Blutgesicht
Frieden hier gestört, und ich hasse es, wenn sich Schnüffler in meiner Umgebung bewegen.«
»Haben Sie etwas zu verbergen?« fragte Suko. »Bestimmt nicht. Aber ich mag es nicht, wenn Schnüffler hier erscheinen.«
»Wo finden wir das Blutgesicht?« fragte ich scharf.
»Für euch gibt es das nicht mehr!« schrie er uns an. Wir sahen, wie er sich bewegte, wahrscheinlich hob er die Waffe an, und wir blieben trotzdem gelassen, denn ich hatte längst gesehen, daß Sukos Hand schon Unter der offen stehenden Jacke verschwunden war und die Einger sicherlich bereits den Stab berührten.
Es kam anders, leider – denn plötzlich sahen wir den Blitz, der aus dem Nichts aufblendete und uns für einen Moment die Sicht nahm. Ich sah nur, daß er an der gegenüberliegenden Seite seinen Ursprung hatte, ein zweiter folgte, und in seinem Restlicht sahen wir die Gestalt des Malers, die herumfuhr. Und wir sahen auch die Waffe in seiner Hand und hörten den Schuß…
***
Es war zu spät gewesen, um ihn am Abdrücken hindern zu können. Er feuerte dorthin, wo der Blitz geboren war, traf auch, denn wir hörten einen hellen Schrei. Er wollte berumfahren, um auf uns zu schieisen, da war Suko schneller.
Wie ein Panther flog er auf den Maler zu. Bevor Lassalle die Waffe in die entsprechende Richtung die hen konnte, hatte Suko bereits zugeschlagen und seinen Arm erwischt. Er fegte mit großer Wucht in die Höhe. Lassalle war nicht mehr in der Lage, die Pistole zu halten. Sie machte sich selbständig, und ein weiterer Hieb erwischte ihn am Hinterkopf. Die Wucht trieb ihn auf mich zu. Lassalle sah aus wie ein flatterndes Gespenst, das sich an mir festhalten wollte. Dagegen hatte ich etwas.
Ich packte mit beiden Händen zu, erwischte ihn an den oberen Rändern der Weste, wuchtete ihn zuerst herum und schleuderte ihn dann gegen die Wand.
Der Zufall wollte es, daß er genau eine Lücke zwischen zwei Bildern erwischte und keines davon abriß. Auch sein Hinterkopf war in Mitleidenschaft gezogen worden. Lassalle zuckte mit dem Kopf, dann brach er in die Knie und blieb vor meinen Hülsen liegen.
Suko hatte mittlerweile die Pistole gefunden und sie aufgehoben. »Es ist eine Beretta, John. Wahrscheinlich Janes Waffe. Also hat er sie überwältigt.«
»Okay, Suko. Kümmere du dich um Lassalle. Ich möchte nach Julia Mason sehen.« Nur sie konnte den Kamerablitz ausgelöst haben. Ich hatte auch den leisen Schrei der Frauenstimme nicht vergessen, aber ich spürte auch die Angst in mir, denn Lassalle hatte in ihre Richtung geschossen. Da ich von ihr nichts vernahm, mußte ich davon ausgehen, daß sie möglicherweise getroffen war. Es gab noch immer kein normales Licht. So verließ ich mich auf den Strahl der Lampe, dessen Ende den dunklen Gegenstand erreichte, der auf dem Boden lag.
Es war ein menschlicher Körper mit leicht angezogenen Beinen. Das blonde Haar fiel auf, und dann erfaßte der kleine Lichtkegel das Gesicht. Mit dem nächsten Schritt war ich bei Julia, die so steif dalag, daß ich Furcht bekam.
In ihrem Gesicht bewegte sich nichts. Ihre Augen standen weit offen, ebenso der Mund. Die Kamera hatte sie um den Hals gehängt. Der Riemen sah aus wie eine braune, tote Schlange.
»Julia…?«
Ihre Augen bewegten sich. Dann zuckten die Wangen. Ich atmete auf, weil sie lebte. »He, Kleine…«
Sie starrte mich an. Suchte nach Worten. Hatte sie gefunden und flüsterte: »Man hat auf mich geschossen. Ja, man hat auf mich geschossen, ehrlich.«
»Ich weiß, aber das ist vorbei.«
»Es tut so weh.«
Ich erschrak. »Wo?«
»Unten am Bein, an der rechten Wade.«
Ich leuchtete hin. Dort war der Stoff naß vom ausgetretenen Blut. Ein Beinschuß war normalerweise nicht tödlich, aber so etwas tat immer verdammt weh.
»Bleiben Sie jetzt ruhig liegen!« ermahnte ich sie leise. »Nur keine überflüssige Bewegung, das haben wir gleich.«
»Okay, Mr. Sinclair.«
Ich schob das entsprechende Hosenbein in die Höhe, das zum Glück nicht so stramm saß. Wenig später konnte ich mir die Verletzung anschauen und atmete abermals auf, weil es nur eine Schramme war. Die Kugel hatte nicht voll getroffen. Sie war nicht in das Fleisch und die Muskeln der Wade hineingefahren, sondern hatte sie nur gestreift. Deshalb nicht mehr als eine blutige Schramme.
»Was ist denn?« flüsterte sie.
»Sie haben Glück gehabt, Julia. Nur ein Streifschuß. Das hätte auch anders enden können.«
»Ich wußte ja nicht, daß er sofort schießt.«
»Manche Menschen
Weitere Kostenlose Bücher