Blutige Fehde: Thriller (German Edition)
ganz dicht an sich heran. »So ein kleines Mädchen läuft nicht von seiner Mummy weg. Jetzt passen Sie mal auf.«
Sie holte Luft und wollte losschreien, aber er hielt ihr mit der verbundenen Hand den Mund zu.
»Ellen!«, rief der Nomade.
Marie versuchte, seine Hand wegzureißen. Er drückte sie ihr noch fester an die Lippen, auch als sie versuchte, ihm in den Finger zu beißen.
»Aufhören«, flüsterte er, den Mund tief in ihrem Haar vergraben. »Aufhören, oder ich breche Ihnen das Genick.« Er spähte wieder in die Dunkelheit hinaus. »Ellen!«
Er schob sich die Glock in den Hosenbund und holte dasTelefon hervor. Mit der freien Hand schaltete er es ein und hielt es vor die sich windende Mutter.
»Deine Mummy braucht dich, Ellen. Jetzt komm schon zurück. Du willst doch nicht ganz allein da draußen im Dunkeln bleiben. Im Dunkeln gibt es schlimme Kreaturen. Die kriegen dich. Kreaturen mit Zähnen. Und welche, die stechen.« Er schwieg und lauschte. »Nun komm schon, Schatz. Deine Mummy braucht dich.«
Dort draußen in der undurchdringlichen Finsternis bewegte sich ein Schatten. Er sah etwas glitzern. Dann kam Ellen aus dem Dunkel angelaufen, fiel hin, rappelte sich wieder hoch und warf sich in die Arme ihrer Mutter. Sie legte die Arme um Maries Hüften und drückte ihr Gesicht an den warmen Leib.
»Braves Mädchen«, sagte der Nomade.
77
Die Tür der Red Fox Bar an der Shankhill war verschlossen, aber im Innern brannte Licht. Lennon hämmerte mit der Faust dagegen, bis die Milchglasscheibe im Rahmen klirrte.
»Geschlossen«, kam eine heisere Stimme von drinnen. Eine Silhouette tauchte vor dem Glas auf. »Verschwinden Sie.«
Die Silhouette löste sich wieder auf.
Lennon trat gegen die Tür.
Die Silhouette kehrte zurück. »Ich sagte, Sie sollen verschwinden. Wir haben geschlossen. Entweder Sie hauen ab, oder ich komme raus und trete Ihnen in den Arsch.«
Lennon trat immer weiter gegen die Tür, bis die Scheibe sprang.
»Na schön, du Arschloch«, rief die Stimme.
Oben und unten wurden an der Tür Riegel zurückgeschoben, es hörte sich an wie zwei Gewehrschüsse. Die Tür öffnete sich nach innen, und ein vierschrötiger Mann mit rasiertem Schädel und tätowiertem Hals füllte den gesamten Eingang aus. Er trug eine schief sitzende Brille. Bevor er einen Schritt machen konnte, schlug Lennon ihm eine Faust in den Unterleib und brach ihm mit der anderen die Nase. Der Mann taumelte in die Bar und hielt sich beide Hände vors Gesicht, zwischen den Fingern spritzte Blut hervor. Die zersprungene, verbogene Brille fiel zu Boden. Der Mann stolperte über die eigenen Füße und krachte auf den Rücken.
Lennon betrat über ihn hinweg die Bar. Drei Männer saßen an einem Tisch, der übersät war mit Spielkarten, Geldscheinen, Flaschen und Gläsern. Zwei waren aufgesprungen und hatten kampfbereit die Fäuste geballt.
Lennon zog seine Glock und zielte damit auf Roscoe Pattersons Stirn; wie bei einem Einsatz hatte er die eine Hand stützend unter die andere gelegt. Roscoe stand am anderen Ende des Tisches und starrte Lennon mit ausdruckslosem Gesicht an. Die beiden anderen Männer zogen Pistolen, beides kleinkalibrige Spielzeuge von der Art, wie großkotzige Ganoven sie manchmal bei sich trugen, um den starken Mann zu markieren.
»Steckt die weg, Jungs«, sagte Roscoe. »Wir wollen doch hier keinen Scheiß bauen, stimmt’s, Jack?«
Die beiden Männer gehorchten.
»Sie sollen verschwinden.«
»Mensch, du hast Slant ja ordentlich eine verpasst«, sagte Roscoe. Er warf den Kopf zurück und lachte. »Hast ihm richtig die Fresse poliert.« Er grinste Lennon an. »Weißt du, warum wir ihn Slant nennen?«
»Ist mir egal, sieh einfach nur zu, dass die Kerle verschwinden.«
Roscoe fuhr unbeirrt fort. »Wir nennen ihn Slant, weil immer, wenn er besoffen ist, seine Brille schief sitzt, wie ein Schrägstrich. Urkomisch. Und so, wie du ihm gerade die Nase ramponiert hast, kriegt er sie aber jetzt überhaupt nicht mehr gerade auf.«
Lennon trat einen Schritt näher und zielte noch genauer. »Sag ihnen, sie sollen verschwinden. Sofort.«
Roscoes Grinsen wurde noch breiter, aber seine Augen verdunkelten sich. »Ihr habt den Burschen gehört«, sagte er zu seinen Kumpanen. »Zischt ab, und nehmt Slant mit.«
»Bist du dir sicher?«, fragte einer von Roscoes Leuten.
»Ich bin mir sicher«, antwortete Roscoe. »Jack ist ein schlauer Junge. Er macht bestimmt nichts Unüberlegtes. Hab ich recht, Jack?«
»Sie sollen
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