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Blutfrost: Thriller (German Edition)

Blutfrost: Thriller (German Edition)

Titel: Blutfrost: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Staun
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streckte sich zu einem Schuhkarton aus, der auf seinem Regal stand, und nahm einen Schraubenzieher heraus.
    »Was … haben Sie eigentlich vor?«, fragte er, als er mir das Werkzeug reichte. Ich nahm es entgegen und blickte zu Boden.
    »Das ist privat. Sehr privat. Und ziemlich peinlich. Machen Sie es mir nicht noch schwerer, als es ohnehin schon ist.«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Wäre es möglich, dass Sie in meinem Computer, ohne das an die große Glocke zu hängen, eine neue Festplatte montieren?«
    »Ja, aber was soll ich als Grund angeben …«
    »Mein Gott … dass meine kaputt war. Sie finden schon einen Grund. Auf so was verstehen Sie sich doch, oder?«
    Wieder zurück in meinem Büro, schloss ich die Tür hinter mir ab und setzte mich; ich hielt den Schraubenzieher einen Moment lang in der Hand und fragte mich, was passieren würde, wenn sie mir eine Nachricht schickte, nachdem ich die Harddisk entfernt hatte. Wo landeten E-Mails, die an einen Computer ohne Harddisk geschickt wurden? Lagen die dann irgendwo auf einem Server und warteten, bis das Genie wieder eine neue Harddisk installiert hatte? Oder würden sie einfach … verschwinden? Es war wirklich erschreckend, wie wenig Ahnung ich hatte. Aber was dieses Thema anging, konnte ich ja kaum jemanden fragen. Andererseits durfte es nichts geben, das Emily und mich in irgendeiner Weise verband. Ich schraubte den Deckel ab, nahm die Harddisk heraus und steckte sie in meine Tasche. Dann fixierte ich die Klappe wieder und eilte mit dem Schraubenzieher zurück. Jede noch so unschuldige Nachricht konnte richtig gefährlich werden. Ich sah auf die Uhr. Natürlich war ich schon zu spät. Trotzdem rief ich noch einmal Ingrid Sommer in Vollsmose an, sie ging aber nicht ans Telefon. Meine Nervosität fraß mich beinahe auf. In diesem Zustand konnte ich unmöglich unterrichten, trotzdem – mir blieb keine andere Wahl.
    Als ich gegen vier Uhr das Gericht verließ, versuchte ich als Erstes, Ingrid Sommer zu erreichen. Ohne Erfolg. Mir war nicht wohl in meiner Haut, und ich merkte, dass ich den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte, weshalb ich zu dem haarigenLibanesen fuhr und mir eine Falafel kaufte. Er wollte über Beirut reden. Über die Straßencafés, die Ferienmöglichkeiten und die Zukunft. Ich hätte am liebsten gar nicht geredet. Beim Kiosk nebenan kaufte ich ein paar Flaschen Wein mit Schraubverschluss und zwei Päckchen Cecil. Proviant genug für die bevorstehende Nacht. Mir graute vor den kommenden Stunden und ich wusste nicht, wie ich die Nacht überstehen sollte, wenn ich Emily nicht zu fassen bekam. Es verbesserte meine Laune nicht gerade, dass ich ausgerechnet hinter dem verfluchten Volvomann parken musste. Das war jetzt der dritte Abend nacheinander, dass sie sich in Nkems gemütlicher Wohnung amüsierten. Schön für sie. Ich stellte mir schon vor, wie sie romantisch über den Mittelgang der Kirche schritten, begleitet vom Rascheln zahlloser gezückter Taschentücher. Er würde natürlich konvertieren. Wenn das für seine Geliebte so viel bedeutete. Ein volvofahrender Standardprotestant würde da sicher keine Probleme haben. Schließlich handelte es sich ja um die Große Liebe . Fuck. Ich hasste sie und ihre vergeistigten Gespräche bereits aus ganzer Seele. Waren sie sich überhaupt im Klaren darüber, wie viele Paare auf dem ganzen Planeten so zusammensaßen und in diesem Moment genau das Gleiche sagten? Vermutlich nicht. So wie dich habe ich noch nie jemanden geliebt. You are my one and only. Und so weiter. Fick dich, Nkem, du untreue Teufelsbraut, wie konntest du deine beste Freundin einfach so ausliefern? Und fick dich, Karoly, dass du ihr meine Geheimnisse entlockt hast.
    Ich öffnete die Flasche argentinischer Discount-Pisse, die ich gekauft hatte, und trank ein Glas, bevor ich mit der Katze auf dem Schoß meine Falafel aß. Für den ersten Argentinier brauchte ich gerade mal eine halbe Stunde und war mir vollkommen im Klaren darüber, dass ich meinen Kummer wegzusaufen versuchte. Dann rief ich noch einmal bei Ingrid Sommeran, mit dem gleichen Erfolg wie zuvor. Ich verbarg mein Gesicht in den Händen. Hätte ich doch nur jemanden, der mir helfen oder einen Rat geben könnte. Oder der mich in den Arm nahm, einfach nur festhielt. Ohne weiter nachzudenken, zog ich meine Jacke an, schnappte mir meine Tasche, schlüpfte durch die Tür und lief nach unten zu meinem Auto.
    Die Dunkelheit hatte sich längst über Odense gesenkt, als ich in Richtung

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