Blutige Asche Roman
ein Stapel geblümter Kissen, eine Tasse Tee und ein Butterkeks glücklich gemacht hätten!
Als ich in jener Nacht um kurz vor drei zur Arbeit ging, war ich erschöpft. In Rositas Haus war es dunkel. Die Küchengardine war zugezogen, und ich musste wieder daran denken, wie Rosita am Vortag den Wohnzimmervorhang mit einem Ruck zugemacht hatte, damit sie mich nicht mehr sehen musste.
Ich biss mir fest auf die Unterlippe. La Souche wartete auf mich ebenso wie vierhundert Croissants, die noch gebacken werden mussten, zwölf Sorten Brot und die tartelettes . Die Madeleines würde ich weglassen. Nie mehr würde ich eine Madeleine backen, für niemanden.
Es folgte die tägliche Routine. Erst machte ich Licht in der Backstube und heizte die Öfen vor. Anschließend holte ich La
Souche aus ihrem Klimaschrank. Normalerweise sprach ich mit ihr. »Hast du gut geschlafen, ma chérie ? Fühlst du dich noch wohl?«
Ihr Geruch und ihre elastische Struktur waren die Antwort auf meine Fragen.
An diesem Morgen war ich nicht in der Lage zu sprechen. Ich mischte die Zutaten für die zwölf Sorten Brot: für die pains aux céreales , das Kurkumabrot, das rade , das royale und all die anderen. Danach begann das Backen. Am frühen Morgen kam alle halbe Stunde ein neues Blech in den Ofen. La Souche war trotz meiner Schweigsamkeit bester Laune. Schon bald füllte der köstliche Duft frisch gebackenen, leicht säuerlich süßen Brotes den Raum. Ich merkte, dass mich die einfachen Handgriffe des Backens und der vertraute Duft meines Brotes beruhigten.
Als der Bäckereibesitzer um halb sieben hereinkam, war ich genau im Zeitplan. Die ersten hundert Croissants waren fertig, und ich würde noch ein paar Stunden mit der Tagesration beschäftigt sein. Anschließend würde ich den nächsten Tag vorbereiten.
Der Besitzer und ich sprachen nicht viel miteinander. Mit Margreet war das anders gewesen, sie hatte ununterbrochen geredet, egal mit wem. Der Besitzer und ich begrüßten uns, und ich sah durch die Glaswand, wie er die Körbe in die Regale stellte und die Kasse mit Kleingeld bestückte.
Die ersten Kunden kamen, um frische Croissants und pains au chocolat zu kaufen, und ich fragte mich, ob Rosita heute in die Bäckerei käme. Vielleicht würde sie eine Tasse Kaffee mit mir trinken, und alles wäre wieder gut. Obwohl ich wütend war, hoffte ich immer noch. So wie ich die ganzen Tage, Monate und Jahre in der Dwingelerheide gehofft hatte, dass
meine Mutter mich wieder nach Hause holte. Ich hätte wissen müssen, dass diese Hoffnung vergeblich war.
Da ich, seit der Laden geöffnet war, ständig zur Glaswand sah, fiel es mir schwer, mich auf das Backen zu konzentrieren. Das nächste Blech Croissants ließ ich zu lange im Ofen. Der Summer war angegangen, das hatte ich irgendwo im Hinterkopf registriert. Aber so richtig war nicht bis zu mir durchgedrungen, dass ich die Croissants aus dem Ofen holen musste.
Erst als der Besitzer in die Backstube gerannt kam, merkte ich, dass der ganze Raum voll mit blauem Rauch war. »Ray! Was ist denn hier los?« Er machte den Ofen auf und sagte: »Mist! Hast du die Zeit falsch eingestellt?« Er zog ein Blech mit schwarzen Croissants heraus.
Meine Beine begannen zu zittern.
»Was hast du denn? Bist du krank oder was? Musst du nach Hause?«
»Nein«, sagte ich. In den achtzehn Jahren, die ich hier arbeitete, war ich nicht ein einziges Mal früher gegangen. »Ich mach das schon.«
»Passt du dann ein bisschen besser auf? Der ganze Laden stinkt.«
Ich spritzte mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht und holte tief Luft. Konzentrier dich, sagte ich mir. Konzentrier dich auf deine alltäglichen Handgriffe. Ich musste an Pierres Worte denken: Backen ist wie Wein machen. Alles nur eine Frage von Zeit und Temperatur. Zeit und Temperatur.
Ich schaffte es, noch fünfzig Croissants und zwanzig Baguettes zu backen. Sie sahen nicht so perfekt aus wie sonst. Sie waren blasser und hatten keine so regelmäßige Form. Der Besitzer zog die Brauen hoch, sagte aber nichts.
Gegen zehn war ich so weit, dass ich mich an den Croissantteig für den nächsten Tag machen konnte. Ich holte La Souche aus dem Klimaschrank. Sie sah müde aus. Ich hatte sie frühmorgens gefüttert, aber das hatte ihr nicht gutgetan. Sie war blass und fest und roch säuerlich. Nicht säuerlich frisch, sondern unangenehm.
»Was hast du?«, flüsterte ich. » Ma bébé , was ist nur mit dir los?«
Ich schloss die Augen und wartete auf die Antwort. Hatte
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