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Bluternte: Thriller

Bluternte: Thriller

Titel: Bluternte: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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zu sehen, wer in sein Zimmer gekommen war.
    Joe. Tom streckte die Hand nach unten, zog seinen Bruder neben sich aufs Fensterbrett und legte den Vorhang wieder um sie beide. »Schau, das Kloster«, wies er seinen Bruder an. »Die Knochenmänner sind lebendig.«
    Joe drückte das Gesicht gegen die Scheibe und schaute. Die beiden Jungen sahen zu, wie einer der Knochenmänner über die Grasfläche rannte, die früher einmal das Kirchenschiff gewesen war. Er verschwand hinter einem Steinhaufen. Tom drehte sich zu Joe um, der nicht im mindesten überrascht aussah. Schlagartig war Toms fiebrige Aufregung verflogen.
    »Sie macht das, nicht wahr?«, fragte er mit leiser Stimme. »Die Knochenmänner bewegen sich gar nicht von selber. Sie macht, dass sie sich bewegen.«
    Joe wandte sich von seinem Bruder ab und schickte sich an, vom Fensterbrett herunterzuklettern. Tom hielt ihn zurück, umklammerte seinen Arm so fest, dass es bestimmt wehtat, das wusste er. Joe murmelte etwas, das sein Bruder nicht verstand. Tom dachte nicht nach. Er versetzte ihm einfach einen heftigen Stoß. Joes Kopf knallte gegen die Scheibe, und dann fiel er auf den Teppich.
    Später, als Joe betrüblicherweise für nicht lebensgefährlich verletzt erklärt und mit heißer Schokolade und Geschichten und einem Mordsgetue seitens seiner Mutter ins Bett gesteckt und Tom angewiesen worden war, für den Rest des Jahrzehnts in seinem Zimmer zu bleiben, kam er endlich darauf, was Joe gesagt hatte, ehe er k. o. gegangen war.
    »Daafnichsag’n«, hatte er gebrummelt. Was in der Joe-Sprache hieß: Das darf ich nicht sagen.

Teil III –
Tag der Toten

42
     
2. November
    »Gehet in Frieden und dienet dem Herrn«, sagte Harry. Der Organist stimmte den Auszug der Gemeinde an, und Harry trat vom Altarplatz herunter. Wie immer verließen die Renshaws die Kirche als Erste. Als Christiana sich erhob, um ihrem Vater und ihrem Großvater aus der Bank zu folgen, schien sie mit der rechten Faust etwas zu umklammern.
    Harry ging in die Sakristei und entriegelte die Außentür. Dann trat er hinaus und eilte zur Rückseite der Kirche, gerade noch rechtzeitig, um Sinclair die Hand zu schütteln, als dieser das Gebäude verließ. Christiana streckte ihm die Rechte hin, ohne ihn anzusehen. Jetzt war sie leer. Als Nächste kamen Mike und Jenny Pickup. Jennys Augen waren feucht, und sie hatte einen kleinen Strauß aus rosafarbenen Rosen in der Hand. Vor einer Woche hatte Harry ein leeres Buch neben die Kirchentür gelegt und die Gemeinde eingeladen, die Namen jener niederzuschreiben, derer während des Gottesdienstes gedacht werden sollte. Lucys Name hatte ganz oben gestanden. »Danke«, sagte Jenny. »Das war wunderschön.«
    Der Rest der Kirchengemeinde folgte. Jeder musste dem Vikar die Hand geben und ihm etwas über seine verstorbenen Lieben erzählen. Fast ganz zum Schluss kam Gillian, die in letzter Zeit nie einen Gottesdienst zu versäumen schien. Er sollte wohl froh darüber sein, ein weiteres Schäfchen in der Herde des Herrn und so weiter. Auch Hayleys war gedacht worden. Harry schüttelte Gillian die Hand, und da er wusste, dass es kein Grab gab, das sie besuchen konnte, hätte er sich fast vorgebeugt und sie auf die Wange geküsst. Nur hatte sie, als er das das letzte Mal getan hatte, im letzten Augenblick den Kopf gedreht, und ihre Lippen hatten sich getroffen. Es war ein peinlicher Moment gewesen, den seine hastig hervorgestoßene Entschuldigung nur unzureichend hatte entschärfen können.
    Eine rothaarige Frau mittleren Alters folgte Gillian ins Freie. Sie war die Letzte. Harry trat wieder in die Kirche. Er vergewisserte sich, dass das Kirchenschiff leer war, und ging dann den Mittelgang hinauf. Irgendjemand hatte Rosenblätter verstreut.
    Er schaute hoch. Die Blütenblätter hätten fast von der Empore gestreut worden sein können. Sie lagen genau an der Stelle, wo die kleine Lucy Pickup umgekommen war, wo Millie Fletcher beinahe abgestürzt wäre. Harry musste an Christianas geballte Faust denken, als sie die Kirche verlassen hatte. Er ließ die Blütenblätter liegen, ging rasch weiter und trat abermals in die Sakristei. Dort vergewisserte er sich, dass die Außentür wieder abgesperrt war, und zog sich zum Laufen um. Drei Minuten später trat er auf den Weg hinaus, wappnete sich innerlich gegen die Kälte und schloss die Sakristeitür hinter sich ab.
    »Na, und ’n Verwandlungskünstler sin’ Sie auch noch, mein Junge.« Eines seiner Gemeindemitglieder, ein

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