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Blutholz: Historischer Roman (German Edition)

Blutholz: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Blutholz: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Liebert
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heiser-brummigem Beschwichtigungsgeraune zog durch den Flur und kam, begleitet von unsicher tapsenden Schritten, schnell näher. Verwirrt stierte Bernhard in den Schein der Öllampen. Betrunken und zerzaust hielt er ein Mädchen im Arm, das ihr Gesicht an seiner Schulter barg. Ein Mädchen, dem das Unterhemd unter dem offenen Mieder herausgezerrt war und deren desolater Geisteszustand dem seines Begleiters in keiner Weise nachstand. Barbara konnte nicht entscheiden, ob dieses Bild sie peinlich berührte oder belustigte, aber Bernhards hingelallten Gruß überhörte sie geflissentlich. Maria dagegen sagte ganz ruhig:
    »Je später die Leut, desto wüster die Freud’. Aber die werd’ ich dir nehmen, Bursche.« Damit stand sie auf, ging auf die beiden zu und baute sich gewichtig vor dem Mädchen auf. Immer noch ruhig, aber im bestimmtesten Ton sagte sie: »Die Jungfer wird wohl allein in ihr Bett finden. Oder muss ich sie begleiten?.«
    »Sie hat den Schlüssel nicht, Maria«, stoppelte Bernhard eine hilflose Antwort zusammen. »Sie muss bei mir schlafen. Deshalb.«
    »Sie muss und wird überhaupt nichts!«, fuhr ihn Maria an. »Pack dich jetzt! Ins Bett! Und zwar allein!«
    »Ich lass’ mich nicht bloßstellen!«, schrie Bernhard zurück. »Von niemand! Und vor der erst recht nicht!«
    Der aggressive Ton ließ Barbara zusammenzucken, und entsetzt schaute sie in das wutverzerrte Gesicht des Betrunkenen. Aber Maria ließ sich nicht nur nicht einschüchtern, sondern schlug dem daraufhin entgeistert vor sich Hinstarrenden eine kräftige Ohrfeige. Dann packte sie das Mädchen, riss es auf den Flur und sagte böse, indem sie auf die Tür zeigte: »Dein Poussierkumpan wird dir deine Wolle heut nicht mehr versilbern. Wenn du nicht augenblicklich verschwindest, verbleu’ ich dir den Hintern, dass du glaubst, ich würd’ auf ihm Korn dreschen!«
    »Das bereust du noch!«, schrie Bernhard und stieß Maria von sich.
    »Ich werd’ deinen Vater holen!«, giftete Maria zurück. »Der prügelt dir gleich die Nase in dein’ Arsch, wenn du nicht auf der Stelle ins Bett gehst!«
    Die Drohung zeigte Wirkung. Bernhard machte kehrt und winkte murrend seinem Mädchen nach, das Maria zur Haustür brachte. Doch auf der Stiege besann er sich eines anderen, torkelte in die Stube und griff nach der leeren Mousseux-Flasche. Betroffen starrte ihn Barbara an, doch bevor sie in die Verlegenheit kam, ein Wort zu sagen, war Maria wieder zurück, riss ihm die Flasche aus der Hand und schubste ihn zur Tür. Willenlos gab Bernhard nach, fing aber an zu lachen.
    »Du bist die Beste, Barbara-Madame. Die Beste. Ich hätt’s nie geglaubt.«
    Dann lallte er ein Lied. Wenig später hörte man das dumpfe Krachen eines Körpers, der ins Bett fällt, und bis auf Marias Schritte, die die Stiege herunterkam, war es danach augenblicklich still.
    »Es hat Viertel geschlagen!«, empfing sie Barbara ziemlich konfus, weil sie noch mit dem Schreck kämpfte, dass Bernhard sie um ein Haar bloßgestellt hätte. »Ich bin richtig wütend.«
    »So kommt’s, wenn man sich’s schön machen will«, erwiderte Maria schnaufend. »Wo ist dein Champagner?«
    Erleichtert umarmte sie Barbara, die ihr alle Geburtstagswünsche, die sie wusste, durcheinander vorplapperte, bevor sie die zweite Flasche holte. Doch nach den ersten Schlucken merkten beide, wie müde sie auf einmal waren. Nur halb schafften sie den Mousseux, und das zarte Prickeln des Rests wiegte Barbara auf dem Kanapee bald in Schlaf, beruhigt, dass Bernhards Worte nicht mehr Gewicht hatten als die freche Lalle eines Betrunkenen. Maria war sehr couragiert gewesen. Nicht sogar zu couragiert? Wo Bernhard doch der Sohn ihres geliebten Ludwig war? Auch am nächsten Morgen fand Barbara keine Antwort.

DRITTER TEIL

1
    Klein und hart waren die Flocken, die zwei Jahre später – 1773 – von den Bergkuppen bis zu den Stränden des Rheins alles mit einer dünnen weißen Schicht überzogen. Es schneite noch nicht lange, doch weil der Boden schon seit Tagen gefroren war, blieben auch die winzigsten Eiskristalle liegen. Ab und zu wirbelten unangenehme Windböen das kalte Gestöber auf, und das feine, gleichmäßige Knistern und Prickeln verwandelte sich in ein helles heftiges Geprassel. Niemand war auf den Straßen und Gassen zu sehen. Dafür rauchten überall die Schornsteine, die die trockene Luft mit dem Duft verbrannten Holzes würzten. Jeder saß beim Mittag, freute sich an Fleisch und Wein, ärgerte sich vielleicht

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