Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutflüstern: Novelle (German Edition)

Blutflüstern: Novelle (German Edition)

Titel: Blutflüstern: Novelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
Vom Netzwerk:
Idee«, sagte ich und betete, dass meine Mom mitspielen würde. Die gesamten Kraftlinienutensilien meines Dads standen auf dem Speicher. Ich wusste, dass meine Mom nicht gerade glücklich sein würde, aber das
Schlimmste, was sie tun konnte, war Nein zu sagen. Ich lenkte uns Richtung Randstein und sah mich nach einem Taxi um. »Ich nehme dich mit nach Hause«, sagte ich und lehnte mich Richtung Straße, damit ein Taxifahrer auf uns aufmerksam würde. »Du kannst dir die alten Kraftliniensachen meines Dads anschauen. Er hat für die I. S. gearbeitet. Da ist wahrscheinlich etwas dabei.«
    Pierce zog mich zurück, und ich blinzelte ihn überrascht an. Er wirkte verbissen, während er im Schneefall und dem Licht der Straßenlaterne vor mir stand und in seinem langen Mantel und seinen glänzenden neuen Stiefeln sehr elegant aussah. »Miss Rachel, nein. Ich bin nicht gesonnen, Euch länger zu gefährden. Ich werde Euch nach Hause geleiten, dann werde ich allein zur Universität gehen. Wenn es dort gebildete Männer gibt, werden sie mir helfen.«
    Ich verzog das Gesicht, als ich mir vorstellte, was Pierce im Moment dort vorfinden würde: halbbetrunkene Studenten und verschiedene Sonnwendpartys. »Guter Gott, Pierce«, sagte ich in dem Moment, als ein Taxifahrer uns entdeckte und mitten auf der Straße umdrehte. »Ich bin diejenige, die dich mit reingezogen hat. Entspann dich.«
    »Aber …«, sagte er, doch ich drückte nur seine Hand, als das Taxi anhielt.
    »Ich stecke mit drin. Du wirst mich nicht los, also gewöhn dich dran.«
    Pierce erwiderte meinen Händedruck, dann entspannte er sich. »Danke«, sagte er, und an diesem einzelnen Wort erkannte ich, wie verloren er sich fühlte. Er hatte bis Sonnenaufgang Zeit, um sowohl dieses Mädchen als auch seine Seele zu retten, und ich war die Einzige, die ihn durch diesen Albtraum leiten konnte, in dem ich lebte.

6

    Der Taxifahrer fuhr vor dem Haus langsam wieder an, doch das Motorengeräusch wurde durch den Schnee gekämpft. In den Hollows gab es heute Nacht Sonnwendfeuer und Nachbarschaftspartys, aber in meiner Straße war es ruhig. Pierce’ Schritte waren fast lautlos, als wir zur Veranda stapften und dabei Spuren durch den Schnee zogen. Es hatte aufgehört zu schneien, und ich sah durch die kalten schwarzen Äste des Ahornbaumes, den ich nach dem Tod meines Vaters für ihn gepflanzt hatte, zu den Wolken auf. Mir wurde die Kehle eng, und ich berührte im Vorbeigehen die Rinde. Ich war froh, dass er in Frieden ruhte, aber es wäre schön gewesen, ihn so körperlich zurückzuhaben wie Pierce – selbst wenn es nur für eine Nacht war.
    Pierce blieb zurück, als ich die drei Stufen hinaufstieg und vergeblich den Knauf drehte. »Meine Mom muss gerade unterwegs sein«, erklärte ich und zog meine Tasche nach vorne, um meinen Schlüssel zu suchen. Das Verandalicht war an, und ihre Spuren zeigten, dass sie in die Garage gegangen und noch nicht zurückgekommen war. Vielleicht ein Last-Minute-Einkaufstrip? Oder war sie unterwegs zum I.S.-Hochhaus, um Robbie abzuholen? Ich hatte das üble Gefühl, dass es das Zweite war.
    »Das ist ein sehr schönes Haus«, sagte Pierce und musterte die Nachbarschaft, die hellen Lichter und die Schneemänner, die vor den Häusern Wache standen.
    »Danke«, sagte ich, während ich in meiner Jeanstasche nach dem Schlüssel suchte. »Die meisten Hexen leben in den Hollows, auf der gegenüberliegenden Flussseite in Kentucky, aber Mom wollte hier leben.«Als ich den Schlüssel endlich gefunden hatte, sah ich auf und entdeckte eine gewisse Verwirrung in seinem Blick. »Sowohl sie als auch Dad waren während des Wandels gerade in der Highschool, und ich glaube, es gefällt ihr, unterschwellig Ärger zu machen, wenn sie damit durchkommt – wie zum Beispiel damit, in einem überwiegend von Menschen bewohnten Viertel zu leben.«
    »Wie die Mutter, so die Tochter?«, merkte er trocken an.
    Ich schob den Schlüssel ins Schloss. »Meinetwegen.«
    Erst dann kam Pierce die Stufen hinauf, aber nicht, ohne die Straße vorher noch einmal mit einem intensiven Blick bedacht zu haben.
    »Mom?«, rief ich, als ich die Tür öffnete, aber durch das gedämpfte Licht aus der Küche wusste ich, dass das Haus leer war. Ich sah Pierce an, der noch auf der Türschwelle stand, und lächelte. »Komm rein.«
    Pierce schaute auf den Schneematsch an seinen Stiefeln. »Ich bin nicht gesonnen, die Teppiche zu beschmutzen.«
    »Dann tritt dir die Schuhe ab«, erklärte ich, nahm

Weitere Kostenlose Bücher