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Bluterde

Bluterde

Titel: Bluterde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Praxmayer
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Hilfe schreien, als erste Erinnerungsfetzen langsam in ihr Gedächtnis sickerten. Schüsse. Brüllende Männer. Ein Schlag auf den Kopf.
    »Adolphe?«, flüsterte sie in die Dunkelheit. Keine Antwort.
    Wo war er? War er tot?
    Sie erstickte fast vor Angst. Tränen strömten über ihre Wangen und durchweichten ihre Augenbinde. Verdammt, reiß dich zusammen! Heulen bringt niemanden weiter! Sie atmete ein paar Mal tief durch und versuchte, sich zu orientieren. Es war dunkel. War es dunkel? Entfernt war ein leises Brummen zu hören. Es stank nach Benzin. Oder war das Motoröl? Wenn sie nur etwas sehen könnte. Sie stemmte die Fersen in den Boden und schob sich wie eine Raupe ein Stück nach hinten. Nichts. Zentimeter für Zentimeter kämpfte sie sich vorwärts, bis eine Wand sie stoppte. Wenigstens konnte sie sich jetzt anlehnen. Sie hatte Durst. Ihre Handflächen juckten unerträglich. Wie lange war sie schon hier? Ein knarrendes Geräusch ließ sie aufmerken. Automatisch drehte sie den Kopf. War da eine Tür? Schwere Schritte hallten durch den Raum. Jemand kam auf sie zu. Sie rutschte langsam an der Wand nach unten und stellte sich tot. Drei oder vier Männer, sie war sich nicht sicher. Lea biss sich auf die Lippen, um nicht laut aufzuschreien. Sie standen jetzt direkt vor ihr und unterhielten sich. Eckiges Französisch. Jemand fasste sie um die Taille, wuchtete sie hoch und marschierte los. Wie ein Zementsack hing sie über der Schulter eines Mannes, der nach abgestandenem Schweiß roch. Sofort wurde sie wieder von einer Welle aus Übelkeit und Kopfschmerz überschwemmt. Nur mit Mühe gelang es ihr, stillzuhalten. Die Luft wurde frischer, sie spürte Wind in ihrem Gesicht. Sie mussten das Gebäude verlassen haben. Es war laut. Was war das nur für ein Lärm? Kam ihr irgendwie bekannt vor. Die Erkenntnis traf sie wie ein Blitzschlag:
    Ein Helikopter!
    Die Entführer wollten sie wegschaffen!
    Sie trat um sich wie ein tollwütiges Pferd, ihre Fäuste hämmerten auf den Rücken des Mannes ein. So laut sie konnte, schrie sie um Hilfe. Als Antwort kam nur ein kehliges Lachen. Jemand riss ihren Kopf brutal an den Haaren nach oben und brüllte sie an. Der Wind war jetzt deutlich zu spüren. Die Rotorblätter. Wieso war der Motor überhaupt schon an? Noch bevor sie darüber nachdenken konnte, knallte sie hart auf den Boden. Zwei Hände griffen unter ihre Arme, schleiften sie rückwärts und nahmen ihr die Fußfesseln ab. Kurz darauf spürte Lea ein kräftiges Vibrieren, das ihr durch Mark und Bein ging. Der Heli startete. Es war vorbei. Niemand würde sie jetzt noch finden.
    Ihr Brustkorb wurde eng, sie konnte vor Angst kaum mehr atmen. Jemand machte sich an ihrem Kopf zu schaffen. Sie wollte versuchen, sich den Händen zu entziehen, als plötzlich Licht auf ihre Netzhaut traf. Geblendet schloss sie die Augen. Es dauerte einige Sekunden, bis sie ihre Lider vorsichtig öffnen konnte. Gegenüber, auf prall gefüllten Säcken, saßen drei Männer und starrten sie an. Sie musterte die Typen. Zwei von ihnen trugen Muskelshirts, der Mittlere eine beige Tarnjacke. Ihm fehlte ein Schneidezahn, was ihm zusammen mit der breiten Nase das Aussehen eines Preisboxers verlieh. Seine kleinen Augen hatten sich am Ausschnitt ihres T-Shirts festgesaugt, zwischen seinen Lippen war die Spitze seiner Zunge zu sehen. Lea dachte an einen Waran, der Witterung aufgenommen hatte. Ihr wurde kalt. Mit einer trägen Bewegung drehte sich der Mann nach hinten und förderte eine Wasserflasche zutage, die er ihr in den Schoß warf. Gierig griff sie danach. Endlich! Sie war am Verdursten. Hektisch versuchte sie, die Flasche zu öffnen, aber ihre Fesseln machten diesen alltäglichen Handgriff kompliziert. Die drei Männer lachten dreckig, als sie sich die Flasche zwischen die Beine klemmte, um die Hände zum Aufschrauben des Verschlusses frei zu haben. Das Wasser hatte Badewannentemperatur, aber Lea störte das nicht. Sie ließ das Nass in ihre Kehle rinnen, schraubte die noch halbvolle Plastikflasche mühsam wieder zu und hielt sie fest an sich gedrückt. Sie war in einem Albtraum gelandet. Wie lange waren sie jetzt schon unterwegs? Erschöpft lehnte sie sich zurück und schloss die Augen. Lea schreckte erst wieder aus dem Schlaf hoch, als der Hubschrauber hart auf dem Boden aufsetzte. Verwirrt blickte sie sich um. Die drei waren immer noch da. Der Mann in der Tarnjacke riss sie unsanft hoch. Sie war unsicher auf ihren Beinen, die vom langen Sitzen ganz steif

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