Blutgeld
antwortete. «Willst du das wirklich wissen? Es ist nämlich gefährlich, und du musst mir versprechen, es niemandem weiterzuerzählen.»
«Ich will es wirklich wissen. Und ich werde es keiner Menschenseele erzählen.»
«Die wollen mich umbringen, weil sie denken, dass ich weiß, wo der Herrscher des Irak sein Geld versteckt hat.»
«Man fasst es nicht! War’s das, wonach du in den Dateien gesucht hast?»
«Ja. Leider haben sie rausgekriegt, dass ich das Band habe mitgehen lassen.»
«Man fasst es nicht!», wiederholte sie. «Das Problem ist also, wie wir dich aus dieser Scheiße wieder rausholen?» Sie war jetzt sehr professionell, nachdem sie beschlossen hatte, für die Regelung von Linas Problemen zuständig zu sein. «Wie lange wird es dauern, bis Gras über diese ganze Sache gewachsen ist?»
«Keine Ahnung. Ein paar Jahre. Schwer zu sagen, aber ich glaube, es wird schon eine ganze Weile dauern. Es geht um ziemlich viel Geld.»
«Wie viel?»
«Ein paar Milliarden wahrscheinlich.»
«Dollar oder Pfund?»
«Dollar. Aber kommt es darauf an?» Lina erklärte, so gut sie konnte, was während der vergangenen Woche passiert war und was sie auf ihrem Ausflug in Nassir Hammuds Dateien entdeckt hatte, und berichtete dann von der Beschattung durch verschiedene arabische Geheimpolizisten, seitdem sie über die Beweise für die Geheimkonten gestolpert war. Sie erwähnte jeden, nur nicht Sam Hoffman, das einzige Geheimnis, das sie für sich behalten wollte.
«Und was willst du jetzt tun?», fragte Helen, als ihre Freundin ihren Bericht beendet hatte.
«Mich irgendwo verstecken, wahrscheinlich. Nach Hause kann ich nicht. Klar, dass ich nicht nach Bagdad will. Vielleicht verlasse ich das Land.»
«Wo willst du hin?»
«Ich weiß es nicht. Irgendwohin, nur nicht in den Nahen Osten. Das Geld ist in der Schweiz, das schließe ich zumindest aus dem, was ich in den Dateien gesehen habe. Vielleicht könnte ich dort hingehen und ihm Gesellschaft leisten. Was meinst du, was ich tun sollte?»
«Abhauen. Still sitzen bleiben kannst du jedenfalls nicht. Wenn du das tust, werden sie dich kriegen und dich umbringen, was nicht unbedingt wünschenswert ist.»
«Vielleicht könnte ich hierbleiben», sagte Lina und betrachtete die gemütliche Unordnung in Helens Haus. «Das wäre ideal, wenigstens für ein paar Tage.»
«Kannst du gerne machen. Ich würde dich sehr gerne hierhaben. Aber sie werden dich hier finden.»
«Wie? Ich glaube nicht, dass ich verfolgt wurde.»
«Die brauchen dich nicht zu verfolgen, um sich auszurechnen, dass du bei mir bist. Die werden dich finden. Wie oft hast du mich während des letzten Monats vom Büro aus angerufen?»
«Ich weiß nicht. Einmal. Vielleicht zweimal.»
«Also werden sie meine Nummer in euren Telefonabrechnungen finden, und spätestens dann werden sie hier auftauchen. Deswegen kannst du hier nicht einfach herumhocken. Du musst in Bewegung bleiben.»
«Mein Gott, ist das grauenhaft.»
«Aber es ist auch cool. So ähnlich wie Lara in
Doktor Schiwago
.»
Lina schüttelte den Kopf. «Wenn du nochmal einen Witz machst, fang ich wieder an zu heulen. Wirklich. Ich komme mir wie eine Katze vor, die von einer Meute Hunde einen Baum hochgejagt worden ist. Wie komme ich da wieder runter?»
«Soll ich ehrlich sein?»
«Natürlich. Das wärst du sowieso, oder?»
«Die Wahrheit ist: Du hast nicht viele Möglichkeiten. Sie sind alle schlecht. Du musst dir also ein paar neue ausdenken.»
«Vielleicht sollte ich aufgeben. Zur Polizei gehen und ihnen die Wahrheit sagen und hoffen, dass die Schläger dann nicht wieder hinter mir her sind.»
«Keine Chance. Nichts ist so unglaubwürdig wie die Wahrheit. Und die Polizei kann dich vor diesen Widerlingen nicht schützen. Sieh mal: Wenn du hier bleibst, werden dich Hammuds Männer irgendwann erwischen und dich dann foltern, um herauszufinden, was du weißt. Die sind wahrscheinlich alle abartig. Impotent bei Frauen, wenn sie sie nicht fesseln. Die werden dich in eine Höhle im Jemen schaffen und nackt an einen Pfahl binden, dich mit Honig beschmieren und von Ameisen auffressen lassen. Und dann, wenn sie kapieren, dass du wirklich nichts weißt, werden sie dich erschießen müssen, um ihr Verbrechen zu vertuschen.»
«Hör auf, Helen. Das hier ist nicht eine von deinen perversen Geschichten aus dem Internet. Die meinen es ernst. Solche Dinge sind an der Tagesordnung in Bagdad.»
«Ich meine es auch ernst. Nicht das mit dem Jemen, aber von wegen
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