Blutige Asche Roman
Eisen. Nicht sehr stark oder durchdringend, trotzdem bekam ich Magenkrämpfe. Ich hatte gar nicht gewusst, dass Blut riecht.
Ich betrachtete den Teller Spaghetti auf meinem Schoß und wusste nichts Besseres damit anzufangen, als ihn leerzuessen.
29
Martha Peters hatte eine Figur wie osteuropäische Schwimmerinnen: einen breiten Rücken, kräftige Oberschenkel, kaum Busen und einen verbissenen Zug um den Mund. Sie füllte den Flur fast ganz aus.
»Mahlzeit, Martha.«
Martha drehte sich um. »Dich habe ich gesucht.«
»Ach ja?«
»Komm mal mit, ich habe eine Überraschung für dich.«
Ohne meine Antwort abzuwarten, drehte sich Martha um und ging zur Treppe. Ich beschloss, ihr zu folgen, obwohl ich mir unter einer »Überraschung« nichts vorstellen konnte. Mein Zahnarzt von früher fiel mir wieder ein. Wenn man den Mund lange genug aufgemacht hatte, ohne zu jammern, bekam man auch eine »Überraschung«: eine Zahnbürste. Hurra!
Marthas Büro lag im obersten Stockwerk, fernab von Lärm und Hektik. In den drei Jahren, die ich inzwischen für Bartels & Peters arbeitete, war ich vielleicht zweimal dort gewesen. Ich ging hinter Marthas knochigem Hintern die Treppe hoch.
Das Zimmer war hell und auffallend elegant im Vergleich zu Marthas imposanter Erscheinung.
»Setz dich bitte«, sagte sie relativ freundlich, was mich sofort misstrauisch machte. »Das Gespräch, das du neulich mit Lode hattest, fand ich sehr interessant.«
»Ja?«
»Jetzt schau mich nicht an, als ob ich jeden Moment beißen könnte. Wusstest du, dass ich auch ein Kind habe?«
»Nein.« Bei ihr hätte ich das wirklich am allerwenigsten erwartet.
»Sam. Er ist zweiundzwanzig und vor kurzem ausgezogen. Ich bin also auch mal eine berufstätige Mutter gewesen.«
Ich nickte.
»Ich habe es stets geschafft, Berufs- und Privatleben strikt zu trennen. Aber bei mir war das auch einfacher. Dein Problem ist, dass du zu einem sehr frühen Zeitpunkt deiner Karriere ein Kind bekommen hast.«
»Wie meinst du das?«
»Du hättest erst versuchen sollen, eine bestimmte Position zu erreichen. Je höher man auf der Karriereleiter klettert, desto mehr Privilegien und Freiheiten hat man. Dieses Zimmer, zum Beispiel. Wer weiß schon, ob ich hier bin oder nicht?«
»Aber du musst doch auch eine gewisse Anzahl Stunden zusammenbekommen?«
»Natürlich. Aber die arbeite ich ab, wo und wann ich will. Da kräht kein Hahn danach.« Sie sah mich selbstzufrieden an.
»Du hast Recht. Ich gebe das Kind weg und bekomme ein neues, sobald ich zum Partner aufgestiegen bin.«
Sie schüttelte den Kopf. »Sei nicht so empfindlich. Genau das ist dein Problem, Iris. Du nimmst dir alles wahnsinnig zu Herzen.«
»Das sollte ein Witz sein.«
»Aber natürlich.«
Eine Pause entstand. Was wollte sie von mir?
»Wie dem auch sei: Ich glaube, du hast Glück gehabt, dass uns damals nichts anderes übrigblieb, als dich einzustellen.«
Aha. Na prima. »Was soll das heißen?«
»Nichts, natürlich.« Martha fuchtelte mit ihren riesigen Händen, als könnte sie ihre vorherige Bemerkung dadurch ungeschehen machen. »Ich will auch gar keinen Hehl daraus machen, dass du mir gefällst. Du bist tougher, als ich dachte.«
»Soll das ein Kompliment sein? Ich versteh das nicht.«
»Vergiss es.« Ein falsches Lächeln erschien auf Marthas Gesicht.
Meine Wangen fingen an zu brennen, und ich räusperte mich. »Ich muss zugeben, dass dieses Gespräch sehr überraschend für mich ist. Aber ich nehme an, das war nicht die einzige Überraschung?«
»In der Tat.« Martha wühlte in ihrem Schreibtisch und holte einen Stapel Unterlagen hervor. »Bitte sehr.«
»Was ist das?«
»Du ziehst doch gerade einen neuen Fall für uns an Land? Ich wollte dir einen kleinen Vorsprung geben.«
Ich betrachtete den Pappdeckel. »R. Boelens, 17. Mai 1999 - 3. März 2000« stand darauf.
»Wie bist du daran gekommen?«
»Beziehungen. Nur deshalb gehe ich zu diesen Festen, auf die du nie mitkommst. Beziehungen sind bei allem das A und O! Übrigens ein interessanter Fall. Ich bin mir noch nicht sicher, ob sich da was rausholen lässt, aber er klingt wirklich gut.«
»Danke.«
»Gern geschehen. Rays früherer Rechtsbeistand spielt Golf mit meinem Mann. Er ist eigentlich ganz fähig, aber auch
faul. Offiziell habe ich dir diese Unterlagen natürlich nie gegeben.«
»Natürlich nicht.«
»Noch einen angenehmen Tag«, sagte sie in einem unangenehmen Tonfall.
Aron war schon im Bett, und ich lag mit der
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