und durstig gemacht. Der Ranger blickte auf seine Uhr und nickte.
    »Fünf Minuten.«
    »Haben wir es eilig?«, fragte Lea halb amüsiert, halb verwundert.
    »Es wird hier schnell dunkel«, antwortete Adolphe eine Spur zu laut. Er hat Angst, dachte Lea. Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn und holte ihre Wasserflasche aus dem Rucksack. Beim Trinken inspizierte sie ihre Umgebung. Mit Femi und Omari an ihrer Seite hatte sie sich deutlich sicherer gefühlt.
    »Wir müssen weiter, Madame Lea!«, drängte Adolphe sie zum Aufbruch.
    »Gehen wir wieder zu der Lichtung?«, fragte sie, um noch etwas Zeit für ihre geschundenen Waden zu gewinnen.
    »Wir werden sie dort in der Nähe suchen«, antwortete er und zwängte sich durch das Gestrüpp. Lea sah ein, dass es zwecklos war, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Er wollte diese unangenehme Aufgabe offensichtlich schnell hinter sich bringen.
    »Habe ich mir selbst eingebrockt«, murmelte sie, als sie über einen Ast am Boden stieg. Lea wäre am liebsten umgekehrt, aber diesen Triumph wollte sie Femi nicht gönnen.
    Sie fuhr herum.
    »Was war das?«
    Aus dem dichten Filz hinter ihr drang ein Knacken.
    »Adolphe?«
    »Ja, Madame Lea?«
    »Hast du das auch gehört?«
    »Was?«
    »Dieses Geräusch!«
    »Vielleicht ein Waldschwein. Die können sehr laut sein.«
    Der Ranger ging unbeeindruckt weiter. Lea drehte sich noch ein paar Mal um. Sosehr sie ihre Augen auch anstrengte, zwischen den Bäumen war nichts zu sehen. Ein unangenehmes Kribbeln lief ihr über den Nacken. Sie war hinter Adolphe zurückgefallen und bemühte sich, ihn einzuholen. In ihren Ohren klang sie selbst wie ein großes Tier, das geräuschvoll durch den Dschungel trampelte. Ein ätzendes Gemisch aus Sonnencreme und Schweiß lief ihr in die Augen und vernebelte die Sicht.
    Plötzlich blieb Adolphe abrupt stehen.
    »Gorillas?«, fragte Lea, während sie versuchte, die Creme aus ihren Augen zu wischen. Adolphe deutete auf die Lichtung, die sich vor ihnen öffnete.
    »Nein. Aber irgendetwas ist da vorne.«
    Sein Atem ging schnell.
    Er bedeutete ihr zu warten und machte ein paar vorsichtige Schritte auf die Lichtung zu, die Kalaschnikow im Anschlag. Lea fühlte ihr Herz bis zum Hals schlagen, Schweiß rann ihr in Bächen über das Gesicht. Sie duckte sich hinter einem Baum.
    »Es ist bestimmt nur ein Tier«, beruhigte sie sich selbst. Adolphe bewegte sich in Zeitlupentempo am Rande der sonnigen Lichtung entlang. In der Mitte blieb er stehen, drehte sich langsam einmal um die eigene Achse und suchte mit schmalen Augen den Waldrand ab.
    Alles blieb ruhig.
    Schließlich hob der Ranger seinen rechten Arm und gab ihr das Zeichen nachzurücken. Lea kam gerade hinter dem Baum hervor, als plötzlich ein ohrenbetäubender Knall die Stille zerriss. Irgendwo splitterte Holz, Rinde flog in Fetzen durch die Luft. Es regnete Blätter.
    Adolphe brüllte und warf sich auf den Boden. Jemand schrie. Es dauerte ein paar Sekunden, bis Lea verstand, dass es ihre eigene Stimme war, die grell in ihren Ohren klang.
    Lauf weg, schrillte es in ihrem Gehirn.
    Aber ihre Füße hatten Wurzeln geschlagen. Bewegungsunfähig starrte sie auf die Lichtung. Dorthin, wo eben noch Adolphe gestanden hatte. Ein unangenehmer, säuerlicher Geruch kroch in

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