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Blutige Asche Roman

Titel: Blutige Asche Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Pauw
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Blickkontakt herzustellen. Seine Augen sahen in meine Richtung, aber
mehr auch nicht. Aron konnte einen ansehen, ohne dass man das Gefühl hatte, er nehme einen überhaupt wahr.
    Ich fuhr zur Pizzeria, die bei meiner Mutter gleich um die lag. Das Essen schmeckte nicht besonders, aber man war hier sehr kinderfreundlich. Das bedeutete allerdings auch, dass alle unter fünfzehn »Schatz« genannt und mit Lutschern vollgestopft wurden.
    »Du darfst dir gleich was Feines aussuchen. Pizza, Lasagne, Spaghetti, was du willst. Wir machen es uns richtig gemütlich.«
    Wir betraten die Pizzeria. Unsere Jacken wurden aufgehängt, und man gab uns einen Fenstertisch etwas weiter hinten.
    »Ich will nach Hause.«
    Ich seufzte gereizt. »Es geht nun mal nicht anders, tut mir leid. Morgen koch ich wieder. Aber heute habe ich es nicht geschafft, einzukaufen. Und wenn ich dich jetzt noch in den Supermarkt schleifen muss und erst dann anfange zu kochen, wird es zu spät, und du bist morgen müde. Deshalb essen wir jetzt eine Pizza oder was immer du willst. Sonst schmeckt dir das doch auch?«
    Der Kellner kam. Ich bestellte einen Weißwein und einen Fristi-Trinkjoghurt.
    »Ich will nach Hause.«
    »Weißt du was? Ich frag mal, ob wir das Essen mitnehmen können. Aber ein bisschen Geduld müssen wir noch haben.« Das schien ihn zu besänftigen. Wenn ich es jetzt noch schaffte, ihn zehn Minuten zu beschäftigen, war diese Katastrophe abgewendet. »Erzähl doch mal! Was hast du heute alles gemacht in der Krippe? Vielleicht noch so eine schöne Zeichnung für mich?«

    Aron stand von seinem Stuhl auf.
    »Was machst du?«
    »Ich geh nach Hause.«
    Ich erhob mich ebenfalls und setzte ihn wieder an seinen Platz. »Du bleibst sitzen. Wir gehen gleich nach Hause. Sobald das Essen da ist.«
    Er verlegte sich aufs Brüllen. Logisch.
    »Psst«, sagte ich nicht gerade leise. Zum Glück war es noch früh. Es waren erst wenige Gäste da. Aber die, die da waren, sahen genervt in unsere Richtung. Ich versuchte sie zu ignorieren.
    Der Kellner kam mit unseren Getränken.
    »Hier ist dein Fristi«, sagte er. »Trink schön, mein Schatz.«
    »Ich will nicht«, kreischte er. »Geh weg!«
    »Tut mir leid«, sagte ich zu dem Kellner. »Heute ist nicht sein Tag.«
    »Möchte er vielleicht einen Lutscher?«
    »Den hat er nicht verdient. Machen Sie uns ruhig die Rechnung fertig, dann gehen wir, bevor das hier völlig eskaliert.«
    »Ich will einen Lutscher! Und ich will nach Hause!«
    »Bleib ruhig sitzen«, zischte ich. Ohne Erfolg. Aron fuch-
    telte mit den Armen und warf das Fristi um, das vor ihm auf dem Tisch stand.
    »Das macht nichts«, sagte der Kellner und eilte davon, um einen Lappen zu holen.
    »Sieh nur, was du angerichtet hast!« Ich packte Aron am Arm. »Und jetzt benimmst du dich!«
    Ich fing einen Blick von einem älteren Ehepaar auf, das zwei Tische weiter saß. »Das haben wir zu unserer Zeit anders geregelt«, sagte die Frau so laut, dass ich es trotz Arons Gebrüll verstehen konnte.

    »Blöde Kuh«, murmelte ich.
    Aron hörte nicht auf zu schreien, auch nicht, nachdem ihm der Kellner einen Lutscher in die Hand gedrückt, den Tisch abgewischt und ihm ein neues Fristi hingestellt hatte.
    »Wir müssen jetzt wirklich gehen«, sagte ich zum Kellner. »Haben Sie die Rechnung schon fertig?«
    »Lassen Sie nur«, sagte er. »Sie können schließlich auch nichts dafür.«
    Mir kamen beinahe die Tränen.
    Er legte mir die Hand auf die Schulter. »Machen Sie sich keine Sorgen. Wir sind hier so einiges gewöhnt.«
    Anschließend musste ich ein kreischendes, wild um sich tretendes und schlagendes Kind aus dem Restaurant tragen. Ich versuchte, den Kopf hoch zu tragen, um noch etwas Würde auszustrahlen. Aber es war demütigend. Der öffentliche Abgang einer Mutter, die versagt hatte.
    Es war ein Kampf, ihn wieder in seinen Sitz zu bugsieren. »Du wolltest doch weg? Du wolltest doch nach Hause? Was hast du denn, verdammt noch mal!« Ich hatte mich nicht mehr im Griff und schrie mittlerweile hysterisch. »Warum kannst du nicht einfach mal lieb sein!«
    Ich beherrschte mich, ihm nicht mitten ins Gesicht zu schlagen. Oder ihn aus dem Wagen zu werfen und mit quietschenden Reifen davonzufahren. Stattdessen schlug ich mit der Faust auf den Rücksitz, wenige Zentimeter von Arons Kopf entfernt.
    Er war sofort still und sah mich mit großen Augen an. Ich holte tief Luft und gurtete ihn fest.
    »Aber ich weiß nicht, wie das geht, Mama«, sagte er, als ich auf dem

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