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Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Titel: Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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gesehen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Schon seit ein paar Jahren nicht mehr. Ist etwas passiert?«
    »Er wird vermisst. Und er könnte zu seiner Hütte gewollt und sich verlaufen haben.«
    Die Frau runzelte zweifelnd die Stirn. »Welhaven kennt die Gegend genauso gut wie ich. Er würde sich niemals verlaufen, und jetzt im Sommer schon gar nicht.«  
    Gunnarstranda holte die Karte heraus. »Können Sie mir zeigen, wo seine Hütte liegt?«
    Fünf Minuten später saß er wieder im Auto. Die Hütte sollte drei Kilometer von der Straße entfernt liegen. Drei Kilometer zu Fuß. Das sollte gehen, wenn er sich Zeit ließ. Wenn nur seine Lunge gesund wäre.
    Er fuhr weiter den Riksvei entlang und fand schließlich den Parkplatz. In der Reihe von Autos stand auch ein Volvo S 80 mit dem richtigen Kennzeichen, direkt neben einer Holzbrücke, die über einen reißenden Fluss führte. Die lokale Polizei hatte den Wagen durchsucht, aber keine persönlichen Gegenstände gefunden. Aber der Wagen war mit einer Wegfahrsperre ausgestattet, und die war unbeschadet. Wer den Wagen hier geparkt hatte, hatte auch die Schlüssel.
    Er breitete die Karte auf der Kühlerhaube aus, richtete sie nach den Himmelsrichtungen aus und versuchte sich zu orientieren. Welhavens Hütte sollte nicht weit vom Vetlefjell entfernt liegen – einer Art Buckel in der Landschaft. Er fand den Bergüberhang, den man Svartfjell nannte. Er fand auch die Seen auf der Karte, den Fluss und die Senke, in der sich der Wanderweg hinaufschlängeln sollte. Er faltete die Karte wieder zusammen und stapfte auf den Fluss zu.
    Der Weg begann als gewundener Pfad mit vielen kleinen und großen Steinen. Bald erweiterte er sich zu einem breiten Karrenweg, zwischen Krüppelbirken hindurch. Hier und da war das Moorwasser ausgetreten und hatte den Pfad nass und matschig gemacht. Gunnarstranda setzte seine Füße so gut es ging auf die Steine, die er fand. Aber seine Lungenkapazität war zu gering für solche Ausschweifungen. Er musste oft ausruhen. Stützte zusammengekrümmt die Hände auf die Knie, die Augen benebelt von Tränen und dachte: Ich verrotte. Diese Natur, diese verdammte, bewahrungswürdige Ursprünglichkeit ist nichts für mich .
    Er schnappte nach Luft, stapfte weiter und bekam weder die Aggression noch den Unwillen aus dem Sinn, bis er am Skistativ vor der unberührten Bergwiese stand. Bis zu dem kleinen Blockhaus hinauf erstreckte sich eine Blumenwiese. Unberührte Felder von gelbem Wiesenhahnenfuß und rotbraunem Sauerampfer flochten sich ineinander mit Flecken von Nelkenwurz und Storchenschnabel, die noch gelber und noch roter waren. Zwischen den Blüten ragten graubraune Halme von Schwingelgras, Thimotheusgras und unbestimmbaren Riedgräsern hervor. Das Skistativ war alt und brach fast auseinander. Es war keine Stromleitung zu sehen. Doch eine einsame Spur führte zur Hütte. Jemand war kürzlich hier gewesen und hatte das Gras heruntergetreten.

15
     
    Frank Frølich hielt den Wagen an und betrachtete nachdenklich den asphaltierten Fußweg, der parallel zum Riksvei verlief, zwischen dem Einkaufszentrum und der Tankstelle. Er machte sich Vorwürfe. Er hätte der Information, dass Welhaven eine Hütte hatte, intensiver nachgehen sollen. Aber Fride Welhaven hatte energisch bestritten, dass ihr Vater dorthin gefahren sein könnte. Amateurhaft , sagte er zu sich selbst. Die Niederlage wäre unerträglich, wenn Gunnarstranda an die Hüttentür klopfen und von einem Anwalt, der die ganze Zeit in bester Verfassung gewesen war, zum Kaffee eingeladen würde.
    Eine Sekunde lang ertappte er sich bei dem Wunsch, Welhaven möge tot sein.
    Denn ob Gunnarstranda Welhaven nun in der Hütte antraf oder nicht – solange Welhavens Volvo am Riksvei 27 auf dem Parkplatz stand, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass er sich in dieser Gegend befand, freiwillig oder unfreiwillig, lebendig oder tot.
    Er dachte an Welhavens Handy, das abgeschaltet in seiner Wohnung gelegen hatte. Er hatte es dort liegen lassen, war zu seiner Hütte gefahren und …
    Was war geschehen?
    Alles war möglich. Allerdings war es von nun an unnötig, in Welhavens Anwaltspraxis zu graben, eventuelle Drohungen oder anderen Ärger aufzudecken. Andererseits , dachte er, den Blick auf eine Frau gerichtet, die den Gehweg entlanggeschlurft kam, gefolgt von zwei fetten Retriever-Welpen, bin ich immerhin hierher gefahren. Jetzt umzukehren und unverrichteter Dinge nach Oslo zurückzufahren wäre völlig verlorene Zeit

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