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Blutige Rache

Titel: Blutige Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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seiner Unterlippe, schüttelte den Kopf. »Das muss ich ebenfalls überprüfen. Ich versteh mich ganz gut mit seiner Tochter. Vielleicht kann ich über sie was rauskriegen.«
     
    Im Motel legte Virgil sich aufs Bett und rief bei der Auskunft an, um die Vorwahl für Hongkong zu erfragen.
    Dann wählte er die Nummer des amerikanischen Konsulats. Dort erklärte man ihm, dass der Mann, der ihm möglicherweise weiterhelfen könne, gerade Mittagspause mache, aber in einer Stunde wieder da sein werde.
    Eineinhalb Stunden später, um halb eins Minnesota-Zeit, sprach Virgil mit Howard Hawn, der sich über seinen Anruf zu freuen schien, weil er, wie er Virgil gestand, einen großen Teil seiner Zeit darauf verwende, amerikanische Touristen aus der Ausnüchterungszelle zu holen. Er versprach ihm, Kontakte zu aktivieren, die möglicherweise mehr über Utechts Tod wussten.
    »Das dauert allerdings bis zum späten Nachmittag - um diese Tageszeit erreicht man die Leute nicht so leicht. Da machen viele Pause.«
    »Sprechen Sie mir Namen und Nummer einfach auf Band«, sagte Virgil.
    »Ist es kalt in Minneapolis?«, fragte Hawn.
    »Nein, um die dreißig Grad. Gestern, oben im Norden, war’s in der Nacht ziemlich frisch, etwa fünfzehn Grad.«
    »Bei den Temperaturen kann man gut schlafen. Hier hat’s ein bisschen weniger als dreißig Grad.«
    Als Virgil den Wecker auf sieben Uhr morgens stellte, musste
er an Mead Sinclair denken, der so viel Zeit in Vietnam verbracht hatte. Er war kurz nach Chester Utechts Tod in Hongkong in St. Paul aufgetaucht - angeblich, weil er sich eine Auszeit von der University of Wisconsin, einer der großen Unis im Land, genommen hatte, um Teilzeit für die Metro State zu arbeiten. Merkwürdig …
    Seine Gedanken drehten sich im Kreis. Um ruhiger zu werden, begann er, sich mit Gott zu beschäftigen. Nach einer Weile schlief er ein und träumte von der Anglerin mit den muskulösen gebräunten Armen und den Goldtupfen in den Augen.
     
    Bevor Virgil sich für ein T-Shirt - Interpol oder Death Cab for Cutie - entschied, überprüfte er das Handy auf eingegangene Nachrichten. Nichts. Vielleicht hatte Hawn keine Informanten aufgetrieben, vielleicht interessierten die Chinesen sich nicht für das Problem, vielleicht ging seine Anfrage nun so lange den bürokratischen Weg, bis Virgil in Rente war. Er würde später am Tag nachhaken.
    Er zog das Death-Cab-for-Cutie-T-Shirt an, eine Raubkopie, die vor Auftritten schwarz auf der Straße verkauft wurde, blickte in den Spiegel, fuhr sich mit der Hand durch die Haare und machte sich auf den Weg.
    Früh und kühl. Jenkins und Shrake würden ihm bei der Observierung von Warren helfen, doch die waren nicht vor zehn im Büro zu erwarten. Del Capslock hatte vorgeschlagen, als Erstes mit Richard Homewood, einem Immobilienberater, zu sprechen, der sich Dels Aussage nach schon ab sechs Uhr morgens im Büro aufhielt.
    Homewoods Büro befand sich in einem Gebäudekomplex an der Westseite von St. Paul, nicht allzu weit vom Lafayette Freeway entfernt. Virgil rief ihn an und erwähnte Dels und Warrens Namen. Homewood lud ihn zu sich ein und bat
ihn, ihm aus dem Caribou Coffee einen großen Espresso mitzubringen.
    Virgil fand das Büro nur anhand der Hausnummer - davor befand sich kein Namensschild. Er klingelte, und Homewood, ein klein gewachsener, rundlicher Mann mit langen Haaren, Bart und Brille, öffnete die Tür, nahm den Kaffee, nippte daran, sagte: »Perfekt«, und bat ihn herein. Das Büro wirkte wie eine Papierhöhle. In den deckenhohen Regalen, die alle Wände bis auf zwei Fenster und den gasbeheizten Kamin bedeckten, stapelten sich gebundene Computerausdrucke. In der Mitte des großen Raums standen drei Metallschreibtische, jeder davon mit Computer, Drucker und Drehstuhl ausgestattet, obwohl nichts darauf hindeutete, dass hier außer Homewood noch jemand arbeitete.
    Homewood nahm einen weiteren Schluck Kaffee und bot Virgil einen der Stühle an. »Wie geht’s Del?«, erkundigte er sich, schien jedoch nicht allzu interessiert, als Virgil ihm erzählte, dass Dels Frau schwanger sei. Wenig später fragte er: »Sind Sie wirklich hinter Ralph Warren her?«
    »Ja, aber nicht wegen Korruption.«
    »Weswegen dann?«
    »Vor vielen Jahren war eine Gruppe von damals noch jungen Männern in Vietnam, und die werden jetzt einer nach dem andern ermordet und an Veteranendenkmälern abgelegt. Mehr darf ich Ihnen nicht verraten.«
    »Die Zitronenmorde.«
    Virgil runzelte die Stirn.

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