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Bluternte: Thriller

Bluternte: Thriller

Titel: Bluternte: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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von zehn Kilometern von hier angebaut oder gezüchtet worden«, sagte Tobias. »Das Wild habe ich selbst geschossen, obwohl meine Augen nicht mehr das sind, was sie mal waren. Neunzig Prozent dessen, was ich in meinem ganzen Leben gegessen habe, stammt von diesem Moor. Eine ganze Menge Leute hier im Ort können dasselbe behaupten. Die Renshaws sind seit Hunderten von Jahren autark.«
    »Dann mögen Sie also keinen Fisch?«, fragte Harry.
    Tobias’ Brauen klommen empor. »Ganz im Gegenteil, wir besitzen einen Forellenbach am Grund des Tals.« Mit einer Geste deutete er auf das Buffet. »Ich kann die Forellenpastete sehr empfehlen.«
    »Ich freue mich darauf. Hi, Gillian, wollten Sie zu mir?«
    »Ich halte Sie nur noch ganz kurz auf, Reverend. Würden Sie uns entschuldigen, meine Liebe?«, fuhr Tobias fort. »Ab mit euch, Jungs, ich muss mit Reverend Laycock unter vier Augen reden.« Tom und Joe ließen sich nicht zweimal bitten und sausten zu den Schaukästen mit den Waffen hinüber. Gillian zog sich auf die andere Seite des Saals zurück, doch Harry spürte, dass sie ihn und Tobias immer noch beobachtete.
    »Es gibt hier im Ort noch eine Tradition, über die Sie Bescheid wissen sollten, Reverend«, sagte der alte Mann. »Auch die werden Sie in abgewandelter Form in ganz England antreffen. Ein paar Wochen nach der Ernte, normalerweise kurz vor dem Old Winter’s Day Mitte Oktober, schlachten wir das Vieh, das im nächsten Frühjahr nicht mehr gebraucht wird. Hauptsächlich überzählige Schafe und Schweine, ein paar Hühner, gelegentlich eine Kuh. In den alten Zeiten hätten wir das Fleisch haltbar gemacht, um uns über den Winter zu bringen. Heute füllen wir bloß noch unsere Gefriertruhen.«
    »Klingt durchaus vernünftig. Wollen Sie den Tieren ein paar Gebete auf den Weg ins Schlachthaus mitgeben?«
    »Sie missverstehen mich, Reverend«, wehrte Tobias ab. »Ihre Dienste werden nicht vonnöten sein, und die Tiere werden nicht weggeschafft. Wir schlachten sie hier.«
    »Hier im Ort?«
    »Ja. Dick Grimes und mein Sohn haben alle erforderlichen Lizenzen. Dick hat hinten im Laden die notwendigen Vorrichtungen. Ich erwähne das nur, weil die Fletchers gleich auf der anderen Straßenseite wohnen und hören werden, was vor sich geht. Viele von den Männern sind daran beteiligt. Die Straße vor der Metzgerei wird – wie soll ich sagen? – ein bisschen eklig sein. Wir nennen das die Bluternte.«
    »Die was?«
    »Sie haben richtig gehört. Ich rede natürlich auch gern selbst mit den Fletchers, aber da Sie anscheinend einen guten Draht zu ihnen haben, kommt das vielleicht besser von Ihnen. Vielleicht wäre es gut, wenn sie an dem fraglichen Wochenende Verwandte besuchen.«
    Einen guten Meter von der Tür des Festsaals entfernt saß Millie auf dem Boden. Ohne auf die Beine und Füße um sie herum zu achten, streichelte sie eine Katze. Ihre kleine Patschhand glitt vom Kopf bis zur Schwanzspitze über das Fell des Tieres. Der Schwanz zuckte. Millie fasste zu und drückte ihn. Die Katze sprang auf und tänzelte zur Seite. Millie sah sich um. Einer ihrer Brüder, der, den sie Doe nannte, war ganz in der Nähe und betrachtete irgendwelche Waffen in einem Glaskasten. Er drehte sich nicht um, als Millie auf die Beine kam und hinter der Katze hertappte. Zuerst trat die Katze aus dem Festsaal in die Gasse und dann Millie. Niemand sah sie hinausgehen.
    »Da sind Sie ja, Harry. Sie wirken heute Abend ziemlich still. Ist alles okay?«
    Alice hatte ihn ganz hinten in dem ummauerten Garten aufgespürt, wo er auf einer von Rosen umgebenen Bank ein leeres Glas in den Händen hielt.
    »Alles bestens«, beteuerte er und rutschte auf der Bank zur Seite, um ihr Platz zu machen. »Ich lade nur gerade meine Batterien wieder auf. Meistens plaudern die Leute nicht einfach nur mit dem Vikar, wissen Sie? Sie erwarten immer mehr. Ein bisschen spirituelle Führung beim Sherry. Vielleicht eine Diskussion darüber, wohin es mit der Church of England geht. Das wird mit der Zeit ein bisschen anstrengend.«
    Alice ließ sich neben ihm nieder. Er konnte das Parfüm riechen, das sie immer trug. Etwas sehr Leichtes, Süßes, ziemlich Altmodisches. »Ich konnte Sie hier nicht allein sitzen sehen«, meinte sie. »Was ist aus der Amtstracht geworden?«
    Harry hatte bei der ersten sich bietenden Gelegenheit Talar und Kragen abgelegt. »Zu heiß«, erwiderte er. »Und viel zu auffällig. Ich musste mich einfach mal kurz ausklinken.«
    Alice ließ den Kopf zur

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