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Bluternte: Thriller

Bluternte: Thriller

Titel: Bluternte: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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Grab hockten, dem Grab, das Joe letzte Woche so interessant gefunden hatte.
    »Mit wem hast du da geredet?«, wollte er wissen.
    Joe machte die Augen weit auf und schaute in den Kirchhof hinunter. Er blickte nach links und nach rechts, dann sah er wieder Tom an. »Da ist keiner«, verkündete er mit einem kleinen Achselzucken
    »Ich hab’ dich doch gehört«, beharrte Tom. Er zeigte auf das Küchenfenster. »Ich hab’ dich von da aus gesehen. Du hast ausgesehen, als würdest du mit jemandem reden.«
    Wieder wandte Joe sich dem Kirchhof zu. »Ich sehe niemanden.«
    Tom gab es auf. Wenn sein Bruder einen Fantasiefreund haben wollte, wie kam er dazu, sich deswegen den Kopf zu zerbrechen? »Wollen wir Torwart und Stürmer spielen?«
    Joe nickte. »Okay.« Dann verzogen sich seine Lippen zu einem verschlagenen kleinen Lächeln. »Wo ist denn der Ball?«
    Gute Frage. Der Ball war verschwunden.
    »Mist«, brummte Tom, zum Teil, weil er wusste, dass sie keinen zweiten Ball hatten. Und zum Teil, weil ihnen jetzt nichts anderes übrig blieb, als auf den Friedhof zu gehen. Seit Jake Knowles und seine Gang sie bedroht hatten, waren sie nicht mehr bei den Gräbern gewesen. »Komm«, sagte er widerstrebend. »Wir müssen ihn suchen.«
    Tom sprang von der Mauer. Weit konnte der Ball ja nicht sein.
    Nun ja, offensichtlich kannte er seine eigene Schusskraft nicht, denn der Ball war nirgends zu sehen. Tom ging voraus, und Joe folgte ihm und sang leise vor sich hin.
    »Tom, Joe! Tee ist fertig!«
    »Mist!«, knurrte Tom abermals und beschleunigte seine Schritte. Jetzt blieben ihnen weniger als fünf Minuten, bevor ihre Mutter sauer wurde. »Hast du denn nicht gesehen, wo das Ding hingeflogen ist?«, fragte er Joe.
    »Tom, Joe!«
    Tom blieb stehen. Er drehte sich um und schaute zu der Mauer zurück, über die sie gerade geklettert waren. Sie war zwanzig Meter entfernt. Ihre Mutter stand bestimmt an der Hintertür. Wieso also kam ihre Stimme aus einem kleinen Lorbeerdickicht in der entgegengesetzten Richtung?
    Tom starrte die Büsche an. Sie schienen sich nicht zu bewegen.
    »Tom! Wo steckst du?«
    Das war eindeutig Mum. Ihre Stimme kam aus der richtigen Richtung, klang hundertprozentig normal und hörte sich allmählich ziemlich genervt an.
    »Tom.« Eine leisere, tiefere Stimme, die trotzdem ganz wie seine Mum klang.
    »Hast du das gehört?« Tom fuhr zu seinem Bruder herum. Joe beobachtete die Lorbeerbüsche. »Joe, ist da jemand in dem Gebüsch? Jemand, der so tut, als wäre er Mum?«
    »Tom, Joe, kommt sofort her!«
    »Wir kommen schon«, schrie Tom. Ohne nachzudenken packte er Joes Hand und zerrte ihn zur Mauer zurück. Mit einem Satz sprang er hinauf und drehte sich um, bereit, laut aufzuschreien, denn er wusste ganz einfach, dass ihnen irgendetwas Grauenvolles gefolgt war und drauf und dran war, sich auf sie zu stürzen.
    Der Friedhof war leer. Ohne hinabzusehen, streckte Tom Joe die Hand hin und zog seinen Bruder hinauf.
    »Ach, nett, dass ihr auch mal aufkreuzt. Jetzt kommt und wascht euch die Hände.«
    Tom riskierte einen schnellen Blick zum Haus hinüber. Stimmt, das war Mum. Millie klammerte sich an ihre Knie. Sie bedachte die beiden mit einem gereizten Kopfschütteln und ging wieder ins Haus. Tom merkte, dass sein Atem allmählich langsamer ging. Es waren Echos gewesen, das war alles. Die alten Grabsteine ließen Echos irgendwie ganz komisch klingen.
    Als Tom Joe auf der anderen Seite der Mauer herunterhalf, sah er seinen Bruder von Neuem lächeln. Er drehte sich um. Dort lag der Ball. Mitten im Garten.
    »Wie kommt der denn hierher?«
    Joe sah ihn nicht an, sondern schaute unverwandt zum Küchenfenster hinüber. Tom tat es ihm nach und rechnete damit, Millie vom Küchentresen her winken zu sehen.
    Großer Gott, das war nicht Millies Gesicht. Wer zum Teufel war da in der Küche? Es sah ein bisschen so aus wie ein Kind mit langen Haaren, nur war irgendetwas an diesem Gesicht total verkehrt. Dann begriff Tom, dass er ein Spiegelbild anstarrte, dass das Kind – das Mädchen –, das er sehen konnte, direkt hinter ihm war und ihn und Joe über die Mauer hinweg anstarrte. Er fuhr herum. Nichts. Wieder starrte er auf das Küchenfenster. Das Spiegelbild war verschwunden.
    Tom ging durch den Garten und hob den Ball auf. Er hatte keine Lust mehr, Torwart und Stürmer zu spielen. Er wollte hineingehen und die Hintertür zumachen. Genau das tat er auch, nahm sogar den Schlüssel vom Haken und drehte ihn herum. Einen Augenblick

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