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Blutige Küsse und schwarze Rosen

Blutige Küsse und schwarze Rosen

Titel: Blutige Küsse und schwarze Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irina Meerling
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prallte. Seine geweiteten Augen richteten sich erneut auf Nico, der langsam die Hände sinken ließ und kaum merklich nickte – was Elias’ stumme Frage beantwortete.
    „Unser Kreislauf geht nicht ausschließlich zu Lebzeiten schneller“, erklärte er mit schwacher Stimme, sah Elias nicht an. „Wenn wir sterben, wird der Alterungsprozess nicht mehr aufgehalten. Wir besitzen keine Selbstheilungskräfte mehr, alles kollabiert und am Ende bleibt nur übrig, was du hier siehst.“
    Elias konnte erkennen, wie sehr Nico versuchte, seine für die Öffentlichkeit bestimmte Maske aufzusetzen. Er wollte gefasst wirken. Kalt. Doch nicht zuletzt seine zitternden Hände verrieten ihn.
    „Nico …“, setzte Elias wispernd an und hob den Arm, um seinem Freund Trost zu spenden, zumindest seine Schulter zu streicheln. Nach wenigen Sekunden in der Luft ließ er ihn allerdings zurück in seinen Schoß sinken. In einer Situation wie dieser schien es lächerlich, dennoch wagte Elias keine Berührung. Er hatte keine Ahnung, wie es nach dem vergangenen Abend zwischen ihnen stand. Ob Nico seine Nähe jetzt wünschte.
    Und so legte sich eine bedrückende Stille über den Friedhof, in der Nico mit leerem Blick geradeaus starrte, während Elias ihn schmerzerfüllt musterte. Selbst wenn die magische Verbundenheit nur einseitig war und er Nicos Inneres somit nicht betreten konnte, war der Schmerz in ihm der gleiche.
    „Du hättest nichts anderes tun können“, versuchte er von Neuem. „Du hattest gar keine Wahl.“ Elias suchte verzweifelt nach besänftigenden Worten. Nichts aber schien auch nur im Entferntesten dem Moment gerecht.
    „Sie hätten dich beinahe umgebracht“, flüsterte Nico kraftlos und sah sich um, als sei er aus einer Trance erwacht und erkenne erstmals den Schauplatz, der ihn umgab. „Weil ich dir nicht von Anfang an geglaubt habe. Es wäre nie so weit gekommen, wenn ich deine Sorgen ernst genommen hätte. Es ist alles meine Schuld. Ich …“ Seine Stimme brach. „Ich habe sie ermordet!“ Keuchend rang er nach Atem. „Ich bin ein …“
    „Nicht! Sag das nicht! Die zwei hätten keine Sekunde gezögert, uns umzubringen – geschweige denn, es im Nachhinein bedauert! Was du getan hast …“
    „Das macht nicht den geringsten Unterschied!“ Nico erhob sich. Er wirkte völlig entkräftet. Unter seinen Schritten warf die trockene Erde kleine Staubwolken in die Luft, als er an einen hohen Grabstein trat und sich mit den Unterarmen darauf abstützte, als drohte er in Ohnmacht zu fallen.
    Von einer undefinierbaren Panik erfasst, wartete Elias auf eine Erklärung. Doch als Nico zu sprechen begann, waren seine Worte mehr an sich selbst gerichtet.
    „Ein solcher Mord hat Konsequenzen. Wenn ein Vampir seine Gaben zum Morden gebraucht …“ Nico stockte, schaute ruckartig in Richtung Horizont. Seine Augen weiteten sich und sein gesamter Körper bebte.
    „Nico, was …?“ Elias sprach nicht weiter, sondern folgte dem Blick.
    Jenseits der Friedhofsmauer, hinter dem weitläufigen Feld, hatte sich der Himmel goldorange gefärbt. Erste Sonnenstrahlen breiteten sich über ihm aus und tauchten den Horizont in warmes Licht, krochen die Wiesenfläche entlang und die Mauern der Ruhestätte empor.
    „Wo sind sie?“ Noch immer sprach Nico zu sich selbst. Er stolperte zwischen den Gräbern umher und stieß dabei unzählige Teelichter aus seinem Weg.
    „Wer?“, wollte Elias verwirrt wissen. Seine Kraft reichte noch nicht aus, um sich zu erheben. „Sie sind weg. Das hast du eben selbst gesagt.“
    Nico schien ihm gar nicht zuzuhören. Die Füße trugen ihn geradewegs auf die mit Asche bedeckte Erde zu. Sein weißblondes Haar glänzte in den zarten Strahlen der Sonne, als er den Boden nach etwas absuchte.
    „Genau hier war es“, murmelte er und blieb plötzlich stehen.
    Elias konnte das Gesicht seines Freundes nicht sehen. Nur die Anspannung des Rückens verriet ihm, dass er gefunden haben musste, wonach er gesucht hatte. Vorsichtig spähte er von hinten an Nico vorbei, erkannte zunächst nichts weiter als die verstreute Asche. Dann jedoch bemerkte er, wie sich etwas unter diesem grauen Schleier bewegte.
    „Oh mein …“ Mit vor den Mund geschlagener Hand starrte Elias auf die zwei nebeneinanderliegenden, pulsierenden Herzen. Nicht ein einziger Tropfen Blut benetzte die Organe.
    Wieder schaute Elias in Richtung Sonne. Und jetzt begriff er. Es war eine von Nicos beiläufigen Aussagen am Tage nach Elias’ Verwandlung, die

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