Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21
der Tür ankamen, hatte Brad sein Abendessen ausgepackt und sagte: »Das ist spitze, Bill.«
Während wir die Treppe zum Erdgeschoss der Ladenzeile hinabstiegen, sagte Milo: »Das Sandwich roch gut.«
Wir parkten in der Nähe der westlichen Flughafenbegrenzung. Der Kaffee aus dem Café DiGiorgio war schwarz und stark. Milo schob den Sitz so weit wie möglich zurück und widmete sich seinem Hackf leisch-Paprika-Sandwich.
Nach vier heftigen Bissen legte er eine Pause ein, um Luft zu holen. »Sieht so aus, als ob der gute Bradley auf seine Geschwister aufpasst.«
»Sieht so aus, als hätten beide es nötig, dass man auf sie aufpasst.«
»Wie lautet deine Diagnose zu Billy?«
»Das beste Wort ist vermutlich ›einfältig‹.«
»Und Nora ist eine ausgeflippte Kifferin.«
»Du könntest dich morgen zum Staatsexamen anmelden«, sagte ich.
Er suchte den blauen Himmel ab. Keine schnittigen weißen Jets, die seinen Phantasien Zucker gaben. Er zog Brad Dowds gelbe Geschäftskarte aus der Tasche und reichte sie mir.
Festes, schweres Papier. Bradley Dowds Name in einer schokoladenbraunen Kursivschrift über einer Telefonnummer mit einer 825er Vorwahl.
»Die Visitenkarte eines Gentlemans«, sagte ich. »Das sieht man nicht mehr so oft.«
»Einmal reicher Sohn, immer reicher Sohn. Ich werde ihn heute Abend anrufen und herausfinden, worüber er nicht vor seinem Bruder reden wollte.«
Ich kam um sechs nach Hause, löschte ein Band voller überflüssiger Nachrichten und hörte mir eine von Robin an, die vor zehn Minuten aufgenommen worden war.
»Ich könnte dir sagen, dass ich aus Kummer um unser verstorbenes Hündchen anrufe, aber es ist in Wirklichkeit … der Wunsch nach Sex. Nehme ich an. Ich hoffe, du bist allein, wenn du das abhörst. Bitte lösch es. Bye.«
Ich rief sie zurück. »Ich hab’s gelöscht.«
»Ich bin einsam«, sagte sie.
»Ich auch.«
»Sollen wir was dagegen unternehmen?«
»Ich denke schon.«
»Das hört sich zwar nicht gerade nach wilder Leidenschaft an, aber ich nehme, was ich kriegen kann.«
Um sieben war ich in ihrem Haus in Venice. Wir verbrachten die nächste Stunde im Bett und den restlichen Abend damit, die Zeitung zu lesen und auf dem Movie Channel das letzte Drittel von Humoreske zu sehen.
Als der Film zu Ende war, stand sie ohne ein Wort auf und ging in ihr Atelier.
Ich versuchte zu schlafen und hatte nicht viel Erfolg, bis sie wieder ins Bett kam. Kurz nach sieben war ich wach, als das Licht aus Westen, das durch ihre Vorhänge strömte, nicht mehr ignoriert werden konnte.
Sie stand nackt neben dem Fenster mit einer Tasse Tee in der Hand. Sie hatte früher immer Kaffee getrunken.
Ich krächzte etwas, das sich fast wie »Morgen« anhörte.
»Du hast viel geträumt.«
»Hab ich Krach gemacht?«
»Du warst aktiv. Ich hol dir einen Kaffee.«
»Komm wieder ins Bett, ich hol ihn mir selber.«
»Nein, entspann dich.« Sie trottete hinaus, kam mit einem Becher zurück und blieb neben dem Bett stehen.
Ich trank und räusperte mich. »Danke. Bist du jetzt Teetrinkerin?«
»Manchmal.«
»Wie lange bist du schon wach?«
»Zwei Stunden.«
»Meine Aktivität?«
»Nein, ich hab mich in eine Frühaufsteherin verwandelt.«
»Um Kühe zu melken und Eier einzusammeln.«
Sie lächelte, zog einen Morgenmantel an und setzte sich aufs Bett.
»Komm wieder rein«, sagte ich.
»Nein, sobald ich auf bin, bin ich auf.« Sie zwang sich zu lächeln. Ich konnte förmlich riechen, welche Mühe sie sich gab.
»Möchtest du, dass ich gehe?«
»Natürlich nicht«, sagte sie zu schnell. »Bleib, so lange du willst. Ich habe nicht viel zum Frühstück da.«
»Ich hab keinen Hunger«, erwiderte ich. »Du musst arbeiten.«
»Irgendwann.«
Sie küsste mich auf die Stirn, stand auf, ging zu ihrem Schrank und begann sich anzuziehen. Ich ging ins Bad, um zu duschen. Als ich damit fertig und abgetrocknet und angezogen war, summte ihre Bandsäge.
Ich nahm mein Frühstück bei John O’Groats am Pico zu mir, das nicht direkt auf meinem Heimweg lag, weil ich Lust auf irischen Haferbrei hatte und mir der Gedanke, in der Gesellschaft von Fremden zu frühstücken, angenehm schien. Ich saß an der Theke und las die Zeitung. Über Michaela stand nichts drin. Dazu bestand auch kein Grund.
Zu Hause angekommen, erledigte ich einigen Papierkram und dachte über Nora Dowds gelangweilte Antworten auf Milos Fragen nach.
Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, Mitleid oder Interesse
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