Blutflüstern: Novelle (German Edition)
nach vorne gerichtet, als wir die Straße überquerten. »Man nennt es Auto, und du kannst ersuchen, so viel du willst, es wird nicht passieren.«
Wir erreichten den geräumten Gehweg, und Pierce packte mein Handgelenk. Überrascht von der Kraft, die er einsetzte, blieb ich stehen.
»Vergebt mir, Miss Rachel«, sagte er schmallippig. »Ihr seid voller Mut, aber ich könnte nicht damit leben, wenn Ihr meinetwegen zu Schaden kämet.«
Jetzt wurde ich auch wütend. »Dann ist es ja gut, dass du gar nicht am Leben bist, hm?«
Er schüttelte den Kopf und zerrte mich wieder Richtung Auto. »Ich bedauere zutiefst, meine überlegene Stärke einsetzen zu müssen, um Euch zu zwingen. Ich bedauere es wirklich.«
Kommt jetzt die Stelle, wo er mich über die Schulter wirft und ich schreiend auf seinem Rücken herumtrommle, während er mich
in meinem eigenen Auto einsperrt? Wird nicht passieren . »Lass mich los«, sagte ich, während er mich einen Schritt weiterzog. »Ich meine es ernst, Pierce. Lass mich los, oder du hast schreckliche Schmerzen.« Aber er tat es nicht.
Jetzt war ich froh, dass ich keine Handschuhe anhatte. Ich riss ihn zurück, drehte mein Handgelenk, sodass seine Handfläche nach oben zeigte, trat unter seinem Arm hindurch und warf ihn in einen Schneehaufen.
Er landete in einer Wolke aus Schnee und starrte mich überrascht an. »Gute Güte, wie habt Ihr das gemacht?«, stammelte er. Seine Augen waren weit aufgerissen.
Ich stand über ihm, stemmte die Hände in die Hüfte und war unglaublich zufrieden. »Versuch noch mal, mich ins Auto zu sperren, und ich zeige es dir.«
Pierce wollte aufstehen, und ich reichte ihm die Hand. Mit einem Grunzen akzeptierte er meine Hilfe, stand auf und klopfte sich mit scharfen Bewegungen den Schnee vom Mantel.
»Ich gehe da rein«, sagte ich und nickte in Richtung des Hauses.
»Miss Rachel«, setzte er an, aber ich trat einen Schritt vor und schob mein Gesicht vor seines.
»Das ist, was ich mit meinem Leben anfangen will«, sagte ich. »Ich habe ein Schutzkreis-Amulett. Ich bin nicht hilflos. Du kannst mich nicht aufhalten.«
Er trat von einem Fuß auf den anderen und wirkte genervt. »Rachel, ich wurde dafür ausgebildet.«
»Und trotzdem bist du gestorben«, schoss ich zurück.
»Genau so lautet mein Argument. Jeder kann sehen, dass es zu gefährlich ist.« Ich verzog das Gesicht, und er ergriff meine Hände. Dann fügte er aufrichtig hinzu: »Ich weiß,
dass Ihr Euch vorgenommen habt zu helfen. Ihr seid eine mutige, couragierte Frau, aber überschätzt Euch nicht. Dieser Vampir ist mehrere Hundert Jahre alt, und Ihr seid achtzehn. Betrachtet es logisch.«
Irgendwie gefiel es mir, dass er meine Hand hielt, aber trotzdem entzog ich mich ihm, weil ich nicht zu Wachs in seinen Händen werden wollte. Schon wieder. »Logisch?«, fragte ich, und langsam wurde mir etwas klar. »Genau, lass es uns mal logisch betrachten. Ausgebildet oder nicht, solange du keine Kraftlinie anzapfen kannst, hast du nur ein paar Tricks auf Lager. Ohne mich hast du nicht die geringste Chance, dieses Mädchen zu retten, und das weißt du auch.«
Er zögerte, und ich hakte nach, als ich den besorgten Blick in seinen Augen bemerkte. »Sag mir, dass du mich nicht brauchst«, erklärte ich und rammte ihm fast einen Finger in die Brust. »Dass es bei ihrer Rettung keinen Unterschied machen wird, ob du eine Kraftlinie anzapfen kannst, oder nicht. Sag mir das.«
Pierce starrte kurz auf den Boden, dann sah er wieder auf. »Das kann ich nicht«, erklärte er.
»Dann komme ich mit.«
Wieder machte ich mich auf den Weg zur Tür. Pierce kam mit langsamen Schritten hinter mir her. »Jetzt muss ich auch noch auf Euch aufpassen!«, hörte ich ihn murmeln, aber es war mir egal. Ich war dabei.
Ich wurde langsamer, um meine Hand in seine zu schieben. Er zuckte zusammen, aber ich zapfte nur eine Linie an. Kühle Energie durchfloss mich und die Locken außerhalb meiner Mütze fingen an zu schweben. Ich drückte seine Hand. »Es wird alles gut«, sagte ich fest, und ein Schauder überlief mich, als er mir ein wenig Macht entzog.
Wir standen schon fast auf der breiten Veranda mit ihrem stilisierten Weihnachtsbaum, als mir aufging, dass er vorhatte, das Haus von vorne zu erstürmen. »Ähm, sollten wir nicht die Hintertür suchen, oder so?«, fragte ich und er lächelte.
»Ihr habt zu vielen Abenteuergeschichten gelauscht. Sie rechnen nie mit einem Frontalangriff.«
»Trotzdem«, sagte ich, als er
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