Blutheide
nehmen, die hochoffizielle Begrüßung selbst vorzunehmen.«
Katharina musste lachen. »Mausi, soso. Ja, Herrn Mausner hab’ ich in der Tat gestern kennengelernt.«
»Na also, dacht’ ich mir’s doch. Ich war übrigens ein paar Tage zur Fortbildung, sonst hätt’ ich dich natürlich gleich in die Geheimnisse unserer Lüneburger Dienststelle eingeweiht.«
»Wir werden ja vermutlich noch genug Gelegenheit dazu haben«, erwiderte Katharina, »außerdem haben wir zwei Fälle auf dem Tisch, mit denen sollte ich dich wohl erst mal vertraut machen.«
»Gute Idee, aber ich hol uns beiden Hübschen noch schnell was zum Futtern, und dann kannst du mich aufklären. Mir hängt der Magen jetzt schon in den Kniekehlen, der ist halt seine festen Zeiten gewohnt … Currywurst oder Döner?«
»Na, bei der Auswahl … überlass ich dir die Wahl und schließ mich an!«
Katharina sah Tobi kurz nach, als er das Büro verließ. Sie hatte überhaupt nicht bemerkt, dass es schon Mittag war. Gleich nach der Besprechung am frühen Morgen mit Ben hatte sie sich komplett in die Entschlüsselung des Textes auf dem kleinen Zettel vertieft. Sie hatte versucht, die Wortfragmente zu deuten und im Netz zu recherchieren, um einen Zusammenhang der Bruchstücke herzustellen. Sehr weit war sie noch nicht gekommen. Dass Ben sein Büro verlassen hatte, war ihr auch entgangen. Seit sie heute ins Büro gekommen war, hatte sie ihn nur noch einmal bei der Besprechung gesehen und dann später noch einmal kurz, als er ihr einen Becher Kaffee auf den Tisch gestellt hatte, aber mehr als ein kurzes »Danke« war da nicht gewesen. Sie hatte sich komplett an diesem vermeintlichen Beweisstück festgefressen. Hoffentlich lohnte sich das am Ende auch, und das Stück Papier würde sich nicht als alter Einkaufszettel herausstellen! Auf jeden Fall würde ihr – und vor allem ihren Augen – eine kurze Pause mit dem plauderwütigen Kollegen gut tun. Er schien das krasse Gegenteil zu Ben zu sein, der ja eher nur das Nötigste über die Lippen brachte. Als Tobi kurze Zeit später mit zwei Tüten vom Dönerladen durch die Tür kam, merkte sie, wie hungrig sie tatsächlich war. Zur Bestätigung knurrte jetzt auch unüberhörbar ihr Magen.
12.57 Uhr
Ben betrat die Terrasse des Hotels Heideglanz. Er hatte beschlossen, sich noch einmal allein und ohne den ganzen Trubel den Tatort anzusehen. Das tat er meistens, wenn er einen neuen Fall auf dem Tisch hatte. Diesmal gab es aber noch einen weiteren Grund, nicht am Schreibtisch über den Fall nachzugrübeln. Er wollte die Gelegenheit nutzen, sich nach der Tatortbesichtigung mit Benedict zu treffen. Nachdem er bereits heute Morgen noch ein paar Stunden in den Akten gewühlt und nach einer möglichen Spur in einem der beiden Mordfälle gesucht hatte, war es an der Zeit gewesen: Er hatte zum Telefon gegriffen und Benedicts Handy-Nummer gewählt. Diesmal hatte er Glück gehabt. Sein Bruder meldete sich schon nach dem zweiten Klingeln, als hätte er nur darauf gewartet. Ben war ohne Umschweife zum Punkt gekommen und hatte Benedict mit den einleitenden Worten: »Ich bin’s, ich denke wir sollten reden!«, um ein Treffen am Abend gebeten. Zu seiner Überraschung hatte sein Zwilling gefragt, ob es auch schon gegen Mittag ginge, da er ab dem späten Nachmittag arbeiten müsse. Er hatte also einen Job in Lüneburg! Ben hoffte darauf, dass es wirklich ein ›normaler‹ Job war. Da offensichtlich beide das unumgängliche Gespräch nicht weiter hinauszögern wollten, hatten sie sich für 13.30 Uhr im Lebrello verabredet. Ben war nervös. Da waren so viele offene Fragen, und gleichzeitig war er gar nicht sicher, ob er alle Antworten wissen wollte. Er sah sich noch einmal in Ruhe auf der Hotelterrasse um, merkte aber, dass er nicht die nötige Konzentration hatte, um eventuell ein wichtiges und nicht auf den ersten Blick erkennbares Detail zu entdecken, und schlenderte langsam über die kleine Brücke in Richtung Innenstadt.
Ben hatte sich gerade einen Tisch im Lebrello gesucht und sich einen Zigarillo angesteckt, als Benedict ebenfalls durch die Tür trat. Die Begrüßung beschränkte sich auf einen Händedruck, und auf beiden Seiten lag die gleiche Unsicherheit in der Luft. Benedict fand zuerst die Worte.
»Ben … ich weiß nicht recht, wie ich anfangen soll. Aber ich weiß, dass ich mich bei dir entschuldigen muss. Nein, möchte. Also, für alles, was du damals für mich getan hast, bin ich dir echt dankbar, auch wenn ich dir
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