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Blutflüstern: Novelle (German Edition)

Blutflüstern: Novelle (German Edition)

Titel: Blutflüstern: Novelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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nach oben. Normalerweise musste ich das meine Mom machen lassen.
    Als ich auf die Fahrerseite ging, ließ ich meine Finger über die weichen Kurven des VW Käfer gleiten, den ich mit dem Restgeld vom Verkauf der Berlinetta erworben hatte. Meistens lief er gut. Ich stieg ein und bemerkte, wie steif die Plastiksitze von der Kälte waren. Seit es aufgehört hatte zu schneien, war die Temperatur stetig gesunken, und mir war eiskalt.
    »Bitte spring an …«, flehte ich, dann tätschelte ich das Lenkrad, als der Motor keuchend zum Leben erwachte. »Erzählt mir, ich könnte nicht mitkommen«, flüsterte ich und sah über die Schulter nach hinten, als ich rückwärts
aus der Garage setzte. Okay, ich hatte noch keinen echten Führerschein, aber wer würde mir zur Sonnenwende schon einen Strafzettel verpassen? Ebenezer Scrooge?
    Ich knatterte die Straße entlang, immer noch getragen von der Welle des Hochgefühls. Ich entdeckte Pierce zwei Blocks weiter. Er lief immer noch, aber jetzt mitten auf der Straße, wahrscheinlich nachdem er festgestellt hatte, dass einige unserer Nachbarn ihre Gehwege nicht regelmäßig räumten. Ich kurbelte das Fenster runter und hielt neben ihm. Er sah mich kurz an, dann blieb er mit einem zögerlichen Blick stehen.
    Ich grinste. »Tut mir leid, dass ich deine Abschiedsrede versaut habe. Hat mir wirklich gefallen. Soll ich dich mitnehmen?«
    »Ihr könnt fahren?«, fragte er, und seine Augen glitten über die seltsame Form des Autos.
    »Natürlich kann ich das.« Es war kalt, und ich drehte die Heizung auf. Die fast warme Luft bewegte meine Haare, und ich bemerkte, dass Pierce die wehenden Strähnen musterte. Ich fragte mich, wie es sich wohl anfühlen mochte, wenn er seine Hände darin vergrub.
    Er stand in der eiskalten Nacht, und kein Atemhauch war vor seinem Gesicht zu sehen, während er charmant unschlüssig zögerte. »Es ist mächtig schwierig, zu laufen und nicht gleichzeitig atmen zu wollen«, sagte er schließlich. »Kennt Ihr die Straße zu den östlichen Hügeln?«
    Ich nickte, und mein Grinsen wurde um einiges breiter. Pierce senkte niedergeschlagen den Kopf und ging um das Auto herum, sodass er für einen Moment im vollen Licht der Scheinwerfer stand. Ich unterdrückte ein Lächeln, als er mit der Beifahrertür kämpfte, bis er den Mechanismus
schließlich verstanden hatte und einstieg. Kaum war die Tür geschlossen, fuhr ich langsam an.
    »Ihr werdet in der Kutsche verbleiben, wenn wir dort ankommen«, grummelte er und trat sich den Schnee von den Stiefeln. Ich feixte nur.
    Genau.

7

    Weihnachtslieder schallten durch die kühle Luft und wurden lauter, als ich den Wagen ausschaltete. Ich schlug die Tür hinter mir zu, und das Geräusch wurde von den Schneehaufen gedämpft, die die Schneepflüge aufgeworfen hatten. Ich atmete langsam durch und sog die kalte Luft in meine Lungen. Über mir glitzerten die Sterne besonders klar. Es war kalt geworden, bitterkalt. Die leichte Brise schien direkt durch meinen Mantel zu fahren. Es war ungefähr vier Uhr morgens. Nur Inderlander und verrückte Menschen waren um diese Nachtzeit noch auf, was mir gut in den Kram passte.
    Kurz darauf schlug auch Pierce seine Tür zu, und ich lächelte ihn über das Auto hinweg an. Er lächelte nicht zurück, sondern hatte in Erwartung des Kommenden bereits die Stirn gerunzelt. Während er zu mir herüberkam, lehnte ich mich an das kalte Metall und starrte auf das Haus, dem gegenüber wir geparkt hatten.
    Wir waren in den Hügeln in einem der besseren Viertel der Stadt, wo die Gutbetuchten wohnten, seitdem Drahtseilbahnen es einfacher gemacht hatten, die steilen Hänge zu erklimmen. Das fragliche Haus war älter als die anderen, sodass es zu Pierce’ Zeit abgelegen und allein gestanden
hatte. Es war ein riesiges Anwesen, und offensichtlich war über die Zeiten hinweg immer wieder an- und umgebaut worden, denn es hatte mehrere Stockwerke, verschiedene Türmchen und eine umlaufende Veranda, die mit glatten Flusssteinen gepflastert war – altes Geld, große Bäume und ein fantastischer Ausblick auf Cincinnati. Überall hingen fröhliche Weihnachtsdekorationen und beleuchteten mit bunten Farben die unheimliche Stille.
    Das Geräusch von Pierce’ Schuhen auf dem gefrorenen Schneematsch riss mich aus meinen Gedanken, und ich stieß mich vom Auto ab und ging auf die breite Veranda zu.
    »Ich ersuche Euch, Euch in die Kutsche zurückzuziehen und dort zu warten«, sagte Pierce nachdrücklich.
    Ich hielt die Augen

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