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Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21

Titel: Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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nach einem weiteren Bier, änderte die Bestellung dann zu einer Cola.
    Die fünfundsechzigjährige Bardame lachte. »Selbstbeherrschung ist doch eigentlich ein Fremdwort für Sie.«
    »Seien Sie nicht so grausam«, sagte Milo, und sie lachte noch ein bisschen und ging.
    Mir fiel auf, dass alle Gäste Männer waren. Ich dachte darüber nach, als Milo mit dem Zeigefinger auf die Theke klopfte. »Meserve, Peaty, Bruder Billy. Im Grundkurs Mordermittlung heißt es, man soll den Kreis der Verdächtigen enger ziehen. Ich scheine genau das Gegenteil zu tun.«
    »Auf der Suche nach Wahrheit«, sagte ich.
    »Oh, diese Qualen.«

18
    Um zwanzig Uhr dreiundfünfzig stellten wir den Wagen vier Häuserblocks westlich des PlayHouse ab. Als wir zu Fuß auf die Schauspielschule zugingen, war Milos Körper nach vorn geneigt, als marschiere er gegen einen Schneesturm an. Er spähte in Seitenstraßen, Zufahrten und Gassen hinein, um nach Michaela Brands kleinem schwarzen Honda Ausschau zu halten.
    Der Suchbefehl nach dem Wagen war auf den ganzen Bundesstaat ausgedehnt worden. Milo und ich waren vor ein paar Tagen durch genau diese Straßen gefahren, es bestand kein Grund, jetzt noch einmal nachzusehen.
    Die Fähigkeit, logische Bedenken außer Acht zu lassen, macht manchmal den großen Detective aus.
     
    Wir kamen um fünf nach neun an dem Haus an, vor dem sich einige Leute versammelt hatten.
    Das Licht auf der Veranda erlaubte es mir zu zählen, als wir uns der Vordertreppe näherten. Acht Frauen, fünf Männer. Alle waren sie schlank, jung und gut aussehend.
    Milo murmelte: »Mutanten«, als er die Treppe ansteuerte. Dreizehn Augenpaare wandten sich ihm zu und beobachteten ihn. Einige der Frauen wichen zurück.
    Die Männer hatten ungefähr die gleiche Größe: zwischen eins achtzig und eins neunzig. Breite Schultern, schmale Hüften, kantige Gesichter, die merkwürdig statisch wirkten. Die Größenunterschiede bei den Frauen fielen mehr ins Auge, aber ihre Körperformen waren identisch: lange Beine, flache Bäuche, Wespentaillen, straffe Hinterteile, hohe, ausladende Brüste.
    Manikürte Hände umklammerten Wasserflaschen aus Plastik und Mobiltelefone. Große, hungrige Augen stellten unsere Anwesenheit in Frage. Milo trat in die Mitte der Veranda, und die Schauspielstudenten machten ihm Platz. Das Licht betonte jede Falte und Narbe, jede Runzel und Pore. Er sah schwerer und älter aus denn je.
    »Abend, Leute.«
    Zweifelndes Starren, allgemeine Verwirrung, Grinsen und Seitenblicke, wie man sie in der Cafeteria einer Mittelschule sieht.
    Einer der jungen Männer fragte: »Was liegt an?«, wobei er die Wörter auf geübte Weise verschliff.
    Brando in Die Faust im Nacken ? Oder war das graue Vorzeit?
    »Ein Verbrechen liegt an, mein Freund.« Milo bewegte sein Abzeichen, so dass Licht darauf fiel.
    Jemand sagte: »Wow.« Ein paar kicherten, bevor sich wieder Schweigen breitmachte.
    Milo schaute auf seine Timex. »Sollte der Kurs nicht vor zehn Minuten anfangen?«
    »Die Dozentin ist nicht hier«, sagte ein anderer Adonis. Er rüttelte an der Klinke der Haustür.
    »Warten auf Nora«, sagte Milo.
    »Besser als auf Godot.«
    »Hoffentlich taucht sie auf, im Gegensatz zu ihm.« Milos wölfisches Grinsen veranlasste den jungen Mann, ebenfalls die Zähne zu zeigen. Er warf den Kopf zurück, und eine Schicht schwarzen Haars bauschte sich und fiel wieder an ihren Platz.
    »Kommt Nora oft zu spät?«
    Achselzucken.
    »Manchmal«, sagte eine junge Frau mit blonden Locken und derart gewölbten Lippen, dass sie winzigen Pobacken ähnelten. Die Lippen und untertassengroße blaue Augen verliehen ihr einen fassungslosen Gesichtsausdruck. Eine Gummipuppe, die kaum die Schwelle des Lebens überschritten hatte.
    »Nun ja«, sagte Milo, »das gibt uns Zeit zum Plaudern.«
    Schlucke aus Wasserflaschen. Mehrere Handys wurden aufgeklappt und erzeugten eine Reihe Quiekgeräusche wie von elektronischen Mäusen.
    »Ich nehme an«, sagte Milo, »ihr habt von Michaela Brand gehört.«
    Schweigen. Ein Nicken, dann zwei. Dann zehn.
    »Wenn irgendjemand etwas zu sagen hat, würde ich das sehr zu schätzen wissen.«
    Ein Wagen fuhr in westlicher Richtung vorbei. Mehrere Schauspielschüler folgten seinen kleiner werdenden Rücklichtern, dankbar für die Ablenkung.
    »Irgendetwas, Leute?«
    Langsames Kopfschütteln.
    »Überhaupt nichts?«
    »Alle sind ausgeflippt«, sagte ein dunkelhaariges Mädchen mit spitzem Kinn und den Augen eines Kojoten. Sie seufzte tief.

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