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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der größten Geheimnisse unseres Landes.«
    »Es genügt«, sagte Valentina tief atmend. »Ich werde den Weg finden.«
    »Sie wollen in die Wildnis, Mädchen?« Sasek schüttelte den Kopf. »Seit zwei Tagen schweigt Pilny. Keiner weiß, ob er noch dort ist. Außerdem liegt gerade in dieser Gegend ein sowjetisches Panzerregiment. Wenn wir Lucek noch helfen können, dann nur durch einen Arzt. Ich werde sofort in der Sektion Strakonice anrufen, ob man etwas getan hat …«
    Zehn Minuten später wußten sie es genau: Fallschirme mit Material waren abgeworfen worden, die Hubschrauberbesatzung einschließlich des Arztes saß noch in Pilsen im Militärgefängnis, das die Sowjets übernommen hatten. Irena Dolgan war wieder zu Pilny zurückgekehrt. Ob Lucek noch lebte … das wußte niemand.
    »Irena ist bei ihnen«, sagte Valentina leise. »Sie hat es geschafft.« Und plötzlich warf sie die langen schwarzen Haare in den Nacken, und ihre Augen blitzten mit einer solchen Wildheit, daß der alte Sasek den Atem anhielt. »Und ich soll es nicht schaffen?« schrie sie. »Ich gehöre zu Micha … und ich komme zu ihm, selbst wenn er in der Hölle wäre!«
    »Dort ist er schon«, sagte Sasek dumpf. »Sie leben auf einer kleinen grünen Insel mitten in einem roten Meer. Wenn Sie wirklich zu ihm wollen … ich wünsche Ihnen kein Glück, Mädchen. Was Sie brauchen, ist Gottes Segen, denn der allein kann Sie nur noch zu Lucek bringen.«
    »Und meine Füße!« sagte Valentina laut. »Vergessen Sie meine Füße nicht, Genosse –«
    *
    Tschernowskij hatte sich von Pilsen nach Horni Vltavice begeben und dort Quartier bei dem Bürgermeister bezogen, mit finsteren Blicken beobachtet, von drohenden Fäusten begrüßt, wenn er sich am Fenster zeigte. Doch das kümmerte ihn wenig. Er lächelte sogar mokant, wenn er die Zurufe vernahm, die er nicht verstand, und empfing später eine Abordnung der Ortskommunisten. Sie gab Tschernowskij zu verstehen, daß die Erregung in der Stadt so groß sei, daß man nicht mehr für seine Sicherheit garantieren könne. Warum – so fragte man – ziehe der Genosse Oberst nicht in eines der Lager am Waldrand?
    Tschernowskij behielt die Ruhe. Mit einer eleganten Bewegung legte er die große Nagan, die sowjetische Militärpistole, vor sich auf den Tisch.
    »Meine Sicherheit garantiere ich mir selbst«, sagte er freundlich. »Machen Sie den Genossen auf der Straße klar, daß ich kein Mensch bin, der seine Hose benäßt, wenn drei Wölfe vor seinem Fenster heulen!«
    Die Abordnung der kommunistischen Partei zog wieder ab, verkündete die Worte des Obersten im Versammlungssaal und beratschlagte dann mit der ganzen Bevölkerung.
    Aushungern und ausdursten –, das war zunächst die erste Kampfmaßnahme. Dann kein Licht. Mißachtung auf der ganzen Linie. Oberst Tschernowskij? Wer ist das, Genossen? Wo lebt er? Bei uns? Das muß ein Irrtum sein! Wir kennen keinen Tschernowskij. Nie gesehen, meine Lieben. Wir müßten das doch wissen, wenn es einen Tschernowskij bei uns gäbe …
    Tschernowskij spürte den Boykott noch am selben Tag. Die Wasserleitung versiegte, das elektrische Licht ging aus. »Es ist eine Tragik, Genosse Oberst, eine ausgesprochene Tragik«, sagte der herbeigerufene Bürgermeister und wackelte mit den Backen. »Eine Störung im Transformatorennetz. Und dieser Wasserrohrbruch! Eine Katastrophe, sage ich! Er nimmt uns das ganze Wasser weg. Und keiner weiß, wie lange die Reparatur dauert … man sucht nach den schadhaften Stellen, aber findet sie nicht.«
    Tschernowskij fragte nicht weiter, – er sah ein, daß es keinen Sinn hatte. Zum Mittagessen bestellte er sich ein Menü aus dem nahe gelegenen Gasthaus, dann wartete er eine Stunde, aber niemand brachte ihm das Essen. Als er wieder anrief, war der Gasthofsbesitzer selbst am Apparat und sagte: »Es ist zum Haareausraufen, Genosse Oberst … aber es gibt kein Essen. Ohne Wasser keine Suppe und Soße, und ohne Strom keine Hitze. Wir kochen nur elektrisch, die Kohlenherde haben wir längst auf den Schrott geworfen.«
    Tschernowskij legte wortlos auf und rauchte als Ersatz für das Mittagessen fünf Papyrossi hintereinander. Er war bereit, klaglos alle Demütigungen zu ertragen, er war sogar bereit, sich Wasser und Essen von den Feldküchen der umliegenden Panzereinheiten bringen zu lassen und sich Licht durch Batterielampen zu verschaffen. Nur hierbleiben, dachte er. Sich festkrallen wie eine Katze in einen Wollknäuel.
    Mit der untrüglichen

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