Blutige Fehde: Thriller (German Edition)
Augen funkelten, und er grinste. Offenkundig genoss er die Macht, die er über Lennon besaß.
»Jemand hat letzte Woche Maries Post abgeholt«, sagte Lennon. »Die müssen also einen Schlüssel haben.«
»Damit habe ich nichts zu tun«, sagte Nesbitt. »Ich habe keinen Fuß mehr in die Wohnung gesetzt, seit sie vernagelt worden ist.«
»Wer hat den Schlüssel?«
» Die haben ihn«, sagte Nesbitt. Er biss sich auf die Fingerknöchel, um ein Kichern zu unterdrücken.
»Und wer sind die ?«
»Das darf ich nicht …«
»Ja, ich weiß schon.« Lennon stand auf. Es hatte keinen Zweck, Druck auf den Vermieter auszuüben. Er zog eine Visitenkarte aus seiner Jackentasche. »Aber tun Sie mir bitte einen Gefallen. Wenn noch jemand vorbeikommt und Fragen stellt, jemand, der nicht zu … Sie wissen schon … denen gehört, dann rufen Sie mich an, okay?«
Nesbitt nahm die Karte mit einem verächtlichen Schnauben entgegen, hielt sie auf Armeslänge von sich weg und studierte sie. »Mal sehen«, sagte er.
»Bitte«, sagte Lennon. »Wenn jemand, dem Sie nicht recht trauen, vorbeikommt, lassen Sie es mich bitte wissen.«
»Egal, wer?« Nesbitt legte die Karte auf die Sessellehne und starrte Lennon an. »Auch Leute wie Sie?«
»Ich finde allein hinaus«, antwortete Lennon.
Als er gerade in den Wagen stieg , klingelte sein Telefon. »Ja?«, meldete er sich.
Es war Gordon. »Die Blutgruppe auf der Stricknadel stimmt mit der des Jungen überein, und er hat einen kleinen Einstich an der Hüfte. Natürlich sind seine Fingerabdrücke auf dem Messer. Bis wir eine eindeutige DNA-Analyse aus Birmingham bekommen, wird es zwar noch ein paar Tage dauern, aber das sieht doch alles schon ziemlich klar aus. Mrs. Quigley hat ihn mit der Nadel gestochen, er ist in den Hinterhof geflohen und auf der nassen Erde ausgerutscht, und das war es.«
»Was ist mit dem anderen Jungen?«, fragte Lennon.
»Den haben wir noch nicht ausfindig gemacht«, antwortete Gordon. »Die Anwohner kooperieren größtenteils … weil die Paramilitärs es ihnen befohlen haben. Trotzdem keine Spur. Aber keine Sorge, früher oder später finden wir ihn.«
Lennon schwang sich auf den Fahrersitz. »Ich weiß nicht«, sagte er.
»Was wissen Sie nicht?«
»Sieht das nicht alles ein bisschen … na ja … zu einfach aus?«
»Sie sind doch eigentlich ein ganz erfahrener Ermittler, Detective Inspector Lennon«, sagte Gordon. »Das hier war ein plumper, dummer, hektischer Mord. Plumpe, dumme, hektische Mörder verwischen ihre Spuren nicht. Die werden fast immer innerhalb von 24 Stunden gefasst. Zugegeben, dass es der Mörder fertiggebracht hat, sich selbst das Genick zu brechen, war ein Glücksfall. Trotzdem, auch wenn wir noch die Berichte unserer naturwissenschaftlich beschlageneren Kollegen abwarten müssen, halte ich diesen Fall für abgeschlossen.«
»Sie haben mir doch gesagt, dafür sei es noch zu früh«, bemerkte Lennon.
»Das war heute Morgen«, sagte Gordon. »Jetzt ist jetzt. Wie ich Ihnen schon sagte, jagen Sie nicht irgendwelchen Hirngespinsten nach, die gar nicht da sind. Nehmen Sie sich den Rest des Tages frei. Sie haben am Tatort gute Arbeit geleistet. Das werde ich nicht vergessen.«
»Danke«, sagte Lennon.
Er beendete das Gespräch und schob das Telefon wieder in seine Jackentasche. Nesbitt beobachtete ihn vom Wohnzimmerfenster aus. Auch der Alte hatte ein Telefon am Ohr. Lennon fragte sich, mit wem er wohl sprach.
24
Orla O’Kane stand allein in ihrem Zimmer im Dienstbotentrakt des alten Hauses. Aus dem kleinen Fenster blickte man auf die lange, geschwungene Einfahrt hinab. Sie streifte die Spitze ihrer Zigarette im Aschenbecher ab. Mit der freien Hand wählte sie die Nummer des Mobiltelefons, das sie dem Nomaden gegeben hatte.
»Wie geht’s, Schätzchen?«, meldete er sich.
Sie schloss die Augen und nahm einen tiefen Zug aus ihrer Zigarette.
»Fegan ist in New York«, sagte sie. »Wir haben einen Tipp von einem Freund im NYPD bekommen. Irgendein Blödmann namens Murphy ist in einem Krankenhaus aufgetaucht und hat erzählt, ein Ire und ein Farbiger hätten ihn fertiggemacht. Er hat auch erwähnt, dass der Ire den Farbigen davon abgehalten hat, ihn zu töten. Und der Name des irischen Typen sei Gerry Fegan.«
»Wollen Sie etwa, dass ich nach New York fliege?«, fragte der Nomade.
»Nein. Sie halten sich an den Plan. Setzen Sie die Frau und das Mädchen ein. Wir haben gehört, dass die zwei bald auftauchen. Sorgen Sie dafür, dass er zu
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