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Blutholz: Historischer Roman (German Edition)

Blutholz: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Blutholz: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Liebert
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ausgemacht. Vor ihm, gerade noch einen Steinwurf weit weg, wartete einer vom Militär. Denn wer um diese Zeit, mitten auf dem Land, einen solchen Dreispitz aufhatte, musste einfach vom Militär sein. Niemand sonst würde sich einem so frech in den Weg stellen! Und nun sah Jacob deutlich: Ein Dragoner mit Säbel. Schwarze Gamaschen bis zu den Knien, weiße Hose, weißer Gürtel, weiße Weste, schwarze Halsbinde. Langer blauer offener Überrock mit weißem Kragen, die Ärmel über den Händen weiß aufgestülpt. Über dem Rock das weiße, schräg über den Leib und die linke Schulter geführte Bandolier. Knöpfe und Zierrat aus Messing und so gut poliert, dass es selbst in dieser Dämmerung golden schimmerte. Unbezweifelbar stand dieser Mensch in badischen Diensten. Grenzer und Zöllner in einer Person.
    Verzweifelt wurde Jacob klar, dass es längst zu spät war, sich ein paar schlaue Antworten auf die lästigen Fragen nach dem Woher?, Wohin?, Wer er sei? und so weiter zurechtzulegen. Wie, zum Teufel, hatte er diesen Grenzpunkt vergessen können! Sollte der Leibhaftige ihn ausgerechnet hier kriegen, hier, wo er aus den Hohlwegen heraus war? Oder war dies jetzt Gottes strafende Hand, die sich weltlicher Macht bediente, um sein Verbrechen zu vereiteln?
    Sogar zum Fluchen war es zu spät! Jacob musste wohl oder übel absitzen, doch noch bevor er aus dem Sattel war, tönte ihm mit penetranter Kraft ein »Gott zum Gruß!« entgegen. Doch diesen Gruß zu erwidern, selbst dazu kam Jacob nicht, denn nicht nur begann im selben Moment sein Gaul laut zu schnauben, sondern auch die Stimme drängelte weiter – und zwar mit geradezu bedrohlich munterer Redseligkeit.
    »Er ist heute der erste und will für uns wohl den Hahn machen, was? Ja, ja – ein guter Tag fängt morgens an, aber allzu früh kommt auch nicht recht. Unsere Arbeit adelt zwar, doch guter Lohn ist schwer verdient. Wo will Er hin in Gottes Namen?«
    »Emmendingen – nach Emmendingen«, entgegnete Jacob und war überrascht, wie deutlich er die Endungen herausbrachte.
    »Das muss ein besonderer Markt sein, heute«, kam es gewitzt zurück, »glaubt Er, im Morgenrot ist’s billiger? Auf dem Markt gibt’s kein Gewissen, und die Klugen stehlen von den Dummen. Was will Er denn kaufen, und woher kommt Er? Oder geht’s nur auf eine Buhlschaft, wozu Er die Kissen gleich mitbringt?«
    Neugierig trat der Zöllner auf das Pferd zu, um auf die Kissen zu klopfen: Durchaus möglich wäre es ja, dass in ihnen etwas eingenäht war, Schmuggelgut wie Pulver und Munition oder auch Kaffee und Kakao. Schließlich türmten sie sich etwas zu auffällig. Vielleicht war dies sogar beabsichtigt, um gar nicht erst den Verdacht aufkeimen zu lassen, dass in ihnen etwas geschmuggelt wird, quasi nach der Art: Dreister Mut ist die sicherste Wehr. Dann wäre dieser Bursche natürlich nicht zufällig in dieser Herrgottsfrühe unterwegs. Sicherlich wollte er bei Dunkelheit keck passieren, und – Himmelherrgottsakra! – dieser Plan wäre auch aufgegangen! Wenn ihn sein kitzeliger Brunzdruck nicht aus dem Schlaf gerissen hätte, würde er wahrscheinlich jetzt immer noch schnarchen. Wie sein Kamerad, dem die Weinfeuchte kräftig zugesetzt zu haben schien. Glatt entwischt wäre dieser Bursche dann und der hier könnte fast ein Schmuggler sein!
    Was der Zöllner jedoch sah, passte nicht in seine Schmugglerphilosophie. Es widersprach schon der alten Regel: »Einem Schmuggler liegt nichts am Mondschein.« Und Kindsschmuggel? Wie sollte das Geld bringen, wo man doch immer wieder hörte, dass es genügend Volks gab, das Kinder weggab oder den Weibern wegmachen ließ! Dies reimte sich nicht, denn auch zum Umsonst-Arbeiten taugte so ein Menschlein ja wenig. Überhaupt: Wer würde, wenn er schon solche Absichten hegte, freiwillig auf eine Grenzstation zureiten? Und so entschied der Zöllner auf Nicht-Schmuggler, trotzdem würde er diesen ersten Grenzgänger des Tages ein wenig auf die Folter spannen, das war schließlich nicht verboten. Welche Abwechslung hatte man denn sonst?
    Jacob hingegen war ein Stein vom Herzen gefallen. Wie für einen Frömmler die Botschaft der Erlösung, wirkte für ihn der Hinweis auf den Markttag. Denn damit ließ sich alles erklären, selbst ein auf ein Pferd gebundenes Kind. Nichts war verloren. Weder der Leibhaftige noch Gott schienen an seinem Vorhaben Anstoß zu nehmen.
    »Also, wo kommt Er her, und wie heißt Er?« drang der Zöllner auf Jacob ein. »In den Kissen ist

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