Blutflüstern: Novelle (German Edition)
erklärte ich beiläufig, als Pierce die ausgemusterten Zauber
zusammenschob und zurück in die Kiste warf, auch den Zauber meiner Mom. »Mein Dad hat immer alle Schutzkreise für sie errichtet. Den hier hat sie benutzt, als sie noch seine Erdzauber für ihn gemacht hat.«
Ich sah, wie er sich versteifte, als ich wieder in die Kiste griff, das Amulett meiner Mom hervorzog und es mir um den Hals legte. »Ich kann eine Linie anzapfen. Bei mir wird er funktionieren.«
»Nein«, sagte er und drehte sich zu mir um. »Ihr kommt nicht mit. Ich habe es Euch untersagt.«
Ich schnaubte. »Du untersagst es?« Ich schob mein Kinn vor. »Schau, Pierce«, sagte ich dann und stemmte die Hände in die Hüften. »Du kannst mir gar nichts verbieten. Ich tue, was auch immer ich will.«
»Ich habe Euch untersagt, mich zu begleiten«, sagte er, als wäre das das Ende der Diskussion. »Ich bin dankbar für alles, was Ihr getan habt, und dass Ihr mir die Zauber Eures Vaters überlasst, zeigt, wie gnädig und ehrenhaft Euer Geist ist. Nun beweist es auch und bleibt zu Hause, wie es sich für Euch geziemt.«
»Du kleiner, chauvinistischer Idiot!«, rief ich, während mein Puls raste und meine Knie weich wurden. Ich versuchte es zu verstecken, indem ich die Arme vor der Brust verschränkte und mich an die Arbeitsfläche lehnte. »Ich kann dir helfen, und das weißt du auch. Wie genau willst du dort hinkommen, Mr. Mann aus der Vergangenheit? Laufen? Im Schnee? Das sind mindestens fünfzehn Meilen.«
Mein Temperamentsausbruch schien Pierce nicht zu beunruhigen, was mich nur noch wütender machte. Ruhig zog er sich seinen langen Mantel an und schloss die
Kiste. »Kann ich die Zauber trotzdem nehmen?«, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Ich habe es dir erlaubt!«, blaffte ich. »Und ich komme mit.«
»Danke«, sagte er und verstaute das letzte Amulett in seiner Tasche. »Ich werde mein Bestes tun, die Besitztümer Eures Vaters zurückzuerstatten, aber es ist unwahrscheinlich, dass es mir gelingen wird.«
Er wandte sich zum Gehen, und ich blieb ihm direkt auf den Fersen. »Du kannst hier nicht einfach so verschwinden«, sagte ich und meine Knie zitterten vor Erschöpfung. Verdammt, ich hasste es. »Du weißt nicht mal, wo du hinsollst.«
»Ich weiß, wo er einst lebte. Es ist unwahrscheinlich, dass er umgezogen ist.«
Wir hatten den Flur erreicht, und ich rannte fast in Pierce hinein, als er abrupt vor der Tür anhielt und die Klinke musterte. »Du willst laufen?«, fragte ich ungläubig.
Er öffnete die Tür und atmete die trockene, kalte Luft tief ein. »Ich bin dazu gesonnen, ja.«
Die Kälte drang ins Haus, und jetzt verschränkte ich die Arme, um mich warmzuhalten. »Die Welt hat sich verändert, Pierce. Wir haben uns zu erkennen gegeben, und es ist schwerer, einen von uns zu finden.«
Das schien ihn kurz zögern zu lassen. »Ich werde ihn finden«, erklärte er dann und trat auf die schneebedeckte Veranda. »Ich muss. Meine Seele und die des Mädchens hängen davon ab.«
»Du wirst sie nicht finden, bevor die Sonne aufgeht«, rief ich ihm hinterher. Gott, Männer und ihr seltsamer Stolz .
»Dann nehme ich an, ich sollte laufen.«
Dann nehme ich an, ich sollte laufen , äffte ich ihn in Gedanken nach, bevor ich ebenfalls auf die Veranda trat. »Pierce«, sagte ich, und er drehte sich um. In seinen Augen lag eine verborgene Hitze, die mich meine nächsten Worte vergessen ließ. Ich blinzelte ihn an, überrascht, dass dieses Gefühl überhaupt da war und dass es auf mich gerichtet war. Er war nicht amüsiert von meinem Temperament. Es störte ihn nicht. Er respektierte es, während er mich gleichzeitig abwies.
»Danke Euch, Miss Rachel«, sagte er, und ich wich vor ihm zurück. Für einen Moment löste ich meinen Blick von ihm, als ich an der Türschwelle hängen blieb. »Ich kann Euch nicht weiterhin gefährden.«
Er lehnte sich vor, und ich erstarrte. Mein Herz raste. Ich stellte fest, dass meine Hände auf seiner Brust lagen, aber ich stieß ihn nicht weg.
»Ihr seid feurig und kühn«, flüsterte er mir ins Ohr, und ein Schauer lief mir über den Rücken. »Wie ein fröhliches Fohlen, das sich seiner selbst sicher ist und sich nicht brechen lässt. Ich bin nicht gesonnen, zurückhaltend zu sein. Wäre es so, würde ich Euch lange und voller Liebe umwerben und für die Stunde leben, in der ich Euer Vertrauen und Eure Aufmerksamkeit errungen haben würde. Aber ich habe nur diese eine Nacht, also muss ich kühn
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