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Blutige Fehde: Thriller (German Edition)

Blutige Fehde: Thriller (German Edition)

Titel: Blutige Fehde: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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Stelle rühren. Verstanden?«
    Fegan nickte. Ronan zog die kleine Pistole aus der Jackentasche.
    Orla musterte den berühmten Gerry Fegan. Lang und dünn, aber stark, das Gesicht wie aus Feuerstein gemeißelt.
    »Sie sehen müde aus«, sagte sie.
    »Ja«, sagte Fegan.
    »Wie haben Sie uns gefunden?«
    »Ein Cop«, antwortete Fegan. »Er hat mir alles gesagt.«
    »Ein Cop?«, fragte Orla. »Welcher Cop?«
    »Ich weiß seinen Namen nicht mehr«, sagte Fegan. »Er hat ein großes Haus an der Lisburn Road.«
    »Dan Hewitt«, stellte Orla fest.
    »Kann sein.«
    »Wie sind Sie hergekommen?«
    »Gefahren«, sagte Fegan.
    »Wo ist Ihr Wagen?«
    »Den habe ich ein Stück vorher stehen lassen«, sagte Fegan und wies mit dem Daumen über seine Schulter. »Sie können ja Ihre Jungs zum Nachschauen schicken, wenn Sie wollen.«
    Orla musterte ihn und versuchte in der Gestalt dieses traurigen, hageren Mannes das wiederzufinden, was ihren Vater bis in seine Träume verfolgte. Dann traf sie sein Blick, und etwas Kaltes durchfuhr sie. Sie wandte die Augen ab.
    »Ich bin gleich wieder da«, sagte sie und verließ den Raum.

87
    Der Nomade träumte von Kindern mit abgerissenen Gliedmaßen, von Leichenbergen und von leeren Augen, die in den Himmel starrten. Er träumte von knisternden Scheiterhaufen und brennendem Fleisch. Er träumte von dem Jungen, der ihm mit einer Kalaschnikow in der einen und mit einer Zeitung in der anderen Hand entgegengekommen war, kaum älter als dreizehn oder vierzehn Jahre alt.
    Drei kurze Salven aus seiner MP5 mähten den Jungen nieder. In seinem Traum flatterte der Junge zu Boden wie ein Stück Tuch, die Kalaschnikow fiel auf die eine Seite, die Zeitung auf die andere. Dann aber erfasste ein Windstoß die Zeitung und wirbelte sie langsam herum, bis sie vor den Füßen des Nomaden landete. Sein eigenes Gesicht starrte ihm entgegen, und die Buchstaben der Schlagzeile wurden allmählich klarer. »Soldat« stand da und »getötet«. Dann wurde der Text unter dem Foto deutlicher, ein Name nahm langsam Gestalt an, bis …
    Wach auf.
    … die Buchstaben sich zu Wörtern zusammensetzten, Wörtern, die er verstehen konnte, wenn er wirklich wollte, zum ersten Mal, seit sie ihm den Kevlarsplitter herausgeholt hatten, wenn er nur den Willen aufbrachte, sich ihnen …
    Komm schon, wach auf.
    … zu stellen, doch er konnte sich ihnen nicht stellen, aber wegsehen konnte er auch nicht, sie brannten …
    »Verdammt, wach endlich auf, du fauler Zigeuner …«
    Noch bevor er wusste, dass er wach war, sprang er schon vom Bett auf und drückte mit seinen Fingern dem stämmigen Mann die Luftröhre zu. Der Mann krächzte, die Augen traten hervor. Sein Kopf wurde erst rot, dann purpurrot.
    »Wie hast du mich gerade genannt?«, fragte der Nomade und blinzelte sich dabei den Schlaf aus den Augen.
    O’Driscoll packte sein Handgelenk und versuchte, die Umklammerung zu lösen.
    »Wie hast du mich genannt, du fettes Schwein?«
    O’Driscoll röchelte, sein Mund ging auf und zu. Er versuchte, seine Finger in denen des Nomaden zu vergraben, doch so stark sie auch waren, sie fanden keinen Halt. Der Nomade schüttelte den letzten Schlaf ab und nahm mit einem Mal den Raum wahr, in dem er sich befand: das Krankenhausbett, auf dem er, wie ihm schien, eine Ewigkeit gelegen hatte, die sauberen funktionalen Möbel, der geflieste Boden. Er ließ O’Driscolls Hals los.
    »Atmen«, sagte der Nomade. »Langsam und tief durchatmen. Komm schon, atme.«
    O’Driscoll sog gierig Sauerstoff ein und stieß ihn hustend wieder aus. Er rollte sich stöhnend auf die Seite und spuckte auf die Fliesen.
    »Du dreckiger Mistkerl«, sagte der Nomade.
    Allmählich wurde O’Driscolls Gesichtsfarbe wieder normal, und sein Atem ging regelmäßiger. »Warum hast du das gemacht?«, fragte er keuchend.
    »Ich mag es nicht, wenn sich jemand an mich heranschleicht.«
    »Ich wollte dich doch nur aufwecken.« O’Driscoll drückte sich mühsam in eine sitzende Haltung hoch. »Die haben mirgesagt, ich soll zu dir gehen und dir sagen, dass dieser Fegan da ist.«
    Das Herz des Nomaden flimmerte, vielleicht vor Freude oder vor Angst oder vor beidem. »Er ist hier?«
    »Unten«, sagte O’Driscoll. »Bull will, dass du neben ihm sitzt, wenn man ihn hochbringt.«
    Der Nomade riss O’Driscoll an den Jackenaufschlägen hoch. »Herrgott, warum hast du das denn nicht gleich gesagt?«
    O’Driscoll glotzte ihn nur mit flackerndem Blick und offenem Mund an. Der Nomade ließ seine

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