Blutige Rosen
nicht, obwohl die Themse nicht weit entfernt lag. Suko schaute starr nach vorn. Er suchte den Turm, denn trotz der Dunkelheit würde er sicherlich bald zu sehen sein. Man hatte uns erzählt, dass er ziemlich hoch war. So etwas musste auch im Finstern zu erkennen sein.
Dann hielt ich und schaltete das Licht völlig aus. Gleichzeitig meldete sich auch der Chinese. »Ich glaube, da ist er!«
Ich schaute wie Suko nach vorn und vermeinte ebenfalls, einen in die Höhe führenden, noch dunkleren Schatten zu sehen.
»Na denn«, sagte ich und öffnete den Wagenschlag. Suko war schon ausgestiegen. Im Wagen hatte uns die Wärme der Heizung umgeben. Jetzt spürten wir die Kälte und vor allen Dingen den Wind, der vom Fluss her wehte.
Mit Waffen waren wir gut versorgt. Nur auf das Schwert verzichtete ich. Dafür hatte ich meinen Bumerang mitgenommen. Er war sehr wirkungsvoll, und Dämonen hatten ihm nichts entgegenzusetzen, wenn er einmal voll traf.
Von den Weißen Engeln sahen wir nichts. Dazu war es zu dunkel. Die Finsternis glich einem Mantel, der alles gnädig verdeckt hielt. Suko schaute sich um. »Eine Nacht wie für Dämonen geschaffen«, bemerkte er. »Ziemlich düster, kein Mond am Himmel, keine Sterne, nur Wolken. Da fühlen sie sich wohl.«
»Nicht mehr lange«, erwiderte ich und ging los.
Suko folgte mir. Beide waren wir gespannt, was uns in diesem geheimnisvollen Turm erwarten würde…
***
Dahlia Serrano zog fröstelnd die Schultern hoch. Sie presste sich eng an ihren Freund und flüsterte: »Ich fürchte mich hier.«
Harry Goring hatte die Worte gehört und lachte. »Das ist nicht nötig, Mädchen, hier tut dir keiner etwas.«
Dahlias Augen wurden groß. »Trotzdem habe ich Angst, das kannst du mir glauben.«
»Vor wem denn Angst?«
»Diese Gegend und der Turm. Alles ist mir nicht geheuer. Was wollen wir überhaupt hier?«
Harry Goring drehte sich um und schaute seine Freunde an. Mit ihm waren es fünf. Drei junge Männer und noch ein Mädchen. Goring hatte den Vorschlag gemacht, dem alten Turm einen Besuch abzustatten. Er hatte dabei sehr geheimnisvoll getan, und es war ihm tatsächlich gelungen, die anderen zu überzeugen. Vor allen Dingen konnte er sie dorthin bringen, nichts dem Anführer Jack Adrian zu sagen.
»Das hier soll eine Überraschung für Jack werden«, erklärte er.
»Und wie?« fragte Dennis, an den sich Dahlia Serrano klammerte.
»Ein Ausweichquartier.«
»Verstehen wir nicht«, sagten Sharky und Hank zur gleichen Zeit. Sie waren Zwillinge und taten fast alles gemeinsam. Ihr blondes Haar war so kurz geschnitten, dass es wie eine Bürste auf dem Kopf wuchs.
»Ihr wisst, dass mein Vater die Gärtnerei besitzt. Dazu gehört auch ein großes Gelände. Mit der Südseite, so glaube ich, grenzt das Gelände ziemlich dicht an den Turm. Der gehört keinem, steht schon seit langer Zeit leer, und ich dachte mir, dass wir ihn uns als eine Art Landquartier einrichten.« Harry hob die Schultern. »Aber wenn ihr nicht wollt, lassen wir es eben bleiben.«
»Davon hat niemand etwas gesagt«, mischte sich Dennis sofort ein. Er war der kleinste von ihnen und auch der Pedant, weil bei ihm alles seine Ordnung haben musste. »Allerdings kannst du nicht leugnen, dass die Frage berechtigt war.«
»Das gebe ich zu. Es ist auch noch nichts entschieden. Ihr sollt euch den Turm nur einmal ansehen, dann stimmen wir ab, und wenn sich die Mehrheit dafür entscheidet, werden wir es auch schaffen, Jack Adrian davon zu überzeugen.«
»Na ja, ansehen kostet nichts«, meinte Dennis und schaute die Zwillinge an. »Oder was meint ihr?«
Die Jungen hoben die Schultern. Ihre Helme hatten sie abgesetzt. Ansonsten trugen sie noch die Kleidung, die sie auch auf den Maschinen angehabt hatten.
Harry Goring nickte zufrieden. Er war ein schlaksiger Typ und nach Jack der beste Karate-Kämpfer, was die anderen neidlos zugestanden. In der kurzen Zeit, in der er zur Gruppe gehörte, hatte er so etwas wie eine Führungsposition in der Clique übernommen. Er war gewissermaßen zum zweiten Mann hochgestiegen.
»Sollen wir?« fragte er dann.
Die Jungen waren einverstanden. Nur das Mädchen nicht. Dahlia Serrano, die Dunkelhäutige mit dem Kraushaar, wand sich. »Ich weiß nicht«, flüsterte sie Dennis zu, »irgendwie ist mir die ganze Sache nicht so recht geheuer.«
»Wieso?«
»Na ja, ich habe da ein Gefühl.«
»Ach, das kannst du vergessen.«
»Warum hat er denn so geheimnisvoll getan? Weshalb durften wir nichts
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