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Bluternte: Thriller

Bluternte: Thriller

Titel: Bluternte: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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begegnet?«
    Harry dachte kurz nach. »Na ja, nach außen hin recht freundlich. Hier gibt’s durchaus ein paar nette Leute. Aber es sind merkwürdige Dinge passiert.« Er hielt inne. Wollte er Evi wirklich von dem Flüstern erzählen, das er in der Kirche gehört hatte? Davon, was er dank eines Schabernacks getrunken hatte? Dass ein Haus Gottes ihm Angst machte? »Nichts, worauf ich jetzt wirklich eingehen möchte«, fuhr er fort, »aber es würde mich nicht überraschen, wenn jemand mit einem ziemlich bösartigen Sinn für Humor versucht hat, den Jungen Angst einzujagen.«
    »Genau das ist es.« Evi beugte sich in ihrem Sessel vor. »Das ist es, was ich bei Tom spüre. Angst.«
    Eine silberne Kette um ihren Hals schimmerte im sanften Licht der Sakristei.
    »Wovor hat er Angst?«, wollte Harry wissen.
    »Wenn ein Kind Angst hat, suchen wir die Ursache normalerweise im häuslichen Umfeld«, antwortete Evi. »Aber es gibt keinen Hinweis darauf, dass Tom sich vor seiner Familie fürchtet.«
    Sie trug Make-up. Als sie sich kennengelernt hatten, war das nicht so gewesen. Er hatte gar nicht gewusst, wie schön sie war.
    »Es gibt da einen Test«, erklärte sie gerade. »Wir nennen ihn den Einsame-Insel-Test. Wir fordern das Kind auf, sich vorzustellen, dass es auf einer einsamen Insel ist, mitten im Meer, ganz weit draußen. Meilenweit weg von allen und jeden Gefahren. Und wir bitten es, sich einen Menschen auszusuchen, der mit ihm auf dieser Insel sein soll. Wen würden Sie sich aussuchen, von allen Menschen auf der ganzen Welt?«
    Dich, dachte Harry, ich glaube, ich würde mir glatt dich aussuchen. »Was hat Tom gesagt?«, fragte er.
    »Millie. Seine kleine Schwester. Als er sich einen zweiten Menschen aussuchen sollte, hat er seine Mum genannt. Und dann seinen Dad.«
    »Joe nicht?«
    »Joe kam als Vierter. Ich habe denselben Test mit Joe gemacht. Er hat genau dasselbe gesagt. Erst Millie, dann seine Mum und seinen Dad und dann Tom.«
    »Interessant, dass sie sich beide Millie ausgesucht haben.«
    Evi senkte den Blick und blätterte eine Seite ihres Notizblocks um. Ihr dunkles Haar fiel nach vorn und verdeckte ihr Gesicht. Sie blätterte noch eine Seite um und fand, was sie suchte. »Und dann hat Joe etwas gesagt, was mich wirklich stutzig gemacht hat«, fuhr sie fort und blickte wieder zu Harry auf. »Er hat gefragt, ob es auf dieser Insel auch eine Kirche gäbe. Denn wenn ja, dann fände er, Millie sollte da nicht hin.«
    Der Heizkörper schien nicht mehr so gut zu funktionieren wie vorhin. Harry fühlte, wie seine Finger kalt wurden. Sie sind gestorben, nicht wahr? Die kleinen Mädchen in der Kirche.
    »Es geht schon, wirklich. Ich schaffe das schon«, beteuerte Evi.
    Harry hielt die Sakristeitür auf. Sie trat hinaus, und er ließ sie hinter ihr zufallen. »Daran zweifle ich auch gar nicht«, erwiderte er. »Aber ich bringe Besuch immer bis ans Tor. Darf ich …?«
    Er hielt ihr den rechten Ellenbogen hin. Sie schüttelte den Kopf. »Danke, es geht schon«, wiederholte sie.
    Beide machten sich auf den Weg, und das harte Aufsetzen ihres Stocks auf dem Pfad war Evi nur allzu deutlich bewusst. Sie brauchten fast eine Minute, um von einem Ende der Kirche ans andere zu gelangen. Dort bogen sie um die Ecke, und Evi hörte sich nach Luft schnappen. Abrupt blieb sie stehen und war dankbar für einen Anlass, sich einen Moment lang auszuruhen.
    »Was in aller Welt sind das für Dinger, Harry?«, fragte sie und merkte, dass sie ihn zum ersten Mal an diesem Vormittag mit seinem Vornamen angesprochen hatte. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, was für einen Schreck ich bekommen habe, als ich hier angekommen bin.«
    »Seien Sie froh, dass Sie denen nicht mitten in der Nacht begegnen«, meinte Harry. »So war’s bei mir. Ich bin noch mal zurückgekommen, um die Kirchenbücher zu holen, und hätte fast einen Herzinfarkt gekriegt.«
    Evi blickte von einer bizarren Figur zur nächsten. Einige waren männlich, andere weiblich, und eine – o Mann, die da war am schlimmsten, so groß wie ein kleines Kind. Als sie merkte, dass Harry geduldig neben ihr wartete, ging sie weiter.
    »Ich weiß ja, dass bald Guy Fawkes ist«, bemerkte sie, »aber warum so viele Puppen? So eine Sammlung habe ich noch nie gesehen.«
    »Das sind keine Guy-Fawkes-Puppen«, erwiderte Harry. »Das sind Knochenmänner.«
    Evis Blick huschte von der Ruine zu dem Mann an ihrer Seite und dann wieder zurück. »Knochenmänner? So was wie Lumpenmänner?«
    Harry

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