Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21
an den Rändern leicht rosa verfärbt. Mit einem wütenden Knurren unterdrückte er eine Welle von Emotionen.
»Was glauben Sie also?«, wollte er von Milo wissen. »Hat dieses tote Mädchen etwas mit Tori zu tun?«
»Ich weiß noch nicht genug, um irgendetwas zu glauben, Sir.«
»Aber Sie nehmen an, dass Tori tot ist, stimmt’s?«
»Das kann ich Ihnen auch nicht sagen, Mr. Giacomo.«
»Sie können es nicht sagen, aber Sie wissen es, und ich weiß es. Zwei Jahre. Auf jeden Fall hätte sie ihre Mutter angerufen.«
Milo antwortete nicht.
»Das andere Mädchen«, sagte Giacomo. »Wer hat sie umgebracht?«
»Die Ermittlungen haben gerade begonnen.«
»Haben Sie eine Menge von denen? Junge Frauen, die Filmstars werden wollen und in große Schwierigkeiten geraten?«
»Es kommt vor -«
»Ich wette, es kommt oft vor. Wie heißt die Schauspielschule, in die das andere Mädchen gegangen ist?«
Milo rieb sich das Gesicht. »Sir, es wäre keine gute Idee, wenn Sie dorthin gingen -«
»Warum nicht?«
»Wie ich schon sagte, die Ermittlungen haben gerade erst -«
»Ich will sie doch nur fragen, ob sie Tori kennen.«
»Ich werde für Sie fragen, Sir. Falls ich etwas herausfinde, rufe ich Sie an. Das ist ein Versprechen.«
»Versprechen, Versprechen«, sagte Giacomo. »Es ist ein freies Land. Nichts ist illegal daran, wenn ich dorthin gehe.«
»Sich in eine laufende Ermittlung einzumischen ist illegal, Sir. Bitte, machen Sie Ihr Leben nicht komplizierter als unbedingt nötig.«
»Ist das’ne Art Drohung?«
»Es ist eine Bitte, sich nicht einzumischen. Falls ich irgendetwas über Tori erfahre, sage ich es Ihnen.« Milo legte Geld auf den Tisch und stand auf.
Lou Giacomo erhob sich ebenfalls. Nahm seinen roten Koffer in die Hand und fischte in einer Gesäßtasche herum. »Ich bezahle mein Bier selbst.«
»Machen Sie sich deswegen keine Sorgen.«
»Ich mache mir keine Sorgen, das ist reine Zeitverschwendung. Ich bezahle mein Bier selbst.« Giacomo zog eine so vollgestopfte Brieftasche heraus, dass sie beinahe rund war. Er nahm einen Fünf-Dollar-Schein heraus und warf ihn neben Milos Geld.
»Falls ich bei Ihrem Gerichtsmediziner anrufe und nach nicht abgeholten Leichen frage, was werde ich da zu hören bekommen?«
»Wie kommen Sie auf die Idee, dass das auf Tori zutrifft, Mr. Giacomo?«
»Ich hab diese Sendung im Kabelfernsehen gesehen. Detectives der Spurensicherung, etwas in der Art. Sie sagten, wenn Leichen nicht abgeholt werden, macht man manchmal einen DNS-Test und löst so einen alten Fall. Was würden sie mir also sagen, wenn ich danach fragte?«
»Falls ein Verstorbener identifiziert ist und jemand seine Verwandtschaft unter Beweis stellt, erhält er Formulare zum Ausfüllen, und dann kann die Leiche freigegeben werden.«
»Ist das eine dieser mit schrecklich viel Papierkrieg verbundenen Prozeduren?«
»Es kann normalerweise in zwei, drei Tagen erledigt werden.«
»Wie lange bewahrt man sie auf?«, fragte Giacomo. »Nicht abgeholte Leichen.«
Milo antwortete nicht.
»Wie lange, Lieutenant?«
»Rechtlich gesehen, maximal ein Jahr, aber normalerweise ist es weniger.«
»Wie viel weniger?«
»Es können dreißig bis neunzig Tage sein.«
»Wow. Rein und raus, was?«, sagte Giacomo. »Was ist, haben Sie einen Verkehrsstau bei Leichen?«
Milo schwieg.
»Selbst wenn es sich um einen Mord handelt?«, setzte Giacomo nach. »Bei einem Mord muss man sie länger aufbewahren, stimmt’s?«
»Nein, Sir.«
»Muss man sie nicht für diesen ganzen forensischen Kram aufbewahren?«
»Beweismaterial wird gesammelt und verwahrt. Was nicht … notwendig ist, wird nicht aufgehoben.«
»Was, irgendein Angestellter wird bezahlt, um Leichen abzuservieren?«, fragte Giacomo.
»Es gibt ein Platzproblem.«
»Und das gilt auch für Mord?«
»Das gilt auch für Mord«, sagte Milo.
»Okay, was dann? Was passiert mit der Leiche, wenn niemand sie abholt?«
»Sir -«
»Sagen Sie’s mir.« Giacomo knöpfte sein Jackett zu. »Ich bin einer von denen, die nicht weglaufen, wenn sie Scheiße direkt begegnen. Ich hab in keinem Krieg gekämpft, aber die Marines haben mir beigebracht, wie man damit umgeht. Was ist der nächste Schritt?«
»Das Krematorium des County.«
»Sie werden verbrannt … okay, was geschieht mit der Asche?«
»Die wird in eine Urne gesteckt und zwei Jahre aufbewahrt. Falls jemand beweist, dass er ein Verwandter ist, und 541 Dollar für Transportkosten bezahlt, bekommt er die Urne. Falls niemand
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