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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mutiger Studenten. Genossen … wir müssen diesen Sender ausmachen … wir müssen ihn finden … so schnell wie möglich … ihr wißt nicht, wie wichtig das ist! Grade dieser Pilny!«
    Bei ihm wird die Valentina sein, dachte er. Sie sind immer zusammen, diese Gruppen. Das ist der Herdentrieb. An dieser Dummheit der Natur werden sie scheitern.
    Zehn Funkpeilwagen der Roten Armee fuhren aus und suchten den Sender Freies Prag. Am Abend gegen 19 Uhr hatten sie ihn eingekreist.
    »Im Zoo?« fragte Tschernowskij, als man ihm den Standort meldete. »Das ist idiotisch. Die Peilung stimmt nicht! Zum Kotzen ist es –, nicht einmal peilen können sie!«
    Aber die Kontrolle stimmte. Aus dem Prager Zoo sprach Karel Pilnys Stimme zur Welt. Dann schwieg der Sender plötzlich, aber nur zehn Minuten … darauf sprach ein Mädchen. Es war Irena Dolgan, die auf deutsch alle Meldungen wiederholte. In Köln, bei der Deutschen Welle, liefen die Tonbänder und speicherten die Worte Irenas. Auch in Wien geschah das gleiche, und in Berlin, München, Salzburg und Stuttgart; aber auch in Dresden, Leipzig und Ost-Berlin.
    »Ausräuchern!« sagte Tschernowskij zufrieden in das Telefon, das ihn mit dem Funkpeilwagen verband. »Die ganze Gruppe will ich haben. Unverletzt! Keine Waffengewalt! Und der Teufel hole euch, wenn es wieder danebengeht! Das sind keine leeren Versprechungen … der Teufel bin ich selbst.«
    Er legte auf, ließ sich einen Wagen kommen und fuhr hinaus nach Troja zum Zoologischen Garten.
    Jetzt habe ich dich, Valentina, mein schwarzes Täubchen, dachte er. Das ist ein Käfig, aus dem du nicht wieder entflattern kannst.
    Er beugte sich vor, als der Parkkomplex des Tiergartens auftauchte. In einer Seitenstraße wartete der Peilwagen III.
    »Sie schweigen jetzt, Genosse Oberst!« schrie der Leutnant, der den Funktrupp befehligte. »Seit sieben Minuten. Man hat sie gewarnt.«
    »Hinein!« brüllte Tschernowskij. Sein Herz krampfte sich zusammen und stach wie mit tausend Nadeln. »Warum stehen Sie noch hier? Alle Wagen in den Zoo! Die Mannschaften ausschwärmen lassen! Alle Ausgänge besetzen. Wer innerhalb des Zoos wegläuft, auf den wird geschossen!«
    »Das ist gegen den Befehl des Marschalls«, stotterte der junge Leutnant. »Nur im Falle der Selbstverteidigung –«
    »Der Marschall kann mir den Hintern polieren!« schrie Tschernowskij. »Hier befehle ich! Und ich werde es verantworten!«
    Er rannte zu seinem Wagen zurück, startete und setzte sich an die Spitze der Kolonne.
    Ein Wärter öffnete höflich das große Tor, grüßte und grinste ihn an. Dann bremste Tschernowskij so scharf, daß er mit der Stirn gegen die Windschutzscheibe prallte.
    Die Elefantenherde des Zoos sperrte die Hauptwege. Eine graue, mit den Ohren wedelnde, aus den Rüsseln posaunende Mauer.
    *
    Im Raubtierhaus hatte der Abbruch des Senders ›Freies Prag‹ begonnen. Irena verlas gerade die letzten Meldungen, die Pilny mit seinem Transistor aus Österreich empfangen hatte, als einer der Tierwärter durch die kleine Tür des Hintereingangs stürzte. Er hatte die Mütze ins Genick geschoben und fuchtelte mit beiden Armen.
    »Die Russen haben euch ausgemacht!« schrie er. »Sie sind vor dem Zoo aufgefahren! Haut ab, Freunde!«
    »Das ging schnell.« Pilny sah auf seine Uhr. »Es sind wirklich Spezialisten.« Er unterrichtete Irena nicht von der neuen Lage, sondern ließ sie weitersprechen. Auch Valentina blieb ahnungslos … sie saß an einem der Empfänger und tastete die verschiedenen Frequenzen ab. Ihre große Hoffnung war, einen sowjetischen Soldatensender zu bekommen, um sich über die Bewegungen der Truppen zu informieren.
    »Was machen wir nun?« fragte Lucek. Der Tierwärter war wieder hinausgerannt. Alle Tore des Tierparks waren geschlossen, vor jedem Tor fuhr jetzt ein sowjetischer Funkwagen auf. Rotarmisten sprangen heraus und stellten sich mit schußbereiten Maschinenpistolen an die Eingänge. Jenseits der Gittertüren standen die Zoowärter und städtischen Gärtner, beschimpften die Russen und warfen Steine gegen die Wagen.
    Einer der Wärter, der Russisch konnte, winkte mit beiden Armen und zeigte in den Tierpark hinein.
    »Kommt!« brüllte er. »Wir warten auf euch! Im Affenhaus sind noch Käfige frei! Ihr bekommt auch täglich dreimal Bananen und Erdnüsse! Kennt ihr überhaupt Bananen?«
    Die jungen Rotarmisten schwiegen verbissen. Ihre Gesichter waren bleich und starr.
    »Wir müssen die Sendungen gleich einstellen.« Karel Pilny

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