Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21
vielleicht nicht so ohrenbetäubend gewesen.
»Laut und deutlich«, sagte ich. »Grund zur Durchsuchung.«
Er hob den Griff zur Hälfte an. Schaute in den Spalt. Er musste aufstehen und sich mit seinem Gewicht hineinlegen, um ihn ganz hochzubekommen. Die Luke gab mit einem abschließenden Flüstern nach, und er trat zurück. Wartete. Schob sich langsam an die Öffnung heran. Schaute wieder hinein.
Eine Wendeltreppe wand sich durch eine Röhre aus gewelltem Stahl nach unten, metallene Stufen, die mit Isolierbelag versehen waren. Die Treppe war mit Nieten an der Unterseite des Randes befestigt.
»Die große Frage bleibt bestehen«, sagte er.
»Ist er dort unten?«
»Keiner der Wagen ist vor kurzem gefahren worden, aber das kann auch bedeuten, dass er seit einer Weile unten kampiert.« Er zog seine Boots aus und löste das Holster von seinem Gürtel, ließ die Pistole aber darin stecken. Er setzte sich auf die Kante der Öffnung und schwang die Beine hinein. »Falls mir etwas zustößt, kannst du meine Lunchbox mit Bert, der Schildkröte, haben.«
Er stieg hinunter. Ich zog meine Schuhe aus und folgte ihm.
»Bleib oben, Alex.«
»Damit ich allein hier bin, falls er vorbeikommt?«
Er begann zu widersprechen. Unterbrach sich mitten im Satz. Nicht, weil er seine Meinung geändert hatte.
Er starrte etwas an.
Am Fuß der Treppe befand sich eine Tür aus dem gleichen grauen Stahl wie die Luke. Ein Garderobenhaken aus glänzendem Messing war daran festgeschraubt.
An dem Haken hing ein straff gespanntes weißes Nylonseil. Seine Enden waren um ein Ohrenpaar geschlungen.
Wachsbleiche Ohren.
Der Kopf zwischen ihnen war schmal, wohlgeformt und von einem dichten, dunklen Haarschopf gekrönt.
Das Gesicht zwar wohlgeformt, aber grauenhaft. Die Haut sah aus, als wäre sie aus Papier. Klumpen verzerrten die Wangenknochen, wo Füllmaterial sich gesetzt hatte. Fast unsichtbare Nähte hielten den Mund geschlossen und die Augen geöffnet. Blaue Augen, die überrascht aufgerissen waren.
Aus Glas.
Das Ding, das einmal Dylan Meserve gewesen war, war so lebensecht wie ein Puppenkopf.
Milo kroch heraus. Sein Kehlkopf zuckte. Er schritt auf und ab.
Ich rückte näher an die Öffnung heran und roch das Formaldehyd. Sah, dass etwas auf der Tür geschrieben stand, zwei Zentimeter unter dem Kinn des Dings.
Schob mich so weit hinunter, dass ich es lesen konnte.
Saubere Druckschrift mit schwarzem Markierstift.
PROJEKT VOLLENDET
Darunter ein Datum und eine Uhrzeit. Zwei Uhr morgens. Vor vier Tagen.
Milo ging eine Weile herum und suchte nach Hinweisen auf ein Begräbnis, kehrte kopfschüttelnd zurück und schaute in den Schlund des Atombunkers. »Gott weiß, was sich noch alles da unten befindet. Das moralische Dilemma besteht darin …«
»Ob jemand da unten ist, der gerettet werden kann«, sagte ich. »Und falls dort jemand ist, ob der Versuch die Sache nur noch schlimmer macht. Du könntest versuchen, ihn anzurufen, und wenn er da unten ist, können wir vielleicht das Klingeln hören.«
»Falls wir es hören können, hat er uns vermutlich schon gehört.«
»Wenigstens geht er nirgendwohin.« Ich musterte den hängenden Kopf. »Hinreichender Tatverdacht.«
Er holte sein Handy heraus und gab Brad Dowds Nummer ein.
Von unten war kein Laut zu hören.
Seine Augen weiteten sich. »Mr. Dowd? Lieutenant Sturgis … nein, nichts schrecklich Wichtiges, aber ich dachte, vielleicht könnten wir ein bisschen über Reynold Peaty plaudern … nur um ein paar offene Fragen zu klären … ich dachte eigentlich eher an heute Abend, wo sind Sie? … Da sind wir vorhin vorbeigefahren … ja, das müssen wir wohl … hören Sie, Sir, nein, nein, vermutlich kommen wir auf dem Rückweg bei Ihnen zu Hause vorbei, wir sind nicht so weit entfernt. Camarillo … eigentlich hat es damit zu tun, aber mehr kann ich dazu nicht sagen … tut mir leid … können wir dann - sind Sie sicher? Heute wäre viel einfacher, Mr. Dowd … okay, ich verstehe, klar. Dann bis morgen.«
Klick.
Er sagte: »Ein harter Tag draußen in Pasadena, Rohrbrüche, bla bla bla. Äußerst cool und charmant, bis ich Camarillo erwähnte. Da kam die Stimme ein wenig ins Stocken. Ich helfe Ihnen gerne, Lieutenant, aber heute kann ich einfach nicht.«
»Du hast ihm einen kleinen Schock versetzt, das muss er erst mal verarbeiten. Vielleicht kommt er darauf zurück, was ihn in seiner Kindheit wieder beruhigt hat.«
»Was ist das?«
»Das
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