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Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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brachte ihm stattdessen ein Hühnchengericht, das sehr schmackhaft war, und ein Bier, das Hoffman zwar nicht bestellt hatte, aber trotzdem zu trinken beschloss. Zusammen mit der Rechnung wurde ihm ein Glückskeks gebracht. Hoffman brach ihn durch und las die Zettelbotschaft: «Das Geheimnis des Lebens ist … Ich darf es nicht sagen. Es ist ein Geheimnis.»
    Na bitte. Das unsagbare Mysterium der Dinge. Verborgen und nicht erfahrbar.
    Nach dem Mittagessen stattete Hoffman der Polizei einen Besuch ab. Er kannte einen Beamten in Kensington, der gelegentlich bereit war, ihm Einsicht in schwebende Ermittlungsverfahren zu gewähren. Zufälligerweise war er ein leidenschaftlicher Fan des Arsenal Football Club, und Hoffman war ebenso zufällig an ein Paar Saisonkarten herangekommen. Sie waren Freunde, sie halfen sich gegenseitig. Er hatte an diesem Nachmittag also keine Bedenken, den Beamten zu fragen, ob er ihm Informationen über einen Mordfall beschaffen könnte, der sich kürzlich in Berkshire ereignet hatte und bei dem es um eine Filipina namens Pinta ging. Hoffman sagte, es interessiere ihn besonders, ob ein arabischer Herr namens Hammud ein Verdächtiger in dem Fall sei. Der Polizist rief einen Freund im Zentralarchiv an und konnte mit einer umgehenden Antwort aufwarten: Der Fall war offiziell als «ungelöst» zu den Akten gelegt worden. Die Frau war vergewaltigt worden. Der Gerichtsmediziner vermutete, dass sie an den Verletzungen gestorben war, die man ihr zugefügt hatte, als sie sich gegen ihren Angreifer zu wehren versuchte. Ermittlungen gegen einen N. H. Hammud waren am Tag des Verbrechens eingeleitet, aber am nächsten Tag mangels Beweisen wieder eingestellt worden. Mr. Hammud hatte nicht nur ein Alibi, er hatte der Polizei auch eine großzügige Geldsumme als Belohnung angeboten, um die Ermittlungen zu unterstützen.
    Als Hoffman wieder in seinem Büro war, hörte er seinen Anrufbeantworter ab. Er erwartete einen Anruf seines lästigen kleinen Klienten, der sicher erfahren wollte, wie er vorangekommen war. Aber kein Wort von Ramón Pinta. Hoffman fiel ein, dass der Koch ja immer noch in Nassir Hammuds Diensten stand. Hammud hatte ihm wahrscheinlich nach seiner Ankunft in England den Pass abgenommen, um sicherzugehen, dass er blieb, wo er war. Das machte Hoffman Sorgen, aber er wusste nicht, was er dagegen unternehmen könnte, und so unternahm er nichts. Irgendwann würde der Filipino schon anrufen, und Hoffman würde ihm dann sagen müssen, dass er nichts herausgefunden hatte.
     
    Sam Hoffman hatte einen hartnäckigen Zug an sich – eine Art moralisches Ethos, das ihn beenden ließ, was er begonnen hatte, ungeachtet der Tatsache, wie wichtig oder unwichtig das Ganze anfänglich gewesen oder inzwischen geworden war. Ein philippinischer Koch war in sein Büro hereinspaziert, und in dem Versuch, ihn loszuwerden, hatte er ihm versprochen, ihm zu helfen. Eins hatte zum andern geführt, und plötzlich verbrachte er Stunden damit, etwas zu verfolgen, was ursprünglich nichts bedeutet hatte. Das Versprechen galt für Sam nach wie vor, egal wie unsinnig der Auftrag war. In diesem Sinne hatte er etwas Orientalisches. Er betrachtete das Leben als eine Reihe von zufälligen Begegnungen, durch die ein Mensch Verantwortungen und Verpflichtungen einging, die wie die Glieder einer Kette waren. Wenn irgendein einzelnes Glied vernachlässigt wurde, konnte die ganze Kette auseinanderbrechen.
    Diese Hartnäckigkeit war es und die einmal erweckte Neugier für Coyote Investment, die Hoffman dazu veranlasste, noch etwas auszuprobieren. Wie die meisten Ermittler kannte er ein paar Hintertürchen, die ihm Zugang zu Informationen verschafften, die nicht öffentlich erhältlich waren. Die brauchbarste war das sogenannte Office of Companies, das in einem Archiv in Cardiff, Wales, umfangreiche Unterlagen aufbewahrte. Wenn man dort jemanden kannte, bekam man gelegentlich Zugang zu Steuerakten, die vom Finanzamt gesammelt wurden.
    Hoffman machte die Reise nach Cardiff immer selbst, obwohl ihn das einen ganzen Tag hin und zurück kostete. Er hatte im Office of Companies eine Freundin namens Sally, mit der er ständig Kontakt hielt. Sie war eine junge walisische Sachbearbeiterin, und er hatte ihr bei verschiedenen Gelegenheiten seine Wertschätzung bewiesen. Mit einer Golduhr etwa oder Perlenohrringen. Sie hatte im Gegenzug die wahrhaft bewundernswerte Fähigkeit unter Beweis gestellt, der britischen Bürokratie Dokumente abzuringen.

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