Blutige Fehde: Thriller (German Edition)
genau es war, aber eine Fehde war es jedenfalls nicht. Die drei Dissidenten zum Beispiel, die sich selbst in die Luft gesprengt haben, hatten mit der Sache gar nichts zu tun. Soweit ich gehört habe, aber das haben Sie nicht von mir, war es nur ein einzelner Mann. Irgendein Typ, der vollkommen übergeschnappt ist und McKenna, McGinty und die ganze Bande fertiggemacht hat.«
»Blödsinn«, sagte Lennon. »Es hat schließlich eine Ermittlung gegeben.«
Rankin lachte. »Seit wann beweist denn eine Ermittlung irgendetwas? Nun, vielleicht stimmt es, vielleicht auch nicht. Aber das ist noch nicht alles.«
Lennon seufzte. »Herrgott, jetzt reden Sie schon.«
»Ich habe gehört, dass die Frau auch in die Sache verwickelt war, zusammen mit der kleinen Tochter. Ihrer kleinen Tochter. Liebe Güte, jetzt erzählen Sie mir bloß nicht, dass Sie das nicht schon alles gewusst haben. Die Jungs von der Special Branch scheinen euch ja wirklich nichts zu erzählen.«
Lennons Herz raste wie wild. »Ist das alles?«
»Mehr habe ich nicht gehört«, antwortete Rankin.
Lennon ging rückwärts zur Tür und stolperte beinahe über einen Stuhl.
»Sie könnten ruhig mal danke sagen«, rief Rankin ihm hinterher, als er aus dem Zimmer floh.
11
»Thomas McDonnell«, rief der Arzt. Mit trübsinnigem Gesicht stand er in der Tür des Wartezimmers.
»Das bin ich«, sagte der Nomade.
Der Arzt nickte und ging. Der Nomade folgte ihm. Er hatte sich früher schon einmal an das städtische Krankenhaus von Armagh gewandt und damals den Namen Thomas McDonnell benutzt. Irgendwo in deren System existierte einer mit diesem falschen Namen, und hier oben war die medizinische Versorgung kostenlos, deshalb machte sich der Nomade keine großen Gedanken.
Höchstens darüber, dass die Ärzte in der Notfallambulanz so unglaublich beschissen waren. Einmal hatte er sich die Hand gebrochen und war hier in der Ambulanz behandelt worden. Boxerfraktur hatten sie es genannt. Er hatte Stein und Bein geschworen, dass er sich den Bruch nicht geholt hatte, weil er irgendeinem armen Würstchen die Fresse poliert hatte, aber sie hatten ihm nicht geglaubt. Allen, die ihn an jenem Abend behandelt hatten, war die Verachtung ins Gesicht geschrieben. Außer einer Hilfsschwester. Und so war der Abend letzten Endes dann doch kein Totalausfall gewesen.
Dieser Arzt war auch nicht freundlicher als die anderen, als er das Auge des Nomaden untersuchte. Es hatte die ganze Nacht über getränt und ihm, als er sich auf die Rückbank des Mercedesgelegt hatte, den Schlaf geraubt. Und als er am Morgen nach Norden gefahren war, hatte er unentwegt blinzeln müssen.
»Was ist denn da passiert?«, fragte der Arzt.
»Ich habe was ins Auge gekriegt«, sagte der Nomade. »Tut höllisch weh.«
Der Arzt war gereizt. Der Nomade bemerkte an seinem Revers eine Anstecknadel in Form eines Fisches. Meine Güte, der war auch noch so ein Frömmler.
»Wie ist es da reingekommen?«, fragte der Arzt.
»Weiß ich nicht«, sagte der Nomade.
Der Arzt seufzte. »Kopf zurück.«
Bevor der Nomade wusste, wie ihm geschah, hatte ihm der Arzt aus einer kleinen Tube irgendetwas Orangefarbenes ins Auge gespritzt.
»Teufel noch mal«, fluchte der Nomade und zwinkerte.
Der Arzt seufzte erneut. »Das dient nur dazu, damit ich mehr erkenne. Lassen Sie mich mal sehen.«
Er schob das Augenlid des Nomaden hoch und leuchtete mit einer Lampe hinein. »Hmm«, machte er. Sein Pfefferminzatem übertünchte etwas Saures.
»Was ist?«, fragte der Nomade.
»Unter dem Augenlid befindet sich ein Fremdkörper. Sieht aus wie ein Stückchen Holz, und außerdem haben Sie eine geringfügige Hornhautabschürfung. Die Schwester wird das Auge zum Tränen bringen, um den Gegenstand zu entfernen, und anschließend eine antibakterielle Salbe aufbringen.«
»Die Schwester?«, fragte der Nomade.
»Mm-hmm«, bestätigte der Arzt.
»Nein, Sie machen das!«
Der Arzt ließ das Lid des Nomaden los. »Nicht nötig«, sagte er. »Es ist ganz einfach. Sie gießt Ihnen nur ein wenig Salzlösung ins Auge, um den Fremdkörper herauszuspülen, und bringt eineantibakterielle Salbe auf, damit die Entzündung zurückgeht. Die Abschürfung wird in einigen Tagen abheilen.«
»Sie machen das!«, wiederholte der Nomade. Er verzog das Gesicht, als das, was der Arzt ihm ins Auge gespritzt hatte, irgendwie den Weg in seine Kehle fand.
»Wirklich, das ist nicht nötig. Ich sehe es mir nur …«
»Sie sind der Arzt, also machen Sie es auch,
Weitere Kostenlose Bücher