Blutgold
»Schmutziger Frank«, sagte Shane und
deutete auf die Spritzer.
Dies waren die normalsten Augenblicke, die ich in den letzten Wochen
erlebt hatte, und so froh ich war, Natalia helfen zu können, so glücklich war
ich darüber, mein Haus für eine Weile nur für mich und meine Familie zu haben.
21
Sonntag, 22. Oktober
Gilmore
rief mich am nächsten Morgen um halb neun an, als ich gerade mit Natalia auf
dem Heimweg von der Messe war. Sie hatte nicht viel gesprochen, doch ich hatte
versucht, ihr zu erklären, dass ich an diesem Vormittag nach Pol Strandmann
suchen wollte: Ich hatte ihr an meinem Kopf den Verlauf seiner Narbe gezeigt.
Sie hatte genickt und sanft gelächelt.
Am
Grenzübergang zwischen Strabane und Lifford stehen fünf hohe Metallskulpturen
irischer Tänzer und Musikanten. Unter diesen Skulpturen traf ich mich mit
Gilmore. Zwei Wagenladungen Beamte sollten den Markt durchkämmen, darunter auch
Zoll- und Steuerfahnder, die nach geschmuggelten Zigaretten und DVD -Raubkopien suchten, wie sie auf solchen Märkten und
Trödelmärkten häufig verkauft wurden. Wir würden uns an sie hängen, vorgeblich
um sie zu unterstützen, doch eigentlich um Ausschau nach Strandmann zu halten.
Um kurz vor elf trafen wir am Markt ein. Vor dem Eingang zu den
Footballfeldern, auf denen der Markt abgehalten wurde, hatte sich eine
Autoschlange gebildet. Mehrere Hundert Fahrzeuge standen schon auf dem Gelände,
und zahlreiche Stände waren bereits aufgebaut, viele neben weißen Transportern.
Schon jetzt schlenderten die Leute scharenweise zwischen den Ständen hindurch.
Hinter dem Markt war das Rollfeld des Flughafens zu sehen, über das gerade ein
Leichtflugzeug rollte und schwankend abhob.
Einer der leitenden Fahnder blieb an dem kleinen Schuppen am Eingang
stehen, wo jeder Marktbesucher Eintritt zahlen musste. Er bat darum, den
Organisator zu sprechen, und dann warteten wir, bis jemand den Mann holte.
Wenige Minuten später kam Owen Corrigan, ein kleiner stämmiger Mann mit
ergrauendem Haar, zu uns. Über seinem Anzug trug er eine Reflektorweste.
Er las den Durchsuchungsbefehl, den man ihm zeigte, und beteuerte dann,
sämtliche Stände auf dem Markt seien gänzlich koscher. Er für seinen Teil habe
jedenfalls alles getan, was in seiner Macht stehe, damit auf diesem Markt
nichts Illegales geschah. Er deutete auf eine ramponierte Bekanntmachung an der
Seitenwand des Schuppens, auf der die Händler gewarnt wurden, der Verkauf
gefälschter Waren werde mit dem Ausschluss vom Markt geahndet.
Der leitende Fahnder, dessen Namen Gilmore mir genannt, den ich aber
sogleich wieder vergessen hatte, nickte uns zu, und wir gingen durch das Tor auf
den Markt. Mehrere Hundert Stände waren aufgebaut, und vor dem ersten
Transporter zu unserer Linken, wo Burger verkauft wurden, hatte sich bereits
eine Schlange gebildet. Bei dem Geruch gebratener Zwiebeln so früh am Tag
drehte sich mir der Magen um.
An den nächsten Ständen wurde Kleidung verkauft, teils secondhand,
teils fabrikneue B-Ware, wie es aussah. Auf einem Tapeziertisch türmten sich
Jeans. Dort drängten sich Frauen und rangelten um einen guten Platz, zogen die
Jeans vom Tisch und sahen nach den Kleidergrößen. Mehrere dieser Frauen hielt
ich für Osteuropäerinnen.
Wir gingen den ersten Gang entlang. Zwei junge Burschen fast am Ende
des Gangs hatten auf einem Klapptisch dreißig oder vierzig Stapel mit DVD -Raubkopien
liegen. Auf dem Boden neben ihnen lag eine Reisetasche, in der sich weitere DVD s
türmten. Als sie uns bemerkten, standen bereits zwei Zollbeamte hinter ihnen
und drängten sie gegen ihren eigenen Tisch.
Gilmore bedeutete mir mit einem Nicken, die Suche nach Strandmann
fortzusetzen. Manche Händler schienen uns als Polizisten zu erkennen, denn mir
fiel auf, dass einige von ihnen hastig Gegenstände von ihren Tischen abräumten,
als wir uns näherten, und sich dann bemüht lässig gaben.
Im letzten Gang entdeckte ich Strandmann schließlich. Ein großer weißer
Lieferwagen parkte strategisch günstig in der hinteren Ecke, wo zwei Gänge sich
kreuzten. Strandmann stand im Heck des Wagens. Um ihn herum stapelte sich
Toilettenpapier, doch ich sah, wie er den Leuten längliche, in blaue
Plastiktüten verpackte Gegenstände reichte.
»Ist er das?«, fragte Gilmore. Er war unauffällig neben mich getreten.
Nun stand er mit den Händen in den Taschen an einem Stand und gab vor, die
ausgestellten Porzellanhunde zu betrachten.
Ich nickte.
»Der verkauft
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