Blutige Erde Thriller
dir Josh Hagarty vorstellen. Er ist Dans Nachfolger.«
Sie schenkte ihm ein trauriges Lächeln, schüttelte
seine Hand und sagte, wie sehr sie das Schicksal seines Vorgängers bedauere, doch er hörte gar nicht richtig zu. Er hatte schon während des Studiums einige Skandinavierinnen kennengelernt, doch keine von ihnen war so bemerkenswert gewesen. Annika sah aus, wie eine Nachfahrin der Wikinger auszusehen hatte - eine kraftvolle Gestalt, die sich von ihrer feindseligen Umgebung nicht beeindrucken ließ. Romantisierte er sie? Natürlich. Aber es war schwierig, das nicht zu tun.
Sie deutete auf die Pumpe und schrie einer Gruppe von Männern etwas zu, die trinkend auf der Veranda einer besonders heruntergekommenen Hütte zusammensaßen. Einer von ihnen gab ihr eine knappe Antwort und wandte sich dann wieder seinem Krug zu. Daraufhin folgte eine Auseinandersetzung, die faszinierend mitanzusehen war. Die Landessprache, die sich in jeder Umgebung surreal anhörte, klang aus dem Mund einer Europäerin fast so, als käme sie aus einer anderen Welt. Niemand, den Josh bisher getroffen hatte, hatte mehr drauf als ein notdürftiges »Noch ein Bier, bitte«.
Schließlich gab sie frustriert auf, sagte etwas, das zweifellos »Scheiße, vergiss es einfach« bedeutete und wandte sich ihnen wieder zu.
»Das war beeindruckend«, sagte Josh.
»Ignoriert zu werden?«
»Nicht so sehr das, als die Tatsache, dass sie dich anscheinend verstehen.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Das ist der Nachteil, wenn man aus Norwegen kommt. Niemand spricht deine Sprache, also musst du dich daran gewöhnen, die Sprache der anderen zu sprechen.«
»Was hat es mit der Pumpe auf sich?«, fragte Flannary. »Eine neue Form von Fitnesswahn?«
Sie schnaubte frustriert und deutete auf eine automatische
Pumpe, die nutzlos auf der staubigen Erde ruhte. »Die da hat vor etwa einem Monat den Geist aufgegeben, aber ich habe es nicht hinbekommen, sie zu reparieren.«
Josh betrachtete den Schaden. »Sieht gar nicht so schlimm aus.«
»Bist du ein Experte für Wasserpumpen?«
»Nicht direkt, aber ich habe einen Abschluss in Maschinenbau.«
Sie verdrehte die Augen. »Ihr alle habt so beeindruckend klingende Abschlüsse, aber ich habe noch nie erlebt, dass auch nur einer von euch mit seiner teuren Ausbildung irgendetwas Sinnvolles zustande gebracht hätte.
Es lag etwas Spielerisches in ihrem Ton, doch Josh kam es dennoch so vor, als habe sie ihn auf seine halbe Größe zurechtgestutzt.
Flannary lachte. »Ich hab dir ja gesagt, dass sie ein ziemlich harter Brocken ist. Meiner Erfahrung nach sind alle Nonnen so.«
»Du bist eine Nonne?«, sagte Josh und ärgerte sich sofort über seine schockiert aufgerissenen Augen und die Enttäuschung in seiner Stimme.
»Genau genommen bin ich keine Nonne. Ich war zwei Jahre lang Novizin, aber ich habe nie ein Gelübde abgelegt.«
»Die Katholiken sind Abschaum«, erläuterte Flannary.
»Die Katholiken sind kein Abschaum, JB. Du hast nur -«
»Oh, ich bitte dich. Du bist aus diesem Kloster geflohen, als stünde dein Arsch in Flammen.«
»Ich gebe zu, dass sie in der Frage, wie man die Ausbreitung von AIDS in diesem Land eindämmen kann, ein wenig danebenliegen, und außerdem haben sie für meinen Geschmack zu viele Befehle erteilt. Und dann wäre da noch die Sache mit dem Sex …«
»Wie bitte?«, sagte Josh und bedauerte schon wieder, den Mund aufgemacht zu haben.
»Sex. Die Vorstellung, nie zu heiraten und nie Kinder zu haben.« Ihr Gesicht wurde nachdenklich. »Es kam mir so vor, als würde ich zu einem Zeitpunkt in meinem Leben Türen schließen, an dem ich eher welche öffnen sollte.« Ihr schönes Lächeln ging einem abrupten Themenwechsel voran.
»Komm mit, Josh. Als Ingenieur wird dir das gefallen. Meine Kirche hat eine Kollekte veranstaltet und mir ein brandneues, sehr gutes Schweißgerät geschickt.« Sie hielt einen Augenblick inne. »Gehst du in die Kirche?«
»Eigentlich nicht.«
»Warum nicht?«
»Wahrscheinlich weil ich diese ganze Sache mit Gott in meinem Kopf noch nicht richtig einordnen kann.«
»Das ist schon okay, weil Er -«
»An mich glaubt«, beendete Josh ihren Satz. »Ich weiß.«
»Eigentlich wollte ich sagen, dass Er dir das heimzahlen kann, indem Er dich bis in alle Ewigkeit in die Feuergruben der Hölle schickt.« Wieder blitzte dieses Kameralächeln auf. »Sei’s drum. Ich Idiotin habe um das Schweißgerät gebeten anstatt um eine neue Pumpe. Ich habe mir gesagt: ›Annika,
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