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Blutgrab

Blutgrab

Titel: Blutgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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schnell. Ich hab ihn eingewickelt und in den Kofferraum verfrachtet. Ja, und da ist er nun.«
    »Es gibt keinen Grund, stolz zu sein«, beschwerte sich Michels. »Wir hatten gesagt, dass wir keine Alleingange mehr machen wollten.«
    »Und wir hatten gesagt, dass es keinen einzigen Zeugen geben soll. Wer was sieht, ist dran.« Fritz strich sich mit der Handkante über die Kehle.
    »Das ist seit heute Vormittag hinfällig. Es gibt schätzungsweise ein paar Hundert Menschen, die uns in Aktion gesehen haben.«
    »Da waren wir verkleidet«, verteidigte Fritz.
    »Komm aus dem Quark und quatsch keine Opern«, drängte Michels. Zu zweit zogen sie den Leichnam des Portiers aus dem Kofferraum und trugen ihn bis vor das große Tor des zoologischen Gartens. Hier wickelten sie den Mann aus dem Tuch und drapierten ihn rücklings auf dem Boden - gleich vor dem verschlossenen Tor.
    Es war ein skurriler Anblick, doch die Männer waren begeistert von ihrem Werk. Fritz faltete die alte Wachstuchdecke sorgfältig zusammen und klemmte sie sich unter den Arm.
    »Sieht doch gut aus«, grinste Grundinger.
    Michels drängte. »Willst du noch ein Foto machen, oder können wir dann verschwinden?«
    »Bleib locker, wir kommen schon.« Fritz und Grundinger folgten Michels zu dem Mercedes. Sie fragten sich, warum es ihr Partner so eilig hatte, sagten aber nichts dazu. Bernd Michels wirkte ungewöhnlich nervös an diesem Abend, und das lag sicher nicht am folgenden Tag, denn der war bereits bis ins letzte Detail durchgeplant. Eigentlich konnte mal wieder nichts schiefgehen. Sie stiegen ein und waren schon bald unerkannt in der Nacht entkommen.
    Wuppertal-Bannen, An der Bergbahn, 1.10 Uhr
    Ulbricht erwachte, weil irgendetwas in seiner Wohnung nicht zu stimmen schien. Langsam kehrte er in die Realität zurück und spürte im gleichen Moment alle seiner zweihundert lahmen Knochen. Nach dem Essen hatte er sich mit Maja noch das eine oder andere Glas Weißwein gegönnt. Irgendwann waren sie dann schlafen gegangen - er hatte ihr sein Bett überlassen und hatte es sich auf der Couch im Wohnzimmer gemütlich gemacht. Kaum, dass er sich die alte karierte Wolldecke bis zum Kinn gezogen hatte, war er in einen komatösen Tiefschlaf gefallen. Sicherlich eine Folge der Anstrengungen am Tag und des Weines. Bier war er gewöhnt, aber der Rebensaft machte ihn immer sehr schläfrig.
    Regungslos lag er jetzt sekundenlang mit geschlossenen Augen da und überlegte, was ihn geweckt hatte.
    Stille umfing ihn, eine eigenartige Stille, die jedes Geräusch zu schlucken schien. Es war eine ungewöhnliche Stille für die Stadt, in der er lebte, überlegte er noch und fragte sich, wo die permanente Geräuschkulisse war, die das Fernsehen absonderte, bei dem er eingeschlafen war. Nun blinzelte er und stellte verwundert fest, dass es nicht nur still, sondern auch dunkel war. Wie war das möglich - er schlief zwar in seinem kleinen Schlafzimmer nur in absoluter Dunkelheit, doch hier im Wohnzimmer brannte immer die kleine Stehlampe - auch dann, wenn er einschlief.
    Es war dunkel in seiner Wohnung, und erst jetzt fiel Ulbricht auf, dass auch der alte Kühlschrank in der benachbarten Küche nicht summte. Das Ding hatte mehr als zwei Jahrzehnte auf dem Buckel und wurde von umweltbewussten Menschen wahrscheinlich in die Energieeffizienzklasse dreihundertsiebenundvierzig eingeordnet, und normalerweise nervte ihn das Brummen auch.
    Doch es herrschte Stille.
    Ulbricht wandte den Kopf und versuchte die Ziffern auf dem digitalen Receiver, den er sich notwendigerweise nach der Umstellung von analogem auf digitales Fernsehen zugelegt hatte, zu erkennen. Noch lange hatte er nicht die Raffinessen der kleinen flachen Kiste ergründet, doch mit der modernen Technik stand er ständig auf Kriegsfuß, daher genügte es ihm, wenn er seine Lieblingsprogramme damit sehen konnte. Wiebke hatte ihm irgendwann am Telefon erklärt, dass er auch das laufende Fernsehprogramm zurückspulen konnte, beispielsweise, wenn man eine spannende Szene in einem Film oder das Tor im Fußballspiel noch einmal ansehen wollte.
    Die Ziffern waren dunkel.
    War die Kiste etwa schon kaputt? Na, denen von der Telekom würde er etwas erzählen!
    Wahrscheinlich war der Receiver auch dafür verantwortlich, dass die Hauptsicherung in seiner Wohnung durchgeknallt war.
    Neumodischer Scheiß, fluchte er in Gedanken und erhob sich ächzend. Immer, wenn er einige Stunden in gekrümmter Haltung auf dem Sofa verbracht hatte, wurde er

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