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Bluternte: Thriller

Bluternte: Thriller

Titel: Bluternte: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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blieb er im Flur stehen, nur um wieder zu Atem zu kommen, und dachte über das nach, was gerade passiert war.
    Das war ja vielleicht eine sonderbare Fantasiefreundin, die sein Bruder sich da zugelegt hatte, wenn Tom sie ebenfalls sehen konnte.

9
     
18. September
    »Kann ich Sie mal was fragen?«, erkundigte sich Gillian.
    »Selbstverständlich«, antwortete Evi.
    »Ich hab’ da eine Frau kennengelernt. Sie ist neu im Ort, aber ich hab’ ziemlich viel mit ihr geredet, und sie war ganz überrascht, dass ich nie eine Beerdigung für Hayley gehabt habe. Sie sagt, Beerdigungen – oder, wenn keine Leiche da ist, ein Gedenkgottesdienst – geben den Leuten die Möglichkeit, zu trauern, sich richtig zu verabschieden.«
    »Nun, da hat sie recht«, meinte Evi vorsichtig. »Normalerweise ist ein Begräbnis ein wichtiger Teil des Trauerprozesses.«
    »Aber so was hatte ich nie.« Gillian beugte sich in ihrem Sessel vor. »Und vielleicht habe ich mich ja deshalb nicht davon lösen können, vielleicht bin ich ja deshalb immer noch … Also, diese Frau, Alice, die hat gesagt, ich soll mal darüber nachdenken, einen Gedenkgottesdienst für Hayley abzuhalten. Sie hat gesagt, ich soll mal mit dem neuen Vikar darüber reden. Was meinen Sie?«
    »Ich denke, das könnte eine sehr gute Idee sein«. erwiderte Evi. »Aber ich denke auch, dass es sehr wichtig ist, den richtigen Zeitpunkt dafür zu finden. Das wäre ein sehr emotionales Erlebnis für Sie. Sie haben gerade erst die ersten Schritte auf dem Weg der Besserung gemacht. Wir müssen aufpassen, dass wir nichts tun, was Sie wieder zurückwirft.«
    Gillian nickte bedächtig, doch die Enttäuschung darüber, dass Evi ihren Plan nicht sofort gutgeheißen hatte, stand ihr ins Gesicht geschrieben.
    »Wir sind noch ganz am Anfang«, fuhr Evi rasch fort. »Ich glaube, es wäre gut, über einen Gedenkgottesdienst nachzudenken, aber vielleicht sollte man da nichts überstürzen. Wir könnten nächste Woche noch mal darüber sprechen.«
    Gillian seufzte und zuckte die schmalen Schultern. »Okay«, stimmte sie zu, doch sie sah ernüchtert aus.
    »Und Sie haben eine neue Freundin gefunden?«, erkundigte sich Evi. »Alice, sagen Sie?«
    Gillian nickte, und ihre Miene hellte sich ein wenig auf. »Sie und ihre Familie haben sich gleich neben der alten Kirche ein neues Haus gebaut«, sagte sie. »Ich glaube, die Leute wollten das eigentlich nicht, aber sie scheint echt nett zu sein. Sie will mich malen. Sie sagt, ich hätte ein bemerkenswertes Gesicht.«
    Evi nickte. »Das stimmt auch«, meinte sie lächelnd. Seit ihrer ersten Sitzung war Gillians Haut etwas besser geworden, und ohne die Pickel war es leichter, die hohen Wangenknochen zu bemerken, das markante Kinn und die kleine Nase. Bestimmt war sie ein bildhübsches Mädchen gewesen, bevor die Trauer ihr Innerstes nach außen gekehrt hatte. »Und, werden Sie ihr Modell sitzen?«, erkundigte sie sich.
    Gillians Gesicht schien sich schlagartig zu verdüstern. »Sie hat drei Kinder«, sagte sie. »Die beiden Jungen stören mich nicht, aber da ist auch ein kleines Mädchen. Fast genau so alt, wie Hayley damals war.«
    »Das ist bestimmt sehr schwer.«
    »Sie hat blonde Locken.« Gillian starrte auf ihre Hände. »Manchmal, wenn ich sie von hinten sehe oder sie in einem anderen Zimmer höre, dann fühlt es sich an, als wäre Hayley wieder da. Es ist, als wäre da eine Stimme in meinem Kopf, die sagt: ›Sie gehört dir, nimm sie dir, hol sie dir, jetzt gleich.‹ Ich muss mich richtig zurückhalten, sie nicht zu schnappen und aus dem Haus zu rennen.«
    Evi merkte, dass sie sehr still saß. Sie streckte die Hand aus und griff nach einem Stift. »Glauben Sie, Sie würden so etwas tun?«, erkundigte sie sich.
    »Was? Millie mitnehmen?«
    »Sie haben gesagt, Sie müssten sich zurückhalten«, sagte Evi ruhig. »Wie schwer fällt es Ihnen, sich zurückzuhalten?«
    Gillian schüttelte den Kopf. »Das würde ich auf keinen Fall tun«, beteuerte sie. »Das würde ich Alice nicht antun. Ich weiß doch, wie das ist, nicht zu wissen, wo das eigene Kind ist. Selbst wenn es nur ein paar Minuten dauert, ein Teil von einem stirbt dabei einfach. Es ist nur, Millie zu sehen, manchmal ist das, als …«
    »Wie ist das?«, fragte Evi.
    »Es ist, als wäre Hayley zurückgekommen.«

10
     
19. September
    Von dem Cottage war nicht viel mehr übrig als ein paar geschwärzte Steinhaufen. Es hatte am Ende einer kurzen Kopfsteinpflastergasse gestanden, das erste Haus,

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